Allgemeine Informationen zu verflüssigtem Erdgas und zu LNG-Terminals finden sich hier.
Arbeiten für das Ostsee-LNG-Terminals vor Rügen sollen bereits begonnen haben
19. März 2023: Der Streit um neue Flüssigerdgas-Terminals verschärft sich. Trotz des Vetos von Ministerpräsidentin Schwesig haben nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe offenbar erste Vorarbeiten für weitere LNG-Terminals östlich von Rügen begonnen, so berichtete der SPIEGEL. Schiffsbewegungen im betreffenden Seegebiet ließen darauf schließen, dass ein Spülbagger die Arbeit aufgenommen hat und auch Probebohrungen niedergebracht werden. „Das Muster wiederholt sich. So wurde auch beim Bau des Nordsee-Terminals vor Wilhelmshaven vorgegangen“, sagte am 18.3.2023 Constantin Zerger, Bereichsleiter für Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe.
Im Tagesverlauf seien die Schiffsbewegungen des Schwimmbaggers »Swarog« der Bauplattform JB119 vor der Südostspitze Rügens registriert und auch bildlich festgehalten worden. Die Umwelthilfe habe vorsorglich Widerspruch beim Bergamt Stralsund eingelegt, bis zum Abend aber keine Antwort erhalten. Zerger verwies darauf, dass “etwaige Baggerarbeiten zum jetzigen Zeitpunkt in die Laichzeit des Herings sowie in die Zeit des Vogelzugs“ fielen. Aus naturschutzfachlicher und rechtlicher Sicht sei somit die Zulassung eines vorzeitigen Baubeginns oder auch nur vorbereitender Arbeiten auszuschließen.
Dem pflichtete Landesumweltminister Backhaus bei. Das Genehmigungsverfahren laufe. Erst am 16.3.2023 sei die Frist für Einwendungen gegen das Projekt abgelaufen, sagte Backhaus. Vorzeitige Maßnahmen seien ihm nicht bekannt und auch nicht angezeigt. Wie Schwesig äußerte auch Backhaus Bedenken gegen den geplanten Standort für zwei weitere Flüssiggasterminals, die der Energiekonzern RWE im Auftrag des Bundes nur wenige Kilometer vor den Badeorten Binz und Sellin errichten will. Auch Kommunalpolitiker und Tourismusverbände sind strikt dagegen.
Ein Sprecher des Energiekonzerns RWE teilte am 19.3.2023 mit, es handele sich „lediglich um Erkundungsarbeiten“. Diese seien vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee genehmigt worden.
Erst am 17.3.2023 hatte Ministerpräsidentin Schwesig ihre Kritik an den bisherigen Plänen des Bundes für zwei Flüssigerdgas-Terminals vor Rügen untermauert und Alternativen gefordert. Doch müsse der Bund zunächst die Frage beantworten, ob zusätzliche Terminals vor Rügen überhaupt noch erforderlich seien.
Der geplante Ausbau deutscher Importkapazitäten für verflüssigtes Erdgas (LNG) ist nach Einschätzung des New Climate Institute zu groß geraten und droht das Erreichen der Klimaziele zu gefährden.
Die Umweltverbände Bund, Nabu und WWF warnten vor dem Bau der Terminals vor Rügen, einer damit verbundenen weiteren Gaspipeline durch den Greifswalder Bodden sowie Seetrassen durch die Ostsee. Sowohl der Bau als auch der langjährige Betrieb bedrohten empfindliche und geschützte Lebensräume.
Mitte Februar hatte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Meyer die Pläne vorgestellt: Etwa 4,5 bis 6,5 Kilometer vor Sellin im Südosten Rügens sollten demnach zwei Plattformen gebaut werden, an denen schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (FSRU) festmachen können. Dort sollen LNG-Tanker anlegen und ihre Ladung an die etwa 250 Meter langen Terminals abgeben. Über eine etwa 38 Kilometer lange Anbindungsleitung soll das Gas dann nach Lubmin transportiert werden. Dafür sollen überschüssige Röhren der Nord-Stream-2-Leitung verbaut werden. Lubmin als früherer Anlandepunkt für russisches Erdgas aus der Ostseepipeline Nord Stream 1 ist bereits an das europäische Verteilnetz angebunden. Die Deutsche Regas bereits dort seit Mitte Januar ein LNG-Terminal.
Schwesig lehnt Pläne für LNG-Terminal des Bundes vor Rügen ab
16. März 2023: Die Pläne des Bundes für ein LNG-Terminal fünf Kilometer vor Rügen stoßen auch in der Landespolitik Mecklenburg-Vorpommerns auf breite Ablehnung. Ministerpräsidentin Schwesig kritisierte das Vorhaben. Auch fast alle Landtagsfraktionen fordern alternative Standorte.
„Das Vorhaben passt nicht zum Land, zum Tourismus, zur Natur und zu den Menschen“, sagte Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) am Dienstag nach einer Kabinettsklausur in Anklam (Kreis Vorpommern-Greifswald). Sie forderte die Prüfung von Alternativen.
Schwesig betonte, Mecklenburg-Vorpommern stehe bereit, einen Beitrag für eine verlässliche Energieversorgung zu leisten. Die technischen Lösungen müssten aber zum Land passen. Sie verwies auf das bereits in Lubmin in Betrieb gegangene LNG-Terminal. Über den Hafen Rostock komme zudem Öl für die Raffinerie in Schwedt (Brandenburg). Das große Interesse für LNG-Terminals in der Region ergibt sich laut Schwesig aufgrund der landseitigen Anbindungsinfrastruktur der Nord-Stream-Pipelines. Sie seien interessant, um große Teile Deutschlands und Europas mit Gas zu versorgen.
Vier der sechs Landtags-Fraktionen – neben den Regierungsfraktionen SPD und Linke auch die Oppositionsfraktionen Grüne und FDP – wollen einen gemeinsamen Antrag zur nächsten regulären Landtagssitzung in der kommenden Woche vorlegen. Darin fordern sie den Bund auf, alternative Standorte zu prüfen. Darauf solle die Landesregierung in Berlin „mit Nachdruck“ hinwirken. Die Sorgen der Menschen vor Ort müssten ernst genommen werden. Die CDU will einen eigenen Antrag vorlegen, in dem sie fordert, das Genehmigungsverfahren auszusetzen. „Die Pläne für LNG-Terminals vor der Küste Rügens müssen ad acta gelegt werden“, sagte der Fraktionschef Liskow.
Am 13.3.2023 waren Wirtschaftsminister Meyer (SPD) und Umweltminister Backhaus (SPD) zu Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium. Am Wochenende hatten rund 3.500 Menschen beim „Widerklang“-Festival auf Rügen gegen die Pläne protestiert. Auch zuvor schon hatte es Protestaktionen gegeben.
In der Bundeshauptstadt ist die am 14.3.23 verkündete Kehrtwende von Ministerpräsidentin Schwesig hinsichtlich der LNG-Terminalpläne vor Rügen mit Überraschung aufgenommen worden, meldete der NDR. Man sei bei den LNG-Planungen in einem ständigen Austausch mit der Landesregierung, sagte eine Sprecherin der Bundesregierung am 15.3.23. Mit dem FSRU-Terminal sollte die Energieversorgung Ostdeutschlands gesichert werden. Dabei sei der Standort vor der Südostküste Rügens von Beginn an klar gewesen und von der Landesregierung in Schwerin auch akzeptiert worden.
Das Bundeswirtschaftsministerium stellte klar, dass über die LNG-Standorte jeweils in enger Abstimmung mit den Landesregierungen entschieden worden sei – und zwar schon im vergangenen Sommer. Kurz danach war Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin noch mit Bundeswirtschaftsminister Habeck in Lubmin, um vor Ort über die künftige Gasversorgung zu sprechen. Seinerzeit hatte Schwesig noch klar Unterstützung signalisiert. Es habe da immer einen kontinuierlichen Austausch mit dem Land gegeben, so das Ministerium. Mit dem Standort Lubmin wollte man eigens auch die ostdeutsche Küste berücksichtigen.
Am Nachmittag des 14.3.23 dann die Neu-Positionierung: Das Vorhaben passe nicht zum Land, zum Tourismus, zur Natur und zu den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, so Schwesig nach der Kabinettsklausur in Anklam. Sie forderte das Bundeswirtschaftsministerium auf, den Bedarf nachzuweisen und Alternativen zu prüfen. Von dort hieß es nun, das Projekt vor Rügens Küste befinde sich noch in der Planungsphase, die Gespräche würden noch laufen.
Letztlich entscheide die Bundesregierung über die Umsetzung der Pläne. Das letzte Wort habe Bundeskanzler Scholz. Das Land habe allerdings über die Genehmigungsverfahren zum Umwelt- und Wasserrecht erhebliches Mitspracherecht in diesen Bereichen.
Auf dieses Mitspracherecht des Landes verwies auch Landes-Wirtschaftsminister Meyer. „Wir reden mit dem Bund. Und es ist so, dass wir das an dem Standort vor Sellin für den völlig falschen Standort halten.“ Zugleich stehe das Land aber auch zu seinen Verpflichtungen beim Thema Energieversorgung. „Insofern reden wir mit dem Bund über konkrete Alternativen.“
Meyer zeigte sich offen für einen anderen Standort weiter draußen auf der Ostsee – etwa zehn oder fünfzehn Kilometer statt nur fünf. „Es gibt aber auch die Möglichkeit anderer Standorte und das wollen wir jetzt konkretisieren, damit man ernsthaft über Alternativen sprechen kann.“ Bei Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium am Montag sei ihm Entgegenkommen signalisiert worden, so Meyer. „Es gibt, glaube ich auch, eine Einsicht bei der Bundesregierung, dass trotz der Frage Energiesicherheit, die natürlich im Vordergrund steht, es auch immer um Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort geht.“ Beides müsse miteinander in Einklang gebracht werden. Zunächst müsse der Bund aber die Frage beantworten, ob es überhaupt noch Bedarf für ein weiteres LNG-Terminal gebe.
Die Deutsche Umwelthilfe kündigte am 17. März 2023 ein Gutachten des New Climate Institutes an, aus dem hervorgeht:
- Die Bundesregierung plant bei LNG-Terminals unnötige Überkapazitäten und Reserven, die nicht mit den Klimazielen vereinbar sind.
- Geplante feste Terminals werden nicht gebraucht, auch schwimmende Terminals wären nur gering ausgelastet – Umrüstung auf Wasserstoff reine Spekulation.
Die DUH fordert daher einen sofortigen Stopp des Baus weiterer LNG-Terminals und eine Ausrichtung der Planungen an den Klimazielen.
Bürgermeisterin von Buschvitz: Ein neues „Stuttgart 21“?
11. März 2023: Die Kommunikation der Bundesregierung zum geplanten Flüssigerdgas-Terminal ist aus Sicht der Gemeinden auf Rügen mangelhaft und erinnert sie an ein anderes umstrittenes Großprojekt. „Wenn es dabei bleibt, dann haben wir hier ein zweites Stuttgart 21“, sagte Stine Winter, Bürgermeisterin der nordöstlich der Stadt Bergen gelegenen Gemeinde Buschvitz.
Winter erklärte, Gemeinden hätten auf Anfragen an das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) keine Antwort erhalten. Minister Habeck ducke sich auffällig weg. Nach ihrer Meinung gehörten die Pläne in eine Industrieregion, aber doch nicht in die heile Natur der Insel Rügen. Sie fürchtet, dass etwaige Auswirkungen im Rahmen des beschleunigten Genehmigungsverfahrens nicht ausreichend geprüft würden. Außerdem bestehe mittlerweile keine Gasmangellage mehr und in Europa gebe es ausreichend LNG-Infrastruktur. Auch die hohen, letztlich vom Steuerzahler getragenen Kosten kritisiert sie.
Nach dem von fast allen Insel-Bürgermeistern und -Bürgermeisterinnen unterschriebenen Aufruf gegen das geplante Terminal für Flüssigerdgas (LNG) vor Deutschlands größter Insel haben mittlerweile mehr als 80.000 Unterstützerinnen und Unterstützer eine Petition unterzeichnet. Das am 10. März 2023 gestartete Widerklang-Festival in Binz auf Rügen wollte auf der Insel drei Tage lang mit Musik Stimmung gegen die Terminal-Pläne machen. Rund 3.500 Menschen haben nach Angaben des Bündnisses „RügenGegenLNG“ das Festival besucht.
Die Gemeinden der Insel Rügen, der Tourismusverband, Organisationen wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Fridays for Future, Greenpeace, Sea Shepherd, der Hotel– und Gaststättenverband (Dehoga) Mecklenburg–Vorpommern und weiteren Gruppen haben sich aus diesem Grund zusammengetan. In kürzester Zeit haben sie dieses Festival ins Leben gerufen, um gegen das Megaprojekt zu demonstrieren und sich von Rechtspopulismus zu distanzieren.
Kritiker des Terminals wehren sich gegen die Vereinnahmung ihres Anliegens durch rechte Akteure. Man wolle sich „eindeutig gegen Rechtspopulisten, Reichsbürger und weitere ähnlich gelagerte Gruppierungen positionieren, die derzeit versuchen, das Thema an sich zu reißen“, teilten die Organisatoren des Festivals mit.
Das BMWK verwies darauf, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen seien, Gespräche liefen noch. Daher könne über Einzelheiten des Projektes noch keine Auskunft gegeben werden. Es gebe noch keine finalen Entscheidungen. Eine Sprecherin relativierte zudem erneut hohe Angaben, die zur Kapazität des Terminals kursieren. Für den Winter 2023/24 sei ein Spezialschiff eingeplant, das fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich einspeisen könne.
Auch in der Wirtschaft stoßen die Pläne für ein LNG-Terminal vor Sellin auf Kritik. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rostock äußerte im Zuge des Planfeststellungsverfahrens gegenüber dem zuständigen Bergamt Stralsund «erhebliche und beachtliche Bedenken» zum gewählten Standort.
Wenn mehrere Regasifizierungsschiffe (FSRU) fünf Kilometer vor der Ostküste Rügens mit seinen bedeutenden Seebädern Baabe, Sellin und Binz liegen sollen, müssten die Auswirkungen auf die Tourismuswirtschaft mitgeprüft werden. Sie könnten ganze Existenzen auf Deutschlands größter Insel bedrohen. Zu befürchten seien andauernde Maschinengeräusche, Emissionen und ein hoher Schiffsverkehr unmittelbar vor der Küste. Auch gebe es eine Gefahr für Störfälle.
Die IHK kritisiert zudem, dass das Genehmigungsverfahren dreigeteilt sei. Gegenstand des jetzigen Genehmigungsverfahrens sei lediglich die Anbindungsleitung von den FSRU-Standorten vor Rügen zum Anlandepunkt bei Lubmin. Damit werde bereits in diesem Verfahren der Standort für die FSRUs festgelegt, die später im Dauerbetrieb dort die Regasifizierung vornehmen werden. Das gegenwärtige Verfahren lasse jedoch alle Aussagen zur Anzahl der Schiffe und allen technischen Daten offen, die entscheidend für die Akzeptanz des gesamten Vorhabens seien.
Die IHK forderte eine erneute Standortsuche weiter von der Küste entfernt sowie Alternativprüfungen. Denkbar seien zum Beispiel auch mehrere Strandorte statt die Konzentration auf einen, hieß es.
Demonstrationen gegen das LNG-Terminal vor Rügen
24. Februar 2023: Am Sonntag, dem 26. Februar 2023, soll auf Rügen eine große Demonstration gegen den Bau des LNG-Terminals vor Rügen stattfinden.
Die Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ ruft alle Bürger und Kommunen Rügens und Vorpommerns auf, gegen die LNG–Pläne in der Ostsee zu protestieren. Unterstützt von anderen Initiativen und Vereinen soll diese Demonstration unter dem Motto „Kein LNG vor Rügen!“ um 13 Uhr an der Kurmuschel im Ostseebad Baabe stattfinden.
„Wir erwarten von der Bundes– und Landespolitik, dass die Interessen Rügens und der Bevölkerung ernst genommen werden. Also: Kein LNG vor Rügen, weder im Greifswalder Bodden noch vor den Ostseebädern oder in Sassnitz–Mukran“, so Stefanie Dobelstein, Sprecherin dieser Bürgerinitiative.
Mit einem Aufruf wurde unter dem Stichwort #RügenGegenLNG eine Petition gestartet, die das Vorhaben als im höchsten Maße umwelt- bzw. klimaschädigend, kostspielig für den Steuerzahler und laut führenden Energieexperten nicht mehr benötigt bezeichnet. Es heißt darin auch: „Den Angriffskrieg durch Russland in der Ukraine verurteilen wir aufs Schärfste.“
Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund stimmte einem Dringlichkeitsantrag zu, in dem sie sich ebenfalls gegen den Bau der LNG-Terminals ausspricht. In dem Antrag mit dem Titel «Stopp der Naturzerstörung vor Rügen und Lubmin» wird Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) aufgefordert, sich auf allen gebotenen Ebenen gegen das Projekt einzusetzen.
Die „Bürger für Rügen“, unter anderem von Protestkundgebungen in der Coronazeit bekannt, treffen sich am Samstag, dem 25. 2., um 15 Uhr an der Seebrücke Sellin. Eine zweite Petition steht möglicherweise dieser Gruppierung nahe. In ihr wird eine Öffnung der Leitung Nord Stream 1 gefordert und behauptet, seitens Russlands bestünde und bestehe keine Veranlassung, Gaslieferungen einzustellen. Dabei hatte Gazprom die Lieferungen unter dem Vorwand, es fehle eine Turbine aus Kanada, beendet.
Der Energiekonzern RWE will das Projekt „Ostsee LNG“ im Auftrag des Bundes vor dem nächsten Winter fertigstellen. Neben einem gemieteten, schwimmenden LNG-Flüssigerdgasterminal (FSRU) vor Lubmin enthält das Vorhaben eine knapp 40 Kilometer lange Pipeline von Rügen bis vor Lubmin. Außerdem sind ein oder zwei Anlegetower für Schiffe vorgesehen, die etwa fünf Kilometer vor Sellin errichtet werden sollen. An den etwa 20 Meter hohen Anlegetowern, die ähnlich wie Offshore-Windkraftanlagen im Boden verankert werden sollen, könnten parallel jeweils zwei LNG-Schiffe entladen werden.
Das Vorhaben von RWE wäre nach dem Mitte Januar offiziell eröffneten Terminal in Lubmin das zweite in Vorpommern. „Der Start für das vom Bund gemietete FSRU, das über eine Regasifizierungskapazität von rund 5 Mrd. m³ (Kapazität des Schiffes) verfügt, ist für den Winter 23/24 vor der Küste Lubmin geplant“, heißt es vom Bundeswirtschaftsministerium. „Wegen der lokalen geografischen Besonderheiten des Hafens in Lubmin wird an einem Konzept gearbeitet, um eine frühzeitige Einspeisung vor der Küste zu prüfen.“
Dem NDR teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit: „Die Planungen für Lubmin sind noch nicht abgeschlossen, Gespräche zwischen den Beteiligten laufen noch. Daher kann über Einzelheiten des Projektes noch keine Auskunft gegeben werden. In der Planungsphase werden auch immer verschiedene Optionen geprüft und gegeneinander abgewogen.“
In vorhergehenden Planungsunterlagen war von weit größeren Kapazitäten die Rede. „Über das Gesamtvorhaben OAL (Ostsee-Anbindungs-Leitung ) sollen künftig aus importiertem LNG jährlich bis zu 14,4 Mrd. m³ und nach weiterem Ausbau bis zu 38 Mrd. m³ Erdgas angelandet werden“, hieß es beispielsweise im Amtlichen Anzeiger MV vom 23.01.2023. Diese Zahlen hat das Wirtschaftsministerium aber nach Kritik der Deutschen Umwelthilfe am „Zahlen-Wirrwarr“ nach unten korrigiert.
Bislang hat der Energiekonzern RWE lediglich den Bau der Pipeline beantragt. Wirtschaftsminister Meyer hatte Mitte Februar allerdings klargemacht: Eine Genehmigung für die Pipeline ohne eine positive Prognose für den Bau der vor Rügen geplanten Offshore-Stationen werde es nicht geben. Am Dienstag, dem 21. Februar (bis zum 27. Februar) begann in den Kurverwaltungen in Sellin, in Middelhagen und in Göhren sowie im Amt Mönchgut-Granitz in Baabe die Auslegung der Planungsunterlagen für die Pipeline, die vom Bergamt genehmigt werden soll. Die Einwendungsfrist läuft bis zum 6. März. Die Dokumente können auch online auf der Seite des Bergamtes Stralsund eingesehen werden. Einwendungen müssen schriftlich abgegeben werden.
Der Energiekonzern RWE, der im Auftrag des Bundes das Terminal errichtet, erteilt dem Hafen Sassnitz eine klare Absage. Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) hatte diesen Vorschlag gemacht, um die Konflikte mit dem Tourismus auf der Urlauberinsel Rügen zu minimieren.
Der Industriehafen Sassnitz-Mukran sei keine Standortalternative, weil er die Anforderungskriterien nicht erfülle, so ein RWE-Sprecher. Ein entscheidender Grund sei die nicht ausreichende Wassertiefe des Hafens. Für das LNG-Terminal, das der Bund zum Winter 2023/24 in Betrieb nehmen will, werde eine Tiefe von mindestens 19 m gefordert. Der Hafen Sassnitz-Mukran weise aber nur eine Tiefe von 12,5 m auf. Zudem solle beim Bau der Pipeline der Eingriff in die Natur so gering wie möglich gehalten werden. Deshalb sollten die Einspeisepunkte möglichst nahe an Lubmin liegen. Sassnitz liegt knapp 15 km nördlich von Sellin und damit auch weiter von Lubmin entfernt. Der Standort soll außerdem eine ausreichende Entfernung zu Schifffahrtswegen und militärischen Sperrgebieten aufweisen.
Neue LNG-Terminals vor Rügen: Europas „größtes fossiles Projekt“
17. Februar 2023: Landesregierung und Umweltverbände schlagen Alarm wegen der vor der Küste Rügens planten Flüssigerdgas-Terminals. Hier solle „das größte fossile Projekt Europas entstehen“, warnte die Deutsche Umwelthilfe (DUH). „Das wäre das größte Import-Terminal der Welt“, sagte Constantin Zerger (DUH) laut Tagesspiegel. Die neuen LNG-Terminals seien völlig überdimensioniert und schädlich für Umwelt und Tourismus. Von einem „erheblichen Eingriff“ sprach auch Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer.
Der Tagesspiegel berichtet von bis zu vier Spezialschiffen, die zur Regasifizierung des Flüssiggases vertäut werden könnten. Jedes von ihnen sei bis zu 150 Meter lang. Ein Landkartenausschnitt wurde vom Nordkurier veröffentlicht.
Der Energiekonzern RWE plant eine 38 Kilometer lange Pipeline durch den Greifswalder Bodden vom Ostseehafen Lubmin zu einem neuen Offshore-Terminal etwa 4,5 bis 6,5 Kilometer vor dem Badeort Sellin im Südosten Rügens. Hier sollen zwei Plattformen gebaut werden, an denen mehrere schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (FSRU) gleichzeitig festmachen können.
Das erste Gas könnte bereits im Herbst 2023 hier ankommen. Nach Abschluss einer zweiten Ausbaustufe bis Herbst 2024 soll es eine Kapazität zum Import von jährlich bis zu 38 Milliarden Kubikmeter Gas haben. Zum Vergleich: Deutschland hat im vergangenen Jahr etwa 90 Milliarden Kubikmeter verbraucht.
„Die geplanten Kapazitäten sind auch gemessen an den Projekten in Wilhelmshaven oder Brunsbüttel gigantisch“, sagte DUH-Geschäftsführer Müller-Kraenner. Die zwei im Dezember und Januar in Betrieb genommenen Terminals haben eine Kapazität von jeweils etwa 5 bis 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. Im Elbehafen Brunsbüttel legte am Dienstag der erste Tanker mit tiefgekühltem flüssigen Erdgas an.
Die Verbrennung des vor Rügen angelandeten Gases setze rund 80 Millionen Tonnen CO2 frei, rechnete die DUH vor – das entspricht fast einem Zehntel der Jahresemissionen Deutschlands.
RWE will Mitte Mai mit dem Bau beginnen. Bis dahin müsse der Bund noch das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz ändern, sagte Landesminister Meyer. Die Möglichkeit, schnell Offshore-Plattformen zu bauen, sei dort noch nicht vorgesehen. Die Auswirkungen auf Tourismus und Naturschutz müssten dringend untersucht werden, betonte Meyer. Er habe den Bund gebeten, alternative Standorte zu prüfen.
Zusammen sind an Nord- und Ostsee derzeit 10 LNG-Terminals fertiggestellt oder geplant, die insgesamt viel mehr Gas liefern können als benötigt wird. Die Bundesregierung rechtfertigt die Überkapazitäten damit, dass über Deutschland auch andere Länder sicher mit Gas versorgt werden sollten.
Die Schweriner CDU-Fraktion machte geltend, das LNG werde gebraucht.
Lärm-Belästigung durch das LNG-Terminal von Regas
11. Februar 2023: Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Backhaus teilte mit, dass in den Räumen einer Anwohnerin der Regas-LNG-Terminals eine unzulässige Belästigung gemessen wurde. Entsprechend seien Minderungs-Maßnahmen durch den Verursacher dieser tieffrequenten Geräusche zu ergreifen. Ob es sich bei dem Verursacher um das Terminal handelt, ist noch unklar.
Nach Klagen über Lärm unweit des LNG-Terminals hatte das Ministerium Mitte Januar die Messungen veranlasst. Vor allem Bewohner des 300-Einwohner-Dorfes Spandowerhagen hatten sich über Lärm beschwert und diesen in Zusammenhang mit dem westlich gelegenen Flüssigerdgas-Terminal gebracht. Unter anderem war von einem „Wummern“ die Rede.
Sowie der Verursacher zweifelsfrei feststehe, könnten und würden die erforderlichen Minderungs-Maßnahmen angeordnet, erklärte Backhaus weiter. Messergebnisse würden mit Messungen bekannter Schallquellen abgeglichen und auch Messungen in Spandowerhagen fortgesetzt.
Das geplante staatliche LNG-Terminal vor Rügen sorgt für Ärger
9. Februar 2023: Zusätzlich zum privaten LNG-Terminal in Lubmin, das bereits in Betrieb ist, wird vor der Küste Rügens auch ein staatliches LNG-Terminal geplant, das ab Winter 2023/2024 in Betrieb sein soll.
Diese Anlage soll wesentlich größer werden als das private Terminal der Deutschen Regas. Das geht aus den Antragsunterlagen hervor, die dem Bergamt Stralsund vorliegen. Für den Bund soll dort zunächst eine FSRU (Regasifizierungseinheit) mit einer Kapazität von bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr in Betrieb genommen werden, so RWE-Sprecher Cirkel. Mit einer Jahreskapazität von bis zu 35 Mrd. Kubikmeter könnte aber über die beantragte, knapp 40 Kilometer lange Pipeline (Ostsee-Anbindungs-Leitung/ OAL) deutlich mehr Erdgas in Lubmin angelandet und in das westeuropäische Fernleitungsnetz eingespeist werden.
Die Deutsche Regas, die derzeit mit Shuttle-Schiffen LNG in den Hafen nach Lubmin transportiert, kann sich vorstellen, künftig die Infrastruktur des Bundes mit zu nutzen. Man sei in guten Gesprächen mit Bund und RWE, so Regas-Aufsichtsratschef Knabe.
Die etwa 20 Meter hohen Anlegetower in der Ostsee vor Sellin, die ähnlich wie Offshore-Windkraftanlagen im Boden verankert werden sollen, sind im Gegensatz zur Pipeline noch nicht beantragt. Den vorläufigen Planungen zufolge sollen sie als Anlegeplatz für die FSRU dienen. Demnach könnten pro Tower parallel zwei LNG-Schiffe entladen werden, also insgesamt vier.
Diese Planungen sorgen für reichlich Unmut auf der Urlaubsinsel. Die Insel-Gemeinden fordern Millionen-Entschädigungen.
Neben dem störenden Anblick werden Bedenken hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und Sicherheit und eines Imageschaden für den Tourismus laut. Als „total unverschämt“ und „beängstigend“ bezeichneten Einwohner und Vermieter bei einer Versammlung in Baabe, dass ihnen „dieses große Ding vor die Nase gesetzt wird“. Es würde Gäste abschrecken.
Der Energiekonzern RWE will das Projekt „Ostsee LNG“ im Auftrag des Bundes schon vor dem nächsten Winter fertigstellen. Neben einer knapp 40 Kilometer langen Pipeline sind ein oder zwei Anlegetower für Schiffe vorgesehen, die etwa fünf Kilometer vor Sellin (Höhe ehemalige Waldhalle) errichtet werden sollen. An den etwa 20 Meter hohen Anlegetowern könnten parallel jeweils zwei LNG-Schiffe entladen werden. In einer internen Runde hatten Vertreter von RWE letzte Woche Bürgermeister und Kurdirektoren von Binz bis Mönchgut informiert. RWE will Anfang Mai mit dem Bau der Pipeline starten. Im Herbst soll sie fertiggestellt sein. Das Bergamt Stralsund bearbeitet das Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung.
Gegenüber der Bundesregierung wurden nun Forderungen erhoben. Neben Schallschutz, Gefahrengutachten und 550 000 Euro für elektronische Infotafeln geht es um Ausgleichsmaßnahmen im Bereich des Landschaftspflegeverbandes Rügen und um einen Infrastrukturbeitrag. Es ist von einem zweistelligen Millionenbetrag die Rede. Die Feuerwehren sollen mit Ölsperren ausgestattet werden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz gab zu bedenken, natürlicher Lebensraum werde durch Chemikalien vernichtet: „Es geht nicht nur um Chlor, sondern um 20, 30 verschiedene Verbindungen, vor allem bromhaltige.“
Noch scheinen die Würfel für den Standort aber noch nicht gefallen zu sein. „Es wurden und werden im Rahmen des Projektes verschiedene Möglichkeiten geprüft“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium des Landes auf die Frage, ob sich gegebenenfalls auch der Hafen in Sassnitz-Mukran für diesen Zweck eignen könne. „Um die Infrastruktur bestehender Gashochdruckleitungen zur landseitigen Ableitung des Gases nutzen zu können, ist eine Verbindungsleitung zwischen Anlegetower und landseitigem Anschluss an die Leitungen in Lubmin erforderlich“, so Ministeriumssprecher Gunnar Bauer. Die Standortauswahl erfolge unter Berücksichtigung der Wassertiefe und der Schifffahrtswege. Auch stünde ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung derzeit noch aus.
Ein Problem für Sassnitz als Standort wäre aber vermutlich die Länge der dann notwendigen Zuleitung nach Lubmin, die bisher lediglich 40 Kilometer überbrücken müsste. Zum einen werde durch die jetzt geplante Variante aber sichergestellt, „dass der Standort in Deutschen Hoheitsgewässern liegt und damit die Regelungen des LNG-Beschleunigungsgesetz Anwendung finden können“. Zudem nehme bei zunehmender Länge der Leitung auf Grund von Druckverlusten die Transportkapazität ab.
Erstes LNG-Terminal Lubmin von Kanzler Scholz eröffnet
15. Januar 2023: Nach einem kurzen „Probebetrieb“ wurde am 14.1.2023 das Flüssigerdgas-Terminal namens «Deutsche Ostsee» als zweites deutsches Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) im Industriehafen von Lubmin offiziell in Betrieb genommen. Am gleichen Tag demonstrierten in Lützerath Zehntausende im Dauerregen für einen besseren Klimaschutz.
Bundeskanzler Scholz war eigens zur Eröffnung des Terminals angereist, obwohl es sich um ein privates Projekt handelt. „Wir werden diese Kapazitäten hier und auch andernorts weiter ausbauen, unter anderem auch mit festen Terminals, aber auch mit weiteren Regasifizierungs-Schiffen“, kündigte Scholz an. Er betonte, vom Antrag bis zur Fertigstellung habe es etwa ein halbes Jahr gedauert. Er sprach von einem ganz neuen „Deutschlandtempo“. Die Bundesregierung plant ein weiteres Terminal in Lubmin. Es soll von LNG-Schiffen über eine durch den Bodden verlaufende Pipeline versorgt werden.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig erklärte vor Ort, die Nutzung von Flüssigerdgas könne nur eine Übergangslösung sein. „Unser Ziel ist, dass dieser Standort in naher Zukunft komplett aus erneuerbaren Energien viele Teile von Deutschland und Europa versorgt, aber wir brauchen bis dahin auch Gas“, so Schwesig. Der Umweltminister des Landes, Backhaus, den der Spiegel ebenso wie Schwesig als „Russland-affin“ bezeichnete, hatte zuvor die Betriebsgenehmigung an den Geschäftsführer Wagner der Deutschen Regas übergeben.
Die LNG-Anlage soll vor allem Ostdeutschland mit jährlich bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas versorgen. Bevor die erste Ostseepipeline Nordstream 1 auf mysteriöse Art gesprengt wurde, floss mehr als zehnmal so viel Gas nach Lubmin, nämlich 59,2 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Im Regas-Terminal in Lubmin solle kein Flüssigerdgas aus Russland oder den USA angelandet werden. Das teilte die Deutsche Regas am 13. Januar 23 mit. Die Lieferanten TotalEnergies und Met Group hätten dies zugesagt. Die erste Lieferung kam im Dezember nach dpa-Informationen aus Ägypten.
Ergänzung am 31. Januar 2023: Schon beim zweiten Schiff mit LNG-Lieferungen kommt LNG aus den USA ins Lubminer Terminal. Die „Cool Voyager“ bringt rund 155.000 Kubikmeter Flüssigerdgas aus den USA. Der Verzicht von Regas auf LNG aus den USA habe sich nur auf vorläufige Vereinbarungen für die Inbetriebnahmephase bezogen, erklärte das Unternehmen nun. Wie das aus den USA stammende Erdgas gewonnen wurde, entziehe sich der Kenntnis der Deutschen Regas. Die Entscheidung über die Lieferquelle obliege nun allein den Kunden des Terminals. Es gebe nur noch die Zusicherung, dass kein LNG aus Russland geliefert werde. Während der Hochlaufphase rechne man in den kommenden drei Monaten mit etwa zwei Tankeranläufen pro Monat. Danach liegt das Ziel bei einem Tanker pro Woche, so Knabe vom Unternehmen Deutsche Regas.
Bis zu dreimal täglich soll ein Shuttleschiff das schwimmende Terminalschiff »Neptune« im Hafen von Lubmin anfahren und mit Gas versorgen. Zweieinhalb Seemeilen hin und zurück. Das Gas kommt von einem großen Tanker weiter draußen, es muss zweimal umgepumpt werden. Laut Firmenangaben musste lediglich eine Anschlussleitung von 450 Metern Länge gebaut werden, um das Gas ins bestehende Gasnetz einzuspeisen.
Das schwimmende Terminal (FSRU), vom französischen Energiekonzern TotalEnergies und dem Unternehmen Deutsche ReGas betrieben, ist das bislang einzige komplett privat finanzierte Terminal in Deutschland. Das Unternehmen Deutsche Regas sprach von Kosten in Höhe von etwa 100 Millionen Euro, die aus Eigenkapital und von Investoren stammten.
In einer zweiten Projektphase will die Deutsche Regas ab Dezember 2023 eine zweite FSRU außerhalb des Greifswalder Boddens stationieren, die speziell für den Anschluss an Untersee-Pipelines ausgerüstet ist. In einer dritten Phase im Sommer 2024 soll auch die erste FSRU dorthin verlegt werden, womit sich die Regasifizierungskapazität auf bis zu 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr erhöhen soll. Zugleich will das Unternehmen eine Anlage für den Import von Wasserstoff in Lubmin errichten.
Am Rande der Einweihung gab es Proteste. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Mecklenburg-Vorpommern kritisierte, die Genehmigungsauflagen zum Schutz des Meeresraums Greifswalder Bodden seien nicht geeignet, Schäden zu vermeiden. So werde der tägliche Shuttleverkehr auf lange Zeit Verwirbelungen und Störungen des Schutzgebietes durch große Tankschiffe und Schlepper verursachen. Zudem sei ungeklärt, welche Auswirkungen der Unterwasserlärm des Terminals unter anderem auf die dortige Robbenpopulation haben werde.
Das Flüssiggas-Terminal in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern ging nach Ansicht des BUND ohne ausreichende Sicherheits- und Umweltvorsorge in den Dauerbetrieb. Das LNG-Beschleunigungsgesetz erlaube, elementare Anforderungen an den Schutz von Menschen und Umwelt zu vernachlässigen, kritisierte BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag am 14.1.23. Der BUND Mecklenburg-Vorpommern halte einen sofortigen Genehmigungsvollzug für nicht gerechtfertigt, da der Beitrag des Terminals zur Gasversorgung in Deutschland gering und die Gasspeicher gut gefüllt seien.
Der Verzicht auf die Umweltverträglichkeitsprüfung hinterlasse „schon im Probebetrieb offene Probleme wie Lärm, Geruch und Erschütterungen für die Anwohner“, erklärte Cwielag. Auch die Genehmigungsauflagen zum Schutz des Meeresraums Greifswalder Bodden halten die Umweltschützer für nicht geeignet, um Schäden zu vermeiden. Heringslaichzeiten und Vogelrastzeiten seien nicht berücksichtigt.
Kritik an dem aus ihrer Sicht «übereilten Vorgehen» von Regas und Behörden übte am 14.1.23 die Deutsche Umwelthilfe. Sie verwies auf Lärmbeschwerden von Anwohnern, bezeichnete die behördlichen Auflagen zum Brandschutz als ungenügend und will rechtliche Schritte planen. Die DUH hatte am 28. November 2022 eine 21-seitige Einwendung erhoben.
Nach Recherchen der Deutschen Umwelthilfe sind die behördlichen Auflagen zum Brandschutz ungenügend und bleiben hinter Vorgaben an anderen LNG-Standorten weit zurück. Die DUH forderte eine Absage der Eröffnungsfeier und einen sofortigen Betriebsstopp, bis die Probleme geklärt seien. Müller-Kraenner: „Der Betrieb des Terminals darf erst starten, wenn alle technischen Fragen geklärt sind. Alles andere wäre vor allem für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner völlig unverantwortlich.“
Laut Genehmigungsentwurf ist zunächst nur die freiwillige Feuerwehr Lubmin in Zusammenarbeit mit der Besatzung des LNG-Terminalschiffs „Neptune“ für den Brandschutz zuständig. Erst später soll eine Werksfeuerwehr eingerichtet werden, dafür wurde aber noch nicht einmal eine verbindliche Frist genannt. Auch die Verfügbarkeit eines Feuerlöschschiffs ist keine Betriebsauflage. Dies weicht stark von den Vorgaben zum Brandschutz für das LNG-Terminalschiff in Wilhelmshaven ab. Dort ist vorgeschrieben, dass bei jedem LNG-Ladevorgang ein Feuerlöschschlepper im Nahbereich sein muss. Außerdem gibt es strenge Auflagen für die Einrichtung einer Werksfeuerwehr.
Constantin Zerger, DUH-Leiter Energie und Klimaschutz: „Es ist schockierend, wie leichtfertig die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Thema Brandschutz umgehen – zumal das Betriebskonzept besonders risikoreich ist. Es erfordert täglich zahlreiche Schiffsbewegungen und Ladevorgänge, auch im beengten Hafen von Lubmin. Dass hier nicht die Anwesenheit eines Feuerlöschschiffes angeordnet wird, ist geradezu fahrlässig. Dasselbe gilt für die fehlenden Vorgaben zur Ausrüstung der örtlichen Feuerwehr. Es ist kaum vorstellbar, dass die freiwillige Feuerwehr Lubmin mit ihrer heutigen Ausrüstung in der Lage ist, einen Brand auf dem LNG-Terminalschiff unter Kontrolle zu bringen. […] mit Blick auf die offenen Fragen zu Klima- und Naturschutz: Hier hat die Genehmigungsbehörde alle Einwendungen abgeschmettert und zum Beispiel die Klimafolgen des Projektes noch nicht einmal geprüft. Wir werden Widerspruch gegen die Genehmigung einreichen und alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um dieses gefährliche und unnötige Projekt zu stoppen.“
Der Antrag des Unternehmens sei in Rekordzeit aber dennoch gründlich bearbeitet und beschieden worden, sagte dagegen Umweltminister Backhaus. Die Einwendungen von Bürgern und Verbänden seien ernst genommen und eingehend geprüft worden. „Die Prüfungen haben ergeben, dass der Bodden nicht durch eingeleitetes Kühlwasser in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagte Backhaus. Es würden auch keine Biozide ins Gewässer eingeleitet und das angrenzende FFH- und Vogelschutzgebiet werde nicht beeinträchtigt.
Die Ansiedlung bleibe aber auch nicht ohne Nebenwirkungen, sagte Backhaus. Derzeit liefen Schallmessungen, weil sich Bürgerinnen und Bürger aus den Nachbargemeinden über Immissionen beschwert hätten. Sollte die Regasifizierungsanlage ursächlich für die Belästigung der Menschen sein, würden schallmindernde Auflagen folgen. Der Lärm könnte auf die durchgehend wummernden Schiffsdiesel, die die Pumpen des FSRU »Neptune« antreiben, zurückzuführen sein.
DUH: Weitere rechtliche Schritte gegen die Genehmigung des LNG-Terminals in Lubmin
11. Januar 2023: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte den Entwurf der Genehmigung für das LNG-Terminal in Lubmin scharf. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern hatte am 10.1.2023 einen Entwurf veröffentlicht. Die Genehmigungsunterlagen für das Flüssiggas-Terminal vor Lubmin wurden zwischen dem 10.1.2023 und dem 13.1.2023 noch einmal öffentlich ausgelegt und konnten beim zuständigen Amt in Stralsund und online eingesehen werden.
Schon bei den Antragsunterlagen des privaten Betreibers Regas hatte die DUH im November auf schwere Mängel hingewiesen. Diese Mängel wurden gemäß einer ersten Prüfung durch die DUH nicht behoben. Zwar soll die Genehmigung bis zum 31. Dezember 2031 befristet werden, die Klimafolgen des Projektes bleiben jedoch weiterhin ungeprüft. Zudem wurden wesentliche Bestandteile und Umweltfolgen des Projektes erst gar nicht betrachtet. Dies gilt insbesondere für den Betrieb der Shuttle-Schiffe, die bis zu sechs Mal am Tag den ökologisch hochsensiblen Greifswalder Bodden durchkreuzen, um LNG zum Terminal-Schiff zu transportieren. Auch der Betrieb des als Umschlaganlage genutzten LNG-Tankers vor der Küste Rügens wurde nicht betrachtet. All dies macht die Erteilung einer Genehmigung aus Sicht der DUH unzulässig.
Die endgültige Genehmigung soll Ende der Woche erteilt werden, damit das Terminal am 14. Januar von Bundeskanzler Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Ministerpräsidentin Schwesig eröffnet werden kann.
Die DUH wieß darauf hin, dass Eile bei Genehmigung und Eröffnung des Terminals völlig unangebracht sei, da auch die Bundesnetzagentur nicht mehr von einem Gasmangel in diesem Winter ausgeht. Zwar soll die Genehmigung bis zum 31. Dezember 2031 befristet werden, die Klimafolgen des Projektes bleiben jedoch weiterhin ungeprüft. Zudem werden wesentliche Bestandteile und Umweltfolgen des Projektes gar nicht erst betrachtet. Dies gilt insbesondere für den Betrieb der Shuttle-Schiffe, die bis zu sechs Mal am Tag den ökologisch hochsensiblen Greifswalder Bodden durchkreuzen. Auch der Betrieb des als Umschlaganlage genutzten LNG-Tankers vor der Küste Rügens werde nicht betrachtet. All dies mache die Erteilung einer Genehmigung aus Sicht der DUH unzulässig.
DUH-Bundesgeschäftsführer Müller-Kraenner: „Immer noch sind für wesentliche Bestandteile des Projektes noch nicht einmal Antragsunterlagen vorgelegt worden. Die geplante feierliche Eröffnung am Samstag ist ein herber Schlag für den Klimaschutz. Im Wettlauf mit anderen LNG-Standorten möchte Mecklenburg-Vorpommern aber offenbar nicht das Nachsehen haben und räumt deshalb den Weg für das Terminal frei. Das undurchsichtige Vorgehen, die mangelnde Öffentlichkeitsbeteiligung und der vorauseilende Gehorsam gegenüber einem Gaskonzern erinnern fatalerweise an die Klüngelei der Regierung Schwesig mit der Nord Stream 2 AG. Offenbar wurde hier aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt. Wir werden weiter auf ein rechtsstaatliches Verfahren pochen und gegen diese Genehmigung Widerspruch einlegen.“
Schon vor zwei Wochen hatten die Behörden einen angeblichen „Probebetrieb“ des LNG-Terminals zugelassen. Auch auf Rückfrage wurden der DUH die Genehmigungsunterlagen dazu bisher nicht zur Verfügung gestellt. Schon zuvor musste die DUH die elektronische Einsicht der Antragsunterlagen, die eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist, erst gegenüber den Behörden erkämpfen. Auch jetzt wird wieder mit zweierlei Maß gemessen: Im Genehmigungsentwurf ist geregelt, dass der Betreiber direkt gegen den Bescheid Klage beim Bundesverwaltungsgericht einlegen kann, während Umweltverbände und andere Beteiligte zunächst einen behördlichen Widerspruch einlegen müssen. Dies bedeute unterschiedliche Rechte für unterschiedliche Beteiligte.
Seit Beginn der Probebetriebs hatten sich viele Anwohner über den Lärm in Lubmin beschwert. Jetzt können Sie aber keine Einwände mehr erheben. Die Auslegung diente allein der Transparenz und der Information der Öffentlichkeit. Das ist auch Vorgabe nach Europa-Recht bei beschleunigten Genehmigungsverfahren wie in Lubmin.
Der Lärm ist dennoch Thema, vor allem im Nachbarort Spandowerhagen. Auf einer Versammlung beschlossen die Einwohner am 9.1.2023, eine Petition zu starten, in der sie Verbesserungen fordern. Sie ziehen außerdem eine Klage in Erwägung. Das Umweltministerium hatte bereits angekündigt, dass in Lubmin der Lärm gemessen werden soll. Sollten die Geräusche lauter sein, als in den Planungen prognostiziert, könnten nachträglich Maßnahmen angeordnet werden, um den Lärm zu mindern.
Betriebsstart für das LNG-Terminal in Lubmin am 14. Janur 2023
8. Januar 2023: Das LNG-Terminal in Lubmin soll am Samstag, dem 14. Januar 2023 in Betrieb genommen werden. Nach Unternehmensangaben haben Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck ihren Besuch angekündigt.
Dem Terminal-Betreiber Deutsche ReGas soll am 13. Januar die letzte ausstehende Betriebsgenehmigung übergeben werden. Am 5. Januar 2013 hatte das zuständige Umweltministerium in Schwerin grünes Licht für das Terminal gegeben. Ab dem 9. Januar sollen die Unterlagen für vier Tage zur Einsicht ausgelegt und im Internet veröffentlicht werden. „Danach kann der Genehmigungsbescheid unterschrieben und offiziell überreicht werden“, teilte Umweltminister Backhaus mit. Das Terminal sei „unfassbar schnell“ realisiert worden, sagte der Vorstandschef der Deutschen ReGas, Stephan Knabe.
Laut Backhaus handele es sich bei Lubmin um einen „idealen Standort“. Gleichwohl liege dieser in Nachbarschaft zu einem sensiblen Ökosystem. „Ich lege deshalb großen Wert auf die Feststellung, dass hier nahe des Greifswalder Boddens keine Biozide eingesetzt werden und auch keine Erwärmung des Boddens zu befürchten ist.“ Die Umweltschutzorganisation BUND hatte den Standort Lubmin als ungeeignet kritisiert, da es sich dort um flache, sensible Boddengewässer handele. Laut Backhaus hat der Betreiber, die Deutsche ReGas, eine Betriebsdauer bis Ende 2031 beantragt. Die Infrastruktur in Lubmin sei auch für die Einspeisung von Wasserstoff nutzbar.
Das Terminal in Lubmin soll zunächst eine Einspeisekapazität bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich haben. Die Deutsche Regas hatte im September mit den Bauarbeiten für das Terminal begonnen. Ursprünglich sollte am 1. Dezember der Betrieb aufgenommen werden, die erforderlichen Genehmigungen lagen damals aber noch nicht vor. Kurz vor Weihnachten wurde die Genehmigung für einen begrenzten Testbetrieb erteilt. Das als Regasifizierungs-Einheit dienende Schiff „Neptune“, der LNG-Tanker „Seapeak Hispania“ sowie der LNG-Shuttle-Tanker „Coral Furcata“ waren in den vergangenen Wochen in Lubmin eingetroffen.
Probebetrieb des LNG-Terminals in Lubmin schon vor einer Genehmigung
23. Dezember 2022: Die Betreiber des Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Lubmin dürfen zumindest testweise Gas einspeisen. Das zuständige Schweriner Umweltministerium teilte am 21.12.2022 mit, dass die Genehmigung für einen Testbetrieb vorliege. „Bei der Anlage in Lubmin geht es um hochkomplexe technische Abläufe, die vor einem Dauerbetrieb getestet werden müssen“, so Minister Backhaus (SPD). Er betonte, dass es sich noch nicht um eine endgültige Genehmigung handele. „Ich gehe davon aus, dass wir im Januar 2023 mit einem Ergebnis der Prüfung rechnen können“, hieß es weiter. Nach früheren Angaben des Ministeriums darf im Rahmen des Testbetriebs für vier Stunden am Tag das mit Schiffen transportierte LNG wieder in Gas umgewandelt und in das Netz eingespeist werden.
Constantin Zerger (Deutsche Umwelthilfe) kommentierte den „Probebetrieb“ auf Twitter: „Das ist wohl ein Trick, um trotz der schlampigen Antragsunterlagen der Regas doch schon den Betrieb aufnehmen zu können. Was eine Bananenrepublik!“
Die DUH moniert, mit der Zulassung des Probebetriebs umgehe die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern gesetzliche Vorgaben sowie Veröffentlichungspflichten aus dem LNG-Beschleunigungsgesetz. Einwendungen der DUH und anderer Umweltverbände blieben weiterhin unbeantwortet. Laut Recherchen des NDR solle es sich jetzt mitnichten um eine bloße Prüfung der Betriebstüchtigkeit handeln, sondern um einen dauerhaften Normalbetrieb mit einer täglichen vierstündigen Gaseinspeisung. Diesem kommerziellen Betrieb des Terminals vor der Genehmigung fehle jedoch die Rechtsgrundlage. Die Landesbehörden umgingen so bundesrechtliche Vorgaben. Fragen der DUH zu den Rechtsgrundlagen ließe das zuständige Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt bisher unbeantwortet.
Am frühen Morgen des 21.12.2022 war vor Rügen ein Tanker mit der ersten Ladung Flüssigerdgas für das Terminal in Lubmin eingetroffen. Die „Seapeak Hispania“ hat nach Aussage des Unternehmens Deutsche Regas 140.000 Kubikmeter LNG aus Ägypten geladen. Sie habe ihren Ankerplatz östlich der Insel Rügen erreicht. Sie soll künftig als Zwischenlager auf der Ostsee dienen. Kleinere Tanker sollen das LNG von dort durch den flachen Greifswalder Bodden zum Gasifizierungs-Terminal in Lubmin transportieren. Dem Schiff sei von den Behörden ein Ankerplatz in der Prorer Wiek zugewiesen worden etwa sieben Kilometer nordöstlich von der Seebrücke Sellin, teilte die Deutsche Regas mit.
Eine Entscheidung über einen Probebetrieb habe aber nichts mit einer endgültigen Genehmigung zu tun. Man werde möglicherweise Auflagen erteilen. Es gehe zum Beispiel um die Frage der Laufzeit. Wichtig sei auch, dass die Anlage bereit sei für Wasserstoff.
In Mecklenburg-Vorpommern sind an der Ostsee etwa in Rostock und Lubmin Anlagen zum Import und zur Erzeugung von Wasserstoff geplant. Die drei Fernleitungsnetzbetreiber Gascade, Ontras und terranets bw wollen ein Pipelinesystem für Wasserstoff von der Ostsee bis in den Südwesten Deutschlands aufbauen. Man gehe davon aus, dass der Norden Deutschlands das Zentrum für Wasserstoffimporte und die Wasserstofferzeugung an Land und auf dem Wasser werde, teilte Gascade am Donnerstag mit. „Dadurch entsteht schnell ein erheblicher Transportbedarf in Richtung Süden.“
Eher skeptisch äußerte sich Backhaus zum zweiten, vom Bund geplanten LNG-Terminal in Lubmin. Das solle das Gas von einem Tanker in der Ostsee durch den Greifswalder Bodden nach Lubmin leiten. „Dazu müssen Röhren verlegt werden“. Und das sei ein „höchst sensibler“ Eingriff in das Ökosystem. Er sei darüber mit Wirtschaftsminister Habeck laufend im Gespräch.
Schiff mit verflüssigtem Erdgas unterwegs nach Lubmin
15. Dezember 2022: Während noch nicht klar ist, wie lange es dauern wird, bis eine Entscheidung über die Genehmigung für das private LNG-Terminal in Lubmin vorgelegt werden wird, wurde bekannt, dass zusätzlich zu dem FSRU-Schiff schon ein weiteres Schiff mit verflüssigtem Erdgas unterwegs ist.
Mit der „Speapeak Hispania“ ist der als Zwischenlager auf dem Meer eingeplante Flüssigerdgas-Tanker auf dem Weg in die Ostsee. Laut dem Unternehmen Deutsche Regas soll das Schiff Flüssigerdgas (LNG) von anderen Tankern aufnehmen und an kleinere Tanker übergeben, die es durch den flachen Greifswalder Bodden zum eigentlichen Terminal im Lubminer Industriehafen transportieren.
Bereits vergangene Woche war eines der drei für den Transport durch den Greifswalder Bodden eingeplanten kleineren Shuttle-Schiffe vor Rügen angekommen. Dort war Ende November außerdem mit der „Neptune“ das erste Spezialschiff zur Umwandlung von Flüssigerdgas in den gasförmigen Zustand in Deutschland angekommen. Am 16.12.2022 sollte dieses FSRU-Schiff an seinen Einsatzort im Hafen von Lubmin verlegt werden.
Einwendungen gegen das FSRU von Regas in Lubmin
3. Dezember 2022: Gegen die Genehmigung für das in Lubmin von der Deutschen Regas geplante Terminal für Flüssigerdgas gingen 28 individuelle Einwendungen und eine Sammeleinwendung mit 1.071 Zeichnungen ein.
Die Deutsche Umwelthilfe reichte am 28.11.2022 eine Einwendung beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern (StALU) ein, in der vorgebracht wurde, dass die Antragsunterlagen essentielle Projektbestandteile ausblendeten. Die Antragsunterlagen für das LNG-Terminalschiff „Neptune“ seien unvollständig und fehlerhaft. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle offenbar mit Angaben, die nicht der tatsächlich beabsichtigten Kapazität der Anlage entsprechen, umgangen werden. Die DUH kritisierte, dass der vorgesehene Schiffsverkehr durch den geschützten Greifswalder Bodden, Wechselwirkungen mit benachbarten atomaren Anlagen in Lubmin und Klimafolgen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Zudem entstünde der Eindruck, man wolle durch die Angabe einer zu hohen Einspeisekapazität von gesetzlichen Ausnahmeregelungen profitieren. Die DUH forderte daher die Behörden von Manuela Schwesig auf, das Projekt zu stoppen und die Bau- und Betriebsgenehmigung zu verweigern.
Die Deutsche Regas wollte sich am 28.11.2022 nicht zu der Kritik äußern. «Wir haben die Einwendung der DUH zur Kenntnis genommen, werden diese sorgfältig prüfen und im Rahmen des laufenden gesetzlichen Genehmigungsverfahrens gegenüber dem StALU VP beantworten.»
Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern stellte die Biologin Corinna Cwielag fest: „Der erste und gewichtigste Einwand ist natürlich die Frage: Was konnten wir sichten? Wir konnten einen Teil der Unterlagen sehen. Wir wissen nicht, ob das alle sind. Das ist aus unserer Sicht sehr, sehr schlecht gelaufen“. Man habe sich die Projektunterlagen des Antragstellers angeschaut und viele Gründe für Einwendungen gefunden, obwohl das neue LNG-Beschleunigungsgesetz des Bundes die Fristen stark verkürzt habe. „Aus unserer Sicht ist völlig unverständlich, wieso man mit ‚Sicherheitsbedenken‘ eine Transparenz vermeidet und eine Bürgerbeteiligung enorm erschwert.“
Laut dem LNG-Beschleunigungsgesetz aus dem Hause des grünen Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck muss neuerdings auch keine Umwelverträglichkeitsprüfung mehr durchgeführt werden, sobald durch ein LNG-Projekt mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr ins deutsche Gasnetz kommen. Kein Wunder, dass die ReGas, die anfangs weniger angekündigt hatte, nun aber in ihrem Antrag bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr in Aussicht stelle, sagt Corinna Cwielag.
„Diese Art und Weise das Naturschutzrecht außer Kraft zu setzen, ist ein Dammbruch. Dazu kommt noch, dass ein großes Problem auch ist: Wie bewertet man den Eingriff in den Naturraum? Und was bietet man an als Ausgleich? Da lässt leider das Beschleunigungsgesetz zu, dass erst bis zu zwei Jahren nach Genehmigung eine sinnvolle Maßnahme gefunden sein muss. Und dann hat man noch mal drei Jahre Zeit, die umzusetzen.“
Der BUND Mecklenburg-Vorpommern weist auf zwei besonders erhebliche Eingriffe hin. Da wäre zunächst der 24-Stunden-Shuttlebetrieb der drei kleineren Tanker durch das flache Boddengewässer: „Auch die Shuttle-Schiffe haben noch 6,80 Meter Tiefgang. Der Hafen ist sieben Meter tief. Also werden sie voraussichtlich nicht voll beladen werden können. Dann müssen sie aber öfter fahren, um die Flüssiggas-Mengen zu transportieren. Das bedeutet wiederum, dass die Störungen im Bodden im Bereich der Vögel, auch für Schweinswale, auch für Robben mehr werden würden. Und da ist die Argumentation des Unternehmens, die Vögel hätten sich daran gewöhnt oder würden sich auch daran gewöhnen. Das ist aus unserer Sicht verkehrt.“ So werde sicher die Größe der mehr als 100 Meter langen Shuttle-Schiffe auch für Verwirbelungen sorgen, die dann dazu führten, „dass Sediment aufgewirbelt wird, dass Schadstoffe aufgewirbelt werden und dass sich damit die Nahrungsräume für die rastenden Vögel, aber auch für Schweinswale und auch für die Robben verändern werden. Das ist alles nicht berücksichtigt.“
Zum anderen wäre da der Kühlwasser-Kreislauf auf der „Neptune“. Das Schiff werde täglich rund 30.000 Kubikmeter Ostsee-Wasser aus dem Lubminer Hafenbecken nehmen, um damit die Motoren ihrer Regasifizierungsmaschinen zu kühlen.
DUH: Mit Einfahrt des LNG-Schiffes in den Hafen von Lubmin sollen Fakten geschaffen werden
24. November 2022: Das LNG-Spezialschiff „Neptune“ ist am 23.11.2022 im Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen angekommen – unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Unter anderem soll hier der Tiefgang des Schiffes von gut 9 Metern auf etwa 5,2 Meter verringert werden, damit es ins flachere Wasser vor Lubmin überführt werden kann, so der Terminal-Betreiber Deutsche Regas.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte das Vorgehen des Betreibers Deutsche ReGas. Die ‚Neptune‘ fahre zu einem Zeitpunkt in deutsche Küstengewässer ein, zu dem noch überhaupt nicht feststehe, ob sie überhaupt als schwimmendes LNG-Terminal betrieben werden dürfe. „Offenbar sollen in Lubmin Fakten geschaffen werden, ohne dass das Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Für das Genehmigungsverfahren fehlen laut DUH noch diverse Unterlagen. Deshalb forderte die DUH die Landesregierung auf, die Einfahrt des Spezialsschiffes in den Hafen Lubmin bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahren zu verbieten. „So halten wir den Betrieb der Neptune für nicht genehmigungsfähig“, sagte Müller-Kraenner.
Regas-LNG-Terminal wäre vom Start weg ausgelastet
21. November 2022: Die Bundesnetzagentur hat mit einer Erteilung der Befreiung der Regas-Anlage von der Regulierung für die gesamte jährliche Durchsatzkapazität ab der kommerziellen Inbetriebnahme von Phase I die Weichen für die zügige Inbetriebnahme des neuen Flüssigerdgas-Terminals gestellt. Die Betreiberin Deutsche Regas GmbH & Co. KGaA wartet nun noch auf eine Genehmigung des zuständigen Landesamtes.
Das Interesse am Binding Open Season Verfahren für Phase I und dem Non-Binding Open Season Verfahren Phase II war hoch, die verfügbare jährliche Regasifizierungs-Kapazität für langfristige Buchungen von insgesamt 11,7 Mrd. m3 wurde mit 15,2 Mrd. m3 deutlich überzeichnet.
In der Phase I wird der mehr als 280 Meter lange Tanker „Neptune“ stationiert, an den die LNG-Schiffe mit einer Kapazität von 170.000 m3 andocken können, damit das LNG in den vorgelagerten Zwischenspeicher übertragen werden kann. In dieser Phase I beträgt die geplante Jahresdurchsatzkapazität mindestens 4,5 Mrd. m3.
In einer Phase II könnten – vorbehaltlich rechtlicher Klärungen – zwei der FSRU an die bestehenden Nord Stream-Unterwasserpipelines angedockt werden. Ab Dezember 2023 ist zunächst geplant, ein schwimmendes LNG-Terminal mit einer geplanten Jahresdurchsatzkapazität von 7,0 Mrd. m3 offshore im deutschen Hoheitsgebiet zu installieren (FSRU 2). Durch Verlegung der FSRU 1 vom Hafen in Lubmin an einen Offshore-Standort im Jahr 2024 soll die geplante Jahresdurchsatzkapazität um weitere 2,0 Mrd. m3 erhöht werden. In diesem Ausbauzustand soll die geplante Jahresdurchsatzkapazität des „LNG-Terminals Deutsche Ostsee“ dann ab dem vierten Quartal 2024 insgesamt mindestens 13,5 Mrd. m3 betragen.
Für die Prüfung der Einwendungen gegen das Terminal in Lubmin bleiben nur drei Tage
16. November 2022: Das Ende der Auslegung der Antragsunterlegen wurde vom 15. November auf den 21. November verlängert. Auch die Frist für die Einreichung von Einwendungen wurde vom 21. auf den 28. November verlängert. Schon vier Tage später am Donnerstag, dem 1. Dezember, plant die Deutsche ReGas, das schwimmende LNG-Terminal in Betrieb zu nehmen. Für die Prüfung der Einwendungen bleiben also gerade einmal drei Tage!
Die DUH konnte erreichen, dass die Antragsunterlagen für die Genehmigung eines LNG-Terminals in Lubmin den Umweltverbänden nun auch digital zur Verfügung gestellt werden. Sie können aber nach wie vor nicht heruntergeladen werden. Nach Berichten der DUH auf Twitter sei jedoch kein Speichern und keine Suchfunktion möglich. Auch sei der Zugang auf 24 Stunden beschränkt. Danach sei ein neuer Zugang zu beantragen, der vom Unternehmen Regas vergeben würde. Die DUH bezeichnete das als Schikane. Der Beteiligung der Öffentlichkeit würden Knüppel zwischen die Beine geworfen, wo es gehe. Das LNG-Projekt könne so nie genehmigt werden. Ansonsten wäre es ein Armutszeugnis für die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Antragsunterlagen passen in 4 Leitzordner. Nach C. Zerger (DUH) habe es dagegen allein für die Anbindungspipeline in Brunsbüttel 40 Ordner gegeben. Im Fall von Lubmin fehlten komplett die nautischen Unterlagen für die Anfahrbarkeit des Terminals und die damit verbundenen Störfallbetrachtungen. Eine Klimaprüfung gebe es nicht und so weiter.
Wie der SPIEGEL berichtete, ist das erste Tanklagerschiff für die Übernahme von verflüssigtem Erdgas auf dem Weg zu seinem Einsatzort in Lubmin an der deutschen Ostseeküste. Die »Neptune« soll als schwimmendes Terminal möglichst bald zum Einsatz kommen und importiertes, stark gekühltes Flüssigerdgas wieder in den gasförmigen Zustand verwandeln. Kleinere Schiffe sollen das Flüssigerdgas von einem auf der Ostsee liegenden Speicherschiff abnehmen, das wiederum von Tankern beliefert werden soll. Die kleineren Schiffe sollen das Flüssigerdgas dann durch den relativ flachen Greifswalder Bodden in den Lubminer Hafen zur »Neptune« transportieren.
»Wir werden technisch am 1.12. bereit sein«, sagte Stephan Knabe von der Deutschen Regas. Allerdings stehen noch Genehmigungen des zuständigen Landesamtes und der Bundesnetzagentur aus.
DUH: Verfahrensfehler beim Genehmigungsverfahren für das Regas-Terminal in Lubmin
8. November 2022: Die Antragsunterlagen für das geplante LNG-Terminal Lubmin sind ab dem 8. November für eine Woche einsehbar, aber nur in analoger Form. Die Antragsunterlagen des Investors liegen im Staatlichen Umweltamt in Stralsund und im Amt Lubmin öffentlich aus – während der normalen Bürozeiten und in mehreren Aktenordnern in Papierform. Einsicht ist nur nach vorheriger Terminabsprache möglich. Auf Wunsch der Regas GmbH wurde eine elektronische Veröffentlichung der Antragsunterlagen verweigert.
Die Deutsche Umwelthilfe beurteilte die ausschließlich analoge Veröffentlichung als Verfahrensfehler, der die weitere Durchführung des Genehmigungsprozesses gefährdet. Eine gesetzliche Pflicht zur elektronischen Veröffentlichung folge aus der 9. Bundesimmissionsschutzverordnung. Diese sei auch durch das LNG-Beschleunigungsgesetz nicht aufgehoben. Die zuständigen Ämter in Niedersachsen und Schleswig-Holstein hätten zuvor sämtliche Unterlagen für die dortigen LNG-Unterlagen auch elektronisch veröffentlicht.
Die DUH besteht darauf, dass die Unterlagen auch in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden müssten. Nur das erlaube einen umfassenden und schnellen Blick in das Mega-Projekt und sichere eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit. Auf Rückfrage der DUH bestätigte das zuständige Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern, dass es ein Entschluss des Vorhabensträgers, der Regas GmbH, gewesen sei, die Unterlagen entgegen der gesetzlichen Pflicht nicht elektronisch zu veröffentlichen. Die Regas GmbH plane, ein schwimmendes LNG-Terminal bereits zum 1. Dezember 2022 in Betrieb zu nehmen.
Auf Anfrage teilte die ReGas mit, man erfülle „vollumfänglich die vom Gesetzgeber für das Genehmigungsverfahren festgelegten Anforderungen“. Das Unternehmen habe sich bewusst gegen die elektronische Veröffentlichung der Unterlagen im Internet entschieden. Hintergrund sei vor allem die seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines und die Deutsche Bahn komplett neue Sicherheitslage. Ein ReGas-Sprecher erklärte außerdem, das LNG-Terminal sei „Bestandteil der systemrelevanten sensiblen Infrastruktur und ist von daher höchst schützenswert“. Das Unternehmen leitet daraus einen besonderen Geheimhaltungsbedarf ab. Die ReGas sagt auch, es wäre zudem nicht nachprüfbar, wer genau Einsicht in die Unterlagen nehmen würde.
Dazu Constantin Zerger, DUH-Leiter Energie und Klimaschutz: „Das Vorgehen der Behörden in Mecklenburg-Vorpommern ist absurd. Offenbar trifft das Amt für Landwirtschaft und Umwelt keine eigenständigen Entscheidungen, sondern folgt willfährig den Wünschen der Regas GmbH. Dieses Vorgehen erinnert in fataler Weise an die Unterstützung der Nord Stream 2 AG und an die Einrichtung der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV. Die Landesregierung muss ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisten, das auch den demokratischen Beteiligungspflichten gerecht wird.“
Die Landesregierung hat Kritik zurückgewiesen, sie wolle das in Lubmin geplante Flüssigerdgas-Terminal möglichst schnell durchwinken. Davon könne keine Rede sein, teilte ein Sprecher des Schweriner Umweltministeriums am 8.11. auf Anfrage mit. Berechtigte Einwände könnten das Projekt selbstverständlich verzögern oder gar verhindern. Umweltminister Till Backhaus (SPD) habe seit Beginn der Planung immer wiederholt, dass ihm unbedingt daran gelegen sei, das Verfahren rechtssicher durchzuführen.
Man gehe von zahlreichen Dokumenten aus, schrieb Constantin Zerger von der DUH auf Anfrage. „Diese Unterlagen nur physisch vor Ort durchschauen zu können, ist reine Schikane.“ Bei digitalen Dokumenten könnte man die Durchsicht aufteilen und einfach externe Expertise hinzuziehen. Zerger nannte das gewählte Verfahren eine „bewusste Sabotage der Öffentlichkeitsbeteiligung“.
Die Deutschen Regas argumentierte, man könne so eher nachvollziehen, wer sich die Unterlagen ansehe. Das wäre nicht der Fall wäre, wenn sich jeder die Unterlagen online herunterladen könnte. Die Hürden für den Missbrauch der Planungsunterlagen wären dann wesentlich niedriger. Sicherheitsberater und Anwälte hätten gerade nach den mutmaßlichen Angriffen auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee und Infrastruktur der Bahn dazu geraten.
Start des Genehmigungsverfahrens für das Regas-Terminal
29. Oktober 2022: Umweltminister Backhaus teilte mit, dass jetzt alle Unterlagen für den Antrag auf eine Genehmigung des FSRU vorlägen. Der Betreiber, die Deutsche ReGas, arbeitet weiter auf einen Start am 1. Dezember hin. Backhaus erklärte, es sei noch offen, ob bis Dezember eine Genehmigung erteilt werde. Das sei davon abhängig, wie viele und welche Einwände in dem entsprechenden öffentlichen Verfahren zwischen dem 8. und dem 21. November eingehen. Ein weiterer Faktor sei die Qualität der eingereichten Unterlagen, so Backhaus.
In dem für Regas ungünstigsten Fall könne sich das Verfahren bis zu 13 Wochen hinziehen. Laut Regas-Aufsichtsratschef Knabe arbeitet das Unternehmen darauf hin, bis Ende November alle nötigen Leitungen, Schiffe und sonstigen technischen Gegebenheiten vorbereitet zu haben. Dann hänge es nur noch an einer rechtssicheren Genehmigung.
Knabe teilte zudem mit, dass das am 21.10.22 zu Ende gegangenes Ausschreibungsverfahren für die Kapazitäten des Terminals erfolgreich abgeschlossen wurde. Es gebe mehr Nachfrage, als bedient werden könne. Aufgrund größerer Anlandeschiffe geht der Unternehmer davon aus, dass künftig jährlich statt 4,5 Milliarden Kubikmetern an regasifiziertem Flüssiggas bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter in das deutsche Gasnetz eingespeist werden können.
Corinna Cwielag, die Landesgeschäftsführerin des Umweltschutzverbands BUND, forderte einen Ausgleich für die Eingriffe in die Natur. Eine richtige Umweltverträglichkeitsprüfung sei in dem kurzen Zeitraum nicht durchzuführen. Zweifellos werde die Umwelt durch das LNG-Terminal beeinträchtigt. Es werde unter anderem mehr Schiffsverkehr im Vogelschutzgebiet geben. Wenn Meerwasser benutzt wird, um das aus dem flüssigen Rohstoff wieder Gas zu machen, werde dieses außerdem mit höherer Temperatur in den Bodden zurückgeleitet.
Von den Bündnisgrünen in Mecklenburg-Vorpommern hieß es, die Energiesicherheit habe für sie höchste Priorität. Dazu werde das LNG-Terminal beitragen. Gleichzeitig müsse klar sein, „dass die Genehmigung für den Import von fossilem Erdgas mit Blick auf die Klimaziele nach fünf Jahren neu bewertet und nach maximal zehn Jahren endgültig auslaufen muss“.
Zweifel am geplanten Zeitpunkt zur Fertigstellung des privaten FSRU Lubmin
18. Oktober 2022: Sechs Wochen vor der geplanten Inbetriebnahme der Anlandung von verflüssigtem Erdgas am 1. Dezember 2022 hat der Investor, die private Deutsche ReGas, noch immer nicht alle Antragsunterlagen eingereicht. Die Vorbereitungsarbeiten für das ehrgeizige Gas-Projekt am Greifswalder Bodden in Lubmin haben schon begonnen. Die Deutsche ReGas hat jedoch beim Staatlichen Umweltamt in Stralsund bisher nicht alle Papiere eingereicht, die für eine Genehmigungsentscheidung nötig sind.
Der für die Genehmigung zuständige Minister Till Backhaus (SPD) hatte die Deutsche ReGas bereits Ende Juli aufgefordert, die Unterlagen für das private LNG-Projekt schnell einzureichen. Allerdings will Backhaus die Sache „gerichtsfest“ haben und sich eine Niederlage vor einem Verwaltungsgericht sparen. Denn es gebe namhafte Kritiker wie die Deutsche Umwelthilfe. Die hat sich äußerst skeptisch zu dem Projekt geäußert. Nach Ansicht von Backhaus müssen auch „die Besonderheiten des Standorts Lubmin mit dem bestehenden atomaren Zwischenlager“ berücksichtigt werden. Was Backhaus meinte: Der Standort der Castoren mit dem radioaktiven Müll erschwere das Verfahren. Und es gibt wohl nicht nur dieses eine Sicherheitsbedenken.
Regas mit weiterem Partner schreibt LNG-Kapazitäten aus
28. September 2022: Das private LNG-Projekt in Lubmin erhält Unterstützung vom australischen Infrastrukurinvestor Macquarie Capital, dem Unternehmensberatungs-, Kapitalmarkt- und Hauptinvestitionszweig der Macquarie Group. Die Deutsche Regas teilte am 23.9.2022 mit, dass sich der Investor im Rahmen einer ersten Minderheitsbeteiligung einbringe. Ein von Macquarie Capital gegründetes Unternehmen solle außerdem technisch und betrieblich unterstützen (in 15 Jahren 13 schwimmende Regasifizierungsprojekte).
In Abstimmung mit der Bundesnetzagentur will die Deutsche Regas ab dem 10. Oktober 2022 Kapazitäten für den Gasimport ausschreiben. Die Deutsche Regas will in einer ersten Phase 4,5 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas jährlich am Standort Lubmin anlanden. Ab Dezember 2023 soll diese Kapazität durch ein weiteres Terminal auf 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr steigen. Auch für diese zweite Phase will der Betreiber bereits ab Oktober Kapazitäten ausschreiben. Die dort genannte Zahlen sollen jedoch lediglich indikativ sein. Eine verbindliche Ausschreibungsrunde soll erst später folgen.
Bauarbeiten im Hafen von Lubmin haben begonnen
21. September 2022: Am 20.9.2022 wurde mit den Bauarbeiten für das privat finanzierte Flüssigerdgas-Terminal der Deutschen ReGas begonnen. Der Kai soll umgebaut und der Hafen auf sieben Meter Tiefe ausgebaggert werden. Außerdem soll der Liegeplatz am Ostkai des Industriehafens für das LNG-Terminal durch einen Zaun gesichert werden.
Für diese Baumaßnahmen investiert die Deutsche ReGas nach eigenen Angaben einen zweistelligen Millionenbetrag. Die Arbeiten sollen im November abgeschlossen sein. Die Genehmigungen dafür liegen vor. Die Anträge für das LNG-Terminal sollen noch im September bei den Genehmigungsbehörden eingereicht werden.
Das Unternehmen Gascade plant den Bau des LNG-Anschlusses gemeinsam mit den Betreibern der NEL- und OPAL-Leitungen, die das angelandete Erdgas nach Deutschland und Europa weiterverteilen.
Ab dem 1. Dezember 2022 soll von ReGas das erste Flüssigerdgas in Lubmin angelandet werden. Vorgesehen ist, das Flüssigerdgas mit kleineren Shuttleschiffen von den vor Lubmin ankernden Großtankern in den Hafen zu bringen und dort bis zu 4,5 Mrd. Kubikmeter Gas ins deutsche Fernleitungsnetz einspeisen.
Eine 40 km lange Pipeline in der Ostsee bis zur Anlandestation in Lubmin
19. September 2022: Der Energiekonzern RWE und das norwegische Unternehmen Stena-Power wollen Lubmin als Standort für den Umschlag von Flüssigerdgas (LNG) ausbauen. Dazu sollen vor der Küste zwei Terminals entstehen, an denen das Flüssigerdgas von Tankschiffen in das bestehende Leitungsnetz eingespeist werden kann. Eine rund 40 Kilometer lange Pipeline soll von der neuen schwimmenden Plattform in der Ostsee parallel zu der nicht in Betrieb genommenen deutsch-russischen Gasleitung Nord Stream 2 gebaut werden, um Erdgas nach Lubmin zu leiten.
Bislang wurde russisches Erdgas aus der Ostsee-Pipeline über verschiedene Trassen in andere Teile Deutschlands und Europas weitergeleitet. Inzwischen hat Russland die Gaslieferung über die Leitung Nord Stream 1 eingestellt.
Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) informierte sich am 19. 9. 2022 gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) vor Ort über die aktuelle Situation. Dabei ging es vor allem um das vom Bund geplante Terminal des Energiekonzerns RWE und des norwegischen Unternehmens Stena-Power. Das Projekt sei eine Art Gastankstelle für Deutschland, so Habeck. Es solle von Mitte 2023 an helfen, die Energieversorgung Deutschlands abzusichern. Habeck und Schwesig betonten, dass die neue Infrastruktur zudem in der Lage sei, zukünftig Wasserstoff zu transportieren, der zum Beispiel auch in Lubmin hergestellt werden soll.
Der Bund und das Land wollen fast eine Viertel Milliarde Euro (237 Mio. Euro) investieren, um die Häfen in Rostock und Lubmin so auszubauen, dass mehr Öl und Flüssigerdgas (LNG) angelandet werden können. Außerdem soll Geld in die Regionen rund um die beiden Hafenstandorte investiert werden, unter anderem auch um der künftig größeren Rolle von Wasserstoff als Energieträger gerecht zu werden.
Bayern unterstützt LNG-Terminals in Lubmin
31. August 2022: Der bayrische Ministerpräsident Söder (CSU) sprach am 30.8.22 mit seiner Amtskollegin Manuela Schwesig (SPD). Söder sagte, für Deutschland seien die LNG-Bemühungen an der Ostsee fast wichtiger als entsprechende Projekte an der Nordsee. Eine Leitung verlaufe über viele Bundesländer und Tschechien direkt nach Bayern.
Gebaut wurde die Infrastruktur in großen Teilen für die beiden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2. In Lubmin befanden sich am Dienstag schon Bagger, die das Hafenbecken noch einmal auf die Norm-Tiefe ausbaggern. Das Material für eine notwendige Anschlussleitung ist nach Aussage einer Sprecherin des zuständigen Unternehmens schon bestellt.
Doch der Zeitplan ist vor allem mit Blick auf Genehmigungsverfahren ehrgeizig. Deshalb will Bayern mit Personal aushelfen, das die Behörden im Nordosten unterstützen soll. Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten die beiden Länderchefs an Deck eines Ausflugsschiffs auf dem Greifswalder Bodden.
Die Pläne für das staatlich unterstützte LNG-Terminal in Lubmin sind nicht ausgereift
4. August 2022: Die Bundesregierung plant ein weiteres LNG-Terminal in der Ostsee vor Lubmin. Eine Inbetriebnahme durch den Enerergiekonzern RWE und die norwegische Stena-Powerist ist bis Ende 2023 geplant. Noch sind aber viele Fragen offen.
Auf Anfrage des NDR gab sich RWE in Essen betont zurückhaltend. Offen blieb, wie lange die Gespräche mit der Regierung dauern werden. Unbeantwortet sind die Fragen, mit welchen Kosten gerechnet wird und wie die Aufgabenverteilung zwischen RWE und der norwegischen Stena Power aussieht. Unbeantwortet blieb auch die Frage, ob das geplante LNG-Projekt des privaten Investors deutsche ReGas ein Hindernis sei. ReGas will seine Anlage bereits am 1. Dezember in Betrieb nehmen. Der Bund will erst ein Jahr später nachziehen.
Der Greifswalder Bodden gilt wegen seiner geringen Tiefe als ökologisch sensibel. Um dort Rohre zu verlegen, dürften erhebliche Ausgleichsmaßnahmen nötig sein. Das Ministerium erklärte auf NDR-Anfrage, es sei nicht geplant, die Pipelines Nord Stream 1 oder Nord Stream 2 zu nutzen. Umweltminister Backhaus (SPD) hatte jüngst erklärt, auch die „Besonderheiten des Standorts Lubmin mit dem bestehenden atomaren Zwischenlager“ müssten berücksichtigt werden.
In Lubmin sind zwei schwimmende LNG-Terminals geplant
2. August 2022: Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Betreiber eines schwimmenden Terminals in Lubmin, das mit Unterstützung der Bundesregierung gebaut werden soll, veröffentlicht: Das FSRU soll vom Energiekonzern RWE und der norwegischen Stena-Power betrieben werden. Die Inbetriebnahme ist frühestens Ende 2023 vorgesehen.
Das erste private Terminal der Firma Regas soll am 1. Dezember 2022 seinen Betrieb aufnehmen. 100 Millionen Euro stehen den privaten Interessenten für das Projekt zur Verfügung.
Das Unternehmen will jährlich 4,5 Milliarden Kubikmeter von Tankern angeliefertes Erdgas in das deutsche Netz einspeisen. Bei den notwendigen Genehmigungen steckt das Projekt aber offenbar noch in den Kinderschuhen. Bei den zuständigen Behörden sind nämlich laut Medienberichten noch keine entsprechenden Unterlagen eingegangen. Am 2. August wurde vom Abendblatt mitgeteilt, eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe der Landesregierung werde erstmals mit dem Unternehmen Regas beraten, wie das Genehmigungsverfahren für die geplante LNG-Anlandung in Lubmin zügig durchgeführt werden könne.
Eine Herausforderung für die Terminals vor Lubmin ist die geringe Wassertiefe der Ostsee. Die LNG-Tanker sollen deshalb vor dem Greifswalder Bodden ankern. Dort wird das LNG den Regas-Plänen zufolge in kleinere Tanker umgeladen und nach Lubmin gebracht. Drei Shuttleschiffe sind dafür vorgesehen. Umweltbeeinträchtigungen gebe es den Angaben zufolge praktisch keine, da unter anderem die bestehende Infrastruktur genutzt würde. Vom Liegeplatz seien es nur 450 Meter bis zum Fernnetz mit den Leitungen Eugal und Nel.

Der DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner drückte Skepsis gegenüber der Deutschen Regas aus. Deren Verantwortlichen seien neu in der Branche, würden ein weltweit neues Verfahren bei der Anlandung anwenden und ständen unter Zeitdruck. Müller-Kraenner: „Wir behalten uns zumindest rechtliche Schritte innerhalb des Genehmigungsverfahrens vor.”
19. Juli 2022: Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) wurde heute mitgeteilt, dass die schwimmenden LNG-Terminals (FSRU) Nummer 3 und 4 in Stade und in Lubmin errichtet werden sollen. Für vier FSRU hat das BMWK LNG-Schiffe gemietet.
Zwei Bundes-Schiffe zur Anlandung und Regasifizierung von LNG stehen bereits in diesem Jahr zur Verfügung und sollen zum Jahreswechsel in Wilhelmshaven an der Nordsee und in Brunsbüttel an der Elbmündung eingesetzt werden. Die anderen beiden Bundes-Schiffe sollen ab Mai 2023 verfügbar sein.
Nach Angaben der Betreiber soll die FSRU-Anlage auf See vor Lubmin frühestens ab Ende 2023 zur Verfügung stehen.
Zudem soll in Lubmin bis Ende 2022 ein fünftes schwimmendes LNG-Terminal durch ein privates Konsortium mit dem Namen Deutsche Regas entstehen. Regas setzt auf eine Bündnis mit dem französischen Energieriesen TotalEnergies, von dem alle Schiffe gechartert werden sollen. Der NDR hat Zweifel an der Seriosität dieses Projekts geäußert.
Ein weiteres LNG-Schwimmterminal nach Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Lubmin
14. Juli 2022: Die Bundesregierung und die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern unterstützen Pläne des Unternehmens Deutsche Regas zur Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) in Lubmin bei Greifswald. In Lubmin gibt es eine umfangreiche Gas-Infrastruktur. Von hier aus führen Gasleitungen nach Westen und Süden. Als Nachteil von Lubmin für den Flüssiggas-Transport mit Tankern galt, dass die Ostsee dort relativ flach ist.
Das mittelständische Unternehmen Deutsche Regas, hinter dem der Investor Ingo Wagner und der Unternehmensberater Stephan Knabe stehen, will in Lubmin in großem Stil LNG importieren. Das hierfür nötige Spezialschiff (FSRU) habe man sich bereits gesichert. Aufgrund der relativ geringen Wassertiefe des Greifswalder Boddens soll das Gas zunächst auf einem Tanker zwischengelagert und mit kleineren Schiffen an Land gebracht werden. Geplant wird, bis zu 4,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich in das deutsche Fernleitungsnetz einzuspeisen. Das erste Flüssiggas soll bereits im Dezember in Lubmin anlanden. Dafür müssten im September die Bauarbeiten starten.
Ein entsprechendes Eckpunktepapier unterzeichneten Vertreter der Firmen Deutsche Regas und des französische Energiekonzerns Totalenergies am 13.7.2022 in Rostock. Das FSRU solle von den Franzosen gechartert werden. Das Projekt ist laut Investoren zunächst ohne staatliche Finanzierung geplant.
Der Rostocker Hafen ist unterdessen vorerst raus als möglicher Standort zur Anlandung von LNG. Unter derzeitigen Bedingungen könne nicht sowohl Rohöl als auch LNG angelandet werden. Die Anlandung mit einem schwimmenden Terminal soll dennoch weiterverfolgt werden. Angedacht sei das für eine sogenannte zweite Phase der LNG-Versorgung Deutschlands nach entsprechenden Vorarbeiten.