Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

LNG-Terminals in Lubmin und vor Rügen

Allgemeine Informationen zu verflüssigtem Erdgas und zu LNG-Terminals finden sich hier.


DIW-Gutachten: LNG-Projekt vor Rügen überflüssig und klimaschädlich

23. September 2023:   Expert:innen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Technischen Universität Berlin haben das geplante Rügener Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in einer aktuellen Analyse als überflüssig und klimaschädlich bezeichnet. Es gebe weder energiewirtschaftliche noch industriepolitische Argumente für die Entwicklung des LNG-Projekts Mukran. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern solle sich gegen das Industrieprojekt Mukran aussprechen, welches energiewirtschaftlich nicht notwendig sei, keine alternativen ökonomische Perspektiven im Bereich Wasserstoffwirtschaft biete und gleichzeitig die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung auf Rügen gefährde, so das Fazit der wissenschaftlichen Studie.

Die Deutsche Umwelthilfe hatte die Studie in Auftrag gegeben. Sie forderte die Bundesregierung auf, Finanzmittel stattdessen für energiewende-kompatible Projekte zu nutzen. Ein Flüssigerdgas-Terminal vor Rügen zur Vermeidung von Kapazitätsengpässen nach Ostdeutschland und Osteuropa sei nicht notwendig. Engpässe könnten durch Flussumkehr auf bestehenden Pipelines beseitigt werden. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner erklärte am 22.9.23, mit dem LNG-Projekt auf Rügen werde „ein Gespenst, das es nicht gibt“, bekämpft. Die Bundesregierung müsse sich nun mit den Ergebnissen der Studie auseinandersetzen.

Unterdessen reichte der Betreiber die ersten Unterlagen für das eigentliche Terminal in Mukran ein. Es geht dabei um eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für die Stationierung und den Betrieb zweier Spezialschiffe, die im Hafen von Mukran per Schiff geliefertes LNG aufnehmen, zurück in den gasförmigen Zustand bringen und über eine Pipeline ins Gasnetz einspeisen sollen. Vorhabenträger ist die Deutsche Regas, die bereits ein solches Spezialschiff (Floating Storage and Regasification Unit, kurz FSRU) in Lubmin betreibt. Das Schiff soll nach Mukran verlegt werden, und es soll eine weitere FSRU hinzukommen.


Aktivisten von Ende Gelände und von Greenpeace gegen die Anbindungsleitung vor Rügen

23. und 21. September 2023:   Bei einer Demonstration gegen das geplante LNG-Terminal auf Rügen ist es Aktivist:innen von Ende Gelände gelungen, Zäune zu überwinden und auf dem Hafengelände von Mukran auf bereit liegende Rohre für die geplante Pipeline zu klettern. Die Demonstranten hatten kurz zuvor den Protestzug verlassen. Der Polizei gelang es zunächst nicht, die Aktivisten von ihren Plänen abzuhalten. An der Demonstration, die am Samstagmittag in Sassnitz begonnen hatte, beteiligten sich laut Polizei insgesamt rund 700 Menschen.

Gestartet war die Demonstration am Vormittag in Sassnitz im Nordosten der Insel in der Nähe des Hafens Mukran. Auf dem Kundgebungsplatz, mit der Ostsee im Rücken sprachen etwa ein Dutzend Engagierte von lokalen Initiativen und Umweltverbänden. Radikale Ka­pi­ta­lis­mus­geg­ne­r:in­nen mit Schlauchschals vermischten sich mit Anwohner:innen, die davon berichteten, wie durch die Arbeiten jetzt schon der Strand vibriere. Eine Vertreterin des Gemeinderats fasste die Stimmung zusammen: „Nicht aufgeben, bis das Ding nicht wirklich durch ist.“ Der anwesende Bürgermeister von Sassnitz, Leon Kräusche, Befürworter des Projekts, traute sich trotz Aufforderung nicht ans Mikrofon. Die Menge skandierte: „LNG – diese Insel kriegst Du nie.“

Angeführt wurde der Demonstrationszug von Mitgliedern der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen. Dem Block von etwa 200 Menschen folgte der Ende Gelände-Block mit 400 Teil­neh­me­r:in­nen in weißen Maleranzügen. Nach über zweistündigem Fußmarsch brach der Block aus; die eine Hälfte verschaffte sich Zugang zum Hafengelände. Ein weiterer Finger, der ebenfalls Rohre besetzten wollte, die vor der Küste aufgestapelt waren, wurde nach dem Überwinden eines Zaunes von der Polizei gestoppt. Die Ak­ti­vis­t:in­nen konnten sich daraufhin wieder dem verbliebenen Demozug anschließen.

Die taz kommentierte am 24.9.2023: „Die Grünen stehen mit dem Festhalten an der damaligen Entscheidung auf der falschen Seite der Geschichte. Doch noch ist es nicht zu spät zurückzurudern.“

 

Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace haben zuvor im Greifswalder Bodden kurzzeitig die Verlegung der Rohre für das Rügener Terminal für Flüssigerdgas (LNG) blockiert. Auf dem Wasser bei Lubmin seien in einer unangemeldeten Aktion vier bis fünf Schlauchboote rund um den Pipelineverleger »Castoro 10« unterwegs, sagte eine Polizeisprecherin. Zwei Menschen seien zudem auf einen Pipelineabschnitt geklettert und hätten dort ein Banner aufgehängt. Darauf war »Gas zerstört!« zu lesen.

Greenpeace selbst teilte mit, dass sich einige der Aktivisten auf der »Castoro 10« an einem der dort liegenden Rohre festgemacht hätten. Die Organisation ist nach eigenen Angaben mit rund 30 Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort.

Die etwa 50 Kilometer lange Leitung soll durch den Bodden, um den Südosten Rügens herum bis nach Mukran im Norden der Insel verlegt werden. Hier sollen zwei Spezialschiffe das per Schiff gelieferte LNG wieder in den gasförmigen Zustand bringen und einspeisen.

Greenpeace: Eine Studie des Institute for Energy Economics and Financial Analysis kommt zu dem Schluss, dass die derzeitigen europäischen Ausbaupläne bis 2030 LNG-Importkapazitäten von 400 Milliarden Kubikmetern ergeben, der prognostizierte Bedarf bis dahin aber bei maximal 190 Milliarden Kubikmetern liegt. Laut ihrer Analyse wird die Auslastung der jetzt entstehenden Infrastruktur im Jahr 2030 nur 36 Prozent betragen und demnach ein Großteil als “stranded assets” (verlorene Vermögenswerte) ungenutzt bleiben. 

Mit dieser Pipeline wird der Klimaschutz versenkt. Mit überdimensioniertem LNG-Ausbau wie hier an der Ostsee hält Deutschland weitere Jahre an zu hohem Gasverbrauch fest. Das können wir uns angesichts der Klimakrise nicht mehr leisten.  Karsten Smid, Energieexperte

Auch Klage des Nabu gegen die Anbindungsleitung abgewiesen

20. September 2023:  Die Klage der Naturschutzorganisation Nabu richtete sich gegen die Genehmigung des ersten Seeabschnitts der Anbindungspipeline des geplanten Terminals. Die insgesamt rund 50 Kilometer lange Leitung soll das Terminal in Mukran im Norden Rügens mit dem Gasleitungsknotenpunkt in Lubmin verbinden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigte am 20.9.23 eine entsprechende Entscheidung. Vergangene Woche hatte es schon einen entsprechenden Antrag auf Rechtsschutz der Deutschen Umwelthilfe (DUH) abgelehnt.

Die Begründung der Entscheidung entspricht laut Gericht in wesentlichen Teilen der Begründung der Entscheidung zum DUH-Antrag. Das Gericht hatte darin nach summarischer Prüfung mitgeteilt, die beklagte Genehmigung gehe mit Blick auf die kommenden Heizperioden zu Recht davon aus, dass die Gasversorgungskrise anhält. Das Gericht berief sich auch auf die Einschätzung der Bundesnetzagentur, die einen zusätzlichen Bedarf an Einspeisemöglichkeiten für LNG sehe.

Die Klage an sich ist wie schon im Fall der DUH mit der Ablehnung des Eilantrags nicht entschieden. Ebenso liegt noch eine Klage der Gemeinde Binz samt Eilantrag in Leipzig vor.

Noch im kommenden Winter soll das Terminal nach Vorstellungen der Bundesregierung betriebsbereit sein. Sie hält das Terminal in Mukran unter Verweis auf die Energieversorgungssicherheit für notwendig. Kritiker sprechen hingegen von nicht benötigten Überkapazitäten und sehen die Umwelt und den für Rügen wichtigen Tourismus gefährdet.

Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des Nabu hatte nach eigenen Angaben einen Baustopp beantragt, um insbesondere Baggerarbeiten an gesetzlich geschützten Riffen zu verhindern. Laut Nabu sei eine Schädigung nicht zweifelsfrei ausgeschlossen worden.

Landesgeschäftsführerin Rica Münchberger: »Insgesamt führt die Entscheidung zu einer Niederlage für die Natur. Der Beschleunigungsrausch der Bundesregierung wirkt sich in Verfahren wie dem vorliegenden in gravierender Weise auf den Rechtsschutz aus.«


Das Bundesverwaltungsgericht lehnt einen Baustopp für die Anbindungsleitung ab

14. September 2023:  Die Anbindungspipeline, die das Rügener Terminal für Flüssigerdgas an das Gasnetz anschließen soll, kann weitergebaut werden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat ihr Ziel eines Baustopps vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verfehlt.

Somit kann das Spezialschiff „Castoro 10“ den Anfang der Woche gestarteten Pipeline-Bau im Greifswalder Bodden fortsetzen. Etwa 50 Kilometer lang soll die Leitung werden, vom Gasleitungsknotenpunkt in Lubmin, wo auch die deutsch-russischen Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 anlanden, durch den Bodden, um den Südosten Rügens herum bis nach Mukran im Norden der Insel. Hier sollen zwei Spezialschiffe das per Schiff gelieferte LNG wieder in den gasförmigen Zustand bringen und einspeisen.

Der Bund strebt an, dass das umstrittene Terminal noch im kommenden Winter in Betrieb gehen kann – ein enger Zeitplan. Arbeiten und Genehmigungen erfolgen im Eiltempo und für Kritiker zu schnell. Sie sprechen von nicht benötigten Überkapazitäten und sehen die Umwelt und den für Rügen wichtigen Tourismus gefährdet.

Bundeswirtschaftsminister Habeck hat das geplante LNG-Terminal auf Rügen gegen die teils scharfe Kritik auf der Insel verteidigt. „Unter dem Strich geht es um ein Projekt, das Bestandteil der nationalen Energiesicherheitsstrategie ist“, sagte Habeck am Rande einer Konferenz in Rostock. Auch wenn bei der Gasversorgung die Notlage gebannt sei, sei sie nicht überwunden.

Auch das Bundesverwaltungsgericht teilte nun nach summarischer Prüfung mit, die beklagte Genehmigung gehe mit Blick auf die kommenden Heizperioden zu Recht davon aus, dass die Gasversorgungskrise anhält. Es beruft sich auch auf die Einschätzung der Bundesnetzagentur, die einen zusätzlichen Bedarf an Einspeisemöglichkeiten für LNG sehe. Der DUH gelang es demnach nicht, diese Einschätzung zu erschüttern. Die Erfolgsaussicht der DUH-Klage erweise sich „derzeit als voraussichtlich unbegründet“. Somit wurde auch der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt.

Die Klage an sich, die sich gegen die im August ergangene Genehmigung des ersten Seeabschnitts der Anbindung richtet, ist damit noch nicht entschieden. Außerdem sind in Leipzig auch entsprechende Klagen samt Eilanträgen der Gemeinde Binz und des Naturschutzbundes (Nabu) anhängig.

Nach der gerichtlichen Entscheidung gegen einen Baustopp verlangt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Streit um das Rügener Flüssigerdgas-Terminal zusätzliche Einsicht in Unterlagen. Dabei gehe es auch um Dokumente zur Genehmigung der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2, teilte die DUH am Donnerstag mit. Nur so sei ein faires Verfahren gewährleistet, da sich die für das LNG-Projekt zuständige Behörde auf Gutachten aus den Nord-Stream-2-Akten stütze.

„Wir werden vom Bundesverwaltungsgericht vollumfängliche Einsicht in alle vorliegenden Akten und Gutachten fordern und unsere weiterhin bestehenden Bedenken in Sachen Natur- und Klimaschutz im nun bevorstehenden Hauptverfahren vorbringen“, teilte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner mit. Bei der Genehmigung habe sich die verantwortliche Behörde auf bisher unveröffentlichte und veraltete Umweltgutachten berufen.

Mit der Entscheidung des Eilantrags ist noch nicht die Klage an sich entschieden. Auch weitere entsprechende Klagen inklusive Eilanträgen vom Nabu und der Gemeinde Binz liegen in Leipzig vor. Das Leipziger Gericht hatte sich in seiner Mitteilung unter anderem auf die Einschätzung der Bundesnetzagentur bezogen, die einen zusätzlichen Bedarf an Einspeisemöglichkeiten für LNG sehe.


Proteste und Klagen gegen die Anbindungsleitung Mukran – Lubmin

13. September 2023:   Im Hafen von Mukran auf Rügen soll ein LNG-Terminal entstehen. Dazu soll eine 50 km lange Pipeline am Meeresgrund bis nach Lubmin verlegt werden. Am 7. September 2023 protestierten dagegen 25 Greenpeace-Aktivist:innen zu Land und auf dem Wasser.

Am frühen Morgen waren sie mit Schlauchbooten in den Hafen Mukran gefahren. Nach Polizeiangaben hinderten sie zwei Transportschiffe am Auslaufen, von denen zumindest eines mit Pipeline-Röhren beladen gewesen sei. Zudem wurden die Schiffe bemalt mit dem Slogan «No New Gas!» («kein neues Gas!»).

Außerdem kletterten Aktivisten auf einen Kran, der für die Verladung der Röhren eingesetzt wird, und befestigten dort ein Banner mit der Aufschrift «Gas zerstört». Greenpeace kritisierte, die Pipeline solle durch mehrere Meeresschutzgebiete verlaufen.

Bis zum späten Vormittag hatten nach Polizeiangaben alle Aktivisten das Gelände wieder verlassen. Nach vorläufigen Angaben seien insgesamt etwa 15 Menschen vom Gelände begleitet worden, sagte ein Polizeisprecher. Ihre Personalien seien festgestellt und Platzverweise erteilt worden. Nach der Aktion stehen laut Polizei als mögliche Delikte das Abhalten einer unangemeldeten Versammlung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Gefährdung des Schiffsverkehrs im Raum.

Ein Sprecher des Gasnetzbetreibers Gascade sagte, die Transportschiffe hätten trotz der Aktion den Hafen verlassen können. Außerdem habe das kürzlich im Baugebiet eingetroffene Verlegeschiff ohnehin schon Röhren geladen gehabt. Die rund 50 Kilometer lange neue Leitung soll vom Hafen Mukran auf Rügen, wo per Schiff angeliefertes LNG wieder in Gas umgewandelt werden soll, bis zum Gasleitungsknotenpunkt nach Lubmin verlaufen.

Greenpeace: „Die aktuellen Planungen der Bundesregierung für neue LNG-Terminals (sind) massiv überdimensioniert. Zu diesem Ergebnis kommen u. a. Studien vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und New Climate Institute. Laut LNG-Beschleunigungsgesetz vom 12. Juli 2023 sind an fünf Standorten acht schwimmende und drei feste LNG-Terminals geplant. Eines davon: In Mukran auf Rügen. Das ist wirtschaftlich blödsinnig, für die Umwelt eine Belastung und klimapolitisch ein Wahnsinn.“

Nach der Gemeinde Binz und der Deutschen Umwelthilfe geht nun auch die Umweltschutzorganisation NABU juristisch gegen das geplante LNG-Terminal auf Rügen vor. Der NABU Mecklenburg-Vorpommern hat dazu einen Eilantrag beim Bundesverwaltungsgericht gestellt. Gefordert wird ein sofortiger Baustopp im Greifswalder Bodden, wo eine Erdgas-Pipeline zwischen Rügen und Lubmin verlegt werden soll und bereits gebaggert wird.

Das Bergamt Stralsund hatte ein Ersuchen des NABU Mecklenburg-Vorpommern abgelehnt, die vorzeitigen Baggerarbeiten zu stoppen. „Die geplanten Leitungen verlaufen durchgehend durch Natura-2000-Gebiete und gesetzlich geschützte Biotope“, kritisiert NABU-Landesgeschäftsführerin Dr. Rica Münchberger. „Diese werden durch den Bau zerstört beziehungsweise beschädigt.“ Diese Umweltzerstörungen habe das Bergamt im Genehmigungsverfahren völlig unzureichend und auch fehlerhaft bewertet.

Das Schiff „Castoro 10“ zur Pipelineverlegung liegt seit einigen Tagen im Greifswalder Bodden und schon gibt es die ersten Beschwerden. Anwohner klagen seit dem 5.9. über den Lärm, der vor allem in der Nacht so laut sei, dass Schlaf unmöglich sei. Kinder hätten übermüdet zur Schule gehen müssen.

Im Inneren des Schiffes werden bereits angelieferte Rohrsegmente verschweißt und zu einem durchgängigen Strang zusammengeführt. In einem ersten Schritt habe man deshalb das Verlegeschiff nachts von der Küste weggezogen, damit weniger Lärm zur Küste dringt. Außerdem seien im Schiff Motoren abgestellt worden, die nicht zwingend benötigt werden, so der Gasnetzbetreiber Gascade.

Die „Castoro 10“ ist für den Bau der Anbindungspipeline des umstrittenen Rügener Flüssigerdgas-Terminals nach Lubmin gekommen. Von dort aus soll die Verlegung durch den Greifswalder Bodden starten. In ein paar Tagen wird sich das Schiff laut Gascade von der Küste fortbewegen und zunächst rund 500 Meter Erdgaspipline pro Tag Richtung Mukran verlegen. Dann soll auch der Geräuschpegel weiter abnehmen.

Nach Plänen des Bundes soll das Terminal im Norden Rügens noch im kommenden Winter betriebsbereit sein – ein enger Zeitplan. Nach Auffassung der Bundesregierung ist das Terminal wichtig für die Sicherheit der Energieversorgung auch im Falle eines kalten Winters oder falls andere Lieferwege ausfallen sollten. Kritiker sprechen hingegen von nicht benötigten Überkapazitäten und fürchten um die Umwelt Rügens und den für die Insel wichtigen Tourismus.


Die Bundesregierung stellt Gegenleistungen für das LNG-Terminal auf Rügen in Aussicht

2. September 2023:  Die Bundesregierung will offenbar die Gegner eines LNG-Terminals im Hafen Mukran durch teure Infrastrukturprojekte besänftigen und verhandelt deshalb mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns über millionenschwere Investitionen in die Infrastruktur des Landes. Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte die möglichen Absprachen als „schmutzigen Deal“ und bezeichnete die Verhandlungen sogar als „Schweinerei“. Mögliche Absprachen über Großinvestitionen in Mecklenburg-Vorpommern im Gegenzug für die Zustimmung zum LNG-Projekt des Bundes tat die DUH im Voraus als unzulässig ab.

Das Wirtschafts- und das Umweltministerium in Schwerin hatten Ende Mai vom Bund Geld für Maßnahmen gefordert. Damit solle in Mecklenburg-Vorpommern die Akzeptanz des LNG-Terminals gesteigert werden, das der Bund in Mukran auf Rügen bauen lassen will und das besonders auf der Insel auf Widerstand stößt. Am 6. Mai 2023 hatte die Ostsee-Zeitung von einem Zehn-Punkte-Plan der FDP berichtet, beim Bund möglichst viel für die Region herausholen mit neuen Straßen, Bahn-Verbindungen und grüner Energie für Rügen.

Aus einem Brief des Ostbeauftragten Carsten Schneider (SPD) an die Ampel-Fraktionen im Bundestag geht hervor, dass Bund und Land aktuell über solche Vorschläge verhandeln. Die Ostsee-Zeitung berichtete, dass fast 70 Millionen Euro für den Ausbau des Hafens Mukran und bis zu 750 Millionen Euro für den Ausbau einer Bahnstrecke zwischen Berlin und Vorpommern im Gespräch seien.

In dem Schreiben Schneiders, der auch Ständiger Beauftragter des Bundes für Mukran ist, heißt es, Bund und Land seien in intensiven Gesprächen. Neben dem Ausbau des Hafens Mukran wird die Realisierung der Schienenstrecke Berlin – Angermünde – Pasewalk – Stralsund – Sassnitz – Mukran erwähnt. Mögliche Investitionssummen werden nicht genannt.

Das Land hatte in seinem Forderungskatalog für das Bahnprojekt etwa 500 Millionen Euro veranschlagt. Demnach geht es etwa um eine Erhöhung der Streckengeschwindigkeit auf 160 Kilometer pro Stunde bis Stralsund.

Die Bundesregierung strebt an, das Terminal im kommenden Winter betriebsbereit zu haben. Es werde für die Energieversorgungssicherheit gebraucht. Ministerpräsidentin Schwesig soll dem geplanten LNG-Terminal weiter kritisch gegenüberstehen. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass solch ein Projekt auf Akzeptanz beim Tourismus und auch bei den Bürgerinnen und Bürgern stoßen muss“, sagte Schwesig am 31.8.23 in Schwerin. Bisher sei es dem Bund aber nicht gelungen, durch das Projekt einen Vorteil für die Bürger der betroffenen Regionen zu schaffen. Zu möglichen Gegenleistungen wie den in Schneiders Schreiben erwähnten Infrastrukturprojekten wollte Schwesig sich nicht direkt äußern.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Meyer (SPD) wies darauf hin, dass rechtsstaatliche Genehmigungsverfahren unabhängig von solchen Gesprächen verliefen. „Ganz ganz wichtig ist, über LNG hinaus zu schauen in die Zukunft, die heißt Wasserstoff“, so Meyer weiter. Ob er sich damit auf den Ausbau des Hafens in Mukran bezog, ließ er offen.

Die Gemeinde Binz läuft seit Monaten Sturm gegen das Projekt. Nach Ansicht von Gemeindevertretern bedroht es die Umwelt und den für die Insel wichtigen Tourismus. Außerdem würden die Kapazitäten nicht benötigt. Binz hat beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen das geplante LNG-Terminal geklagt. Die durch den Bevollmächtigten Reiner Geulen eingereichte Klage richtet sich gegen die Genehmigung des Bergamtes Stralsund für einen Teil der Anbindungspipeline. »Die Gemeinde Binz hat mit der Klageerhebung einen sofortigen Baustopp beantragt«, hieß es. Die Gemeinde wende sich in Gänze gegen die geplanten Industrieanlagen.

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte bereits eine entsprechende Klage und die Beantragung eines sofortigen Baustopps angekündigt. Die DUH schrieb kürzlich: „Letzte Woche wurde der erste Seeabschnitt der überdimensionierten 50 km langen LNG-Pipeline auf dem Boden der Ostsee vom Bergamt Stralsund genehmigt. Das ist der Auftakt für massive Schäden am sensiblen Ökosystem des Greifswalder Boddens. Dabei sind die Bewohnerinnen und Bewohner der Ostsee bereits heute Klimakrise, Stellnetzfischerei und Verschmutzung ausgesetzt. Das Leben zahlreicher Tiere hängt an den vielen Naturschutzgebieten in der Region, darunter bedrohte Arten wie der Ostseeschweinswal, der Ostseehering oder die Kegelrobbe. Wir lassen nicht zu, dass diese wertvollen Rückzugsräume für die geschundene Natur der Ostsee zur Baustelle für das LNG-Flüssigerdgas-Terminal werden.

In der geplanten LNG-Anlage in Lubmin ging es dank Scholz LNG-Beschleunigungsgesetz bereits rekordverdächtig schnell voran, nun sollen zwei Terminals auf Rügen stationiert werden. Es droht die Zerstörung von Riffen, Seegraswiesen und Sandbänken, begleitet von zunehmendem Unterwasserlärm, der Seevögel vertreibt, Laichgebiete gefährdet und die verbliebenen Ostseeschweinswale unter enormen Stress setzt. Das Absurde: Laut Studien beträgt Deutschlands Versorgungslücke höchstens sieben Milliarden Kubikmeter, aber es werden Kapazitäten von 70 Milliarden Kubikmetern geplant. 

Rügen ist dabei ein Symbol für den fossilen Kurs der Regierung. … Langfristige Lieferverträge für fossiles Gas aus den USA und Katar lassen erkennen, dass Deutschland noch über 20 Jahre mit klimaschädlichem Erdgas versorgt werden soll. Die beiden schwimmenden Anlagen im Hafen von Mukran könnten bis Ende 2043 betrieben werden. Unter dem Deckmantel der Versorgungssicherheit hat das Kanzleramt rigoros an den Menschen und der Umwelt vorbei entschieden, die von den Terminals betroffen sein werden. Die übergroße Mehrheit der Anwohnerinnen und Anwohner ist gegen den Bau der LNG-Monster, sie bangen um ihre Lebensgrundlage und vor allem um ihre Schutzgebiete.

Wir klagen gegen die Genehmigung der geplanten LNG-Erdgas-Pipeline und beantragen einstweiligen Rechtsschutz sowie aufschiebende Wirkung, um somit den Baubeginn bis zur Klärung der rechtlichen Fragen zu stoppen. Die rechtlich angreifbare Entscheidung der Behörde darf nicht zu irreparablen Schäden führen, denn bereits der Bau belastet das Ökosystem unumkehrbar.“

Als Maßnahmen gegen die Errichtung des geplanten LNG-Terminals in Mukran sieht die DUH außer rechtlichen Schritten und Protesten gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern von Rügen auch Gutachten vor, um zu beweisen, dass der behauptete Gasbedarf im Osten Deutschlands an den Haaren herbeigezogen sei.


Dänemark und Schweden fragen nach den LNG-Anbindungsleitungen

16. August 2023:   Erhalten die Nachbarstaaten Dänemark, Schweden und Polen bei der Genehmigung der Anbindungs-Pipeline für das Rügener Flüssigerdgas-Terminal eine Mitsprache? Mindestens Dänemark und Schweden haben sich jüngst an Deutschland gewandt und nach Informationen zu dem Projekt gefragt. Das teilten die Zuständigen in den Nachbarländern auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Nach der sogenannten Espoo-Konvention müssen möglicherweise betroffene Nachbarstaaten vor der Genehmigung eines Projekts im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung beteiligt werden. Dies ist im Genehmigungsverfahren für die insgesamt rund 50 Kilometer lange Anbindungsleitung durch den Greifswalder Bodden und entlang Rügens Küste bis zum geplanten LNG-Terminal in Mukran nicht passiert.

Kein Bedarf, heißt es vom Schweriner Wirtschaftsministerium, weil sich das Vorhaben ausschließlich in deutschen Küstengewässern befindet. Auswirkungen auf das Gebiet benachbarter Staaten seien nicht zu erkennen. Der Gasnetzbetreiber und Vorhabenträger Gascade argumentiert, laut LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) könne auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden.

Anders sieht es die Umweltstiftung WWF: «Eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung, die der Espoo-Konventionen folgt, ist unabdingbar», schreiben die Umweltschützer in einer Stellungnahme. Erhebliche Eingriffe in die Meeresnatur im deutschen, dänischen, schwedischen und polnischen Naturraum könnten nicht ausgeschlossen werden.

Die Konvention greife speziell auch bei großen Pipelines. Der WWF verweist etwa auf die Freisetzung von Nährstoffen durch die Bauarbeiten oder auch die Zunahme des Schiffsverkehrs in Grenznähe in Form der erwarteten LNG-Tanker. Im Fall einer Genehmigung ohne grenzübergreifende Beteiligung riskiere Deutschland eine Normenkontrollklage, warnte Finn Viehberg vom WWF-Ostseebüro. Auch der Naturschutzbund (Nabu) MV fordert eine Espoo-Prüfung.

Aus Schweden heißt es, man habe durch einen Deutschen Verband von dem Projekt erfahren und Informationen beim deutschen Espoo-Kontakt angefragt. Diese seien in Aussicht gestellt worden. Der schwedische Espoo-Ansprechpartner schrieb, man könne bislang nicht beurteilen, ob das Projekt unter die Espoo-Konvention falle. Ähnliches schrieb der für Dänemark zuständige Ansprechpartner: Man habe nach einer E-Mail des WWF den deutschen Kontakt angefragt. Vor einer Antwort aus Deutschland könne man etwaige grenzüberschreitende Auswirkungen und Pflichten zur Beteiligung nicht einschätzen. Eine Anfrage an Polen blieb zunächst unbeantwortet.

Unterdessen nähert sich das Projekt einer wichtigen Genehmigung. Das zuständige Bergamt Stralsund hat mittlerweile einen Genehmigungsentwurf für den ersten Seeabschnitt der Anbindungsleitung fertiggestellt. Dieser verläuft vom Gasleitungsknotenpunkt in Lubmin bis vor die Küste Südostrügens. Der Entwurf soll ab dem 15.8.23 für vier Tage öffentlich zugänglich sein. Damit kommt die Behörde einer Informationsverpflichtung entsprechend dem LNGG nach. Der Genehmigungsbescheid kann erst danach erteilt werden. Das Genehmigungsverfahren für den zweiten Abschnitt läuft.


Langfristig ausgeschriebene Importkapazitäten vollständig ausgebucht

13. August 2023:  Das an Rügens Küste geplante Terminal für Flüssigerdgas erfreut sich nach Angaben des eingeplanten Betreibers guter Nachfrage bei Lieferanten. Trotz des Gutachtens, mit dem die Gemeinde Binz den Bau einer LNG-Pipeline auf Rügen stoppen will,  seien langfristig ausgeschriebene Importkapazitäten bereits vollständig ausgebucht, teilte das Unternehmen Deutsche Regas am 9.8. mit.

In Mukran im Norden Rügens sollen auf Initiative der Bundesregierung zwei Spezialschiffe zur Aufnahme von verflüssigtem Erdgas (LNG), der Umwandlung in Gas und Einspeisung in das Netz stationiert werden.

Die Deutsche Regas soll das Terminal als eine Art Tankstellenwärter betreiben. Von dem Unternehmen hieß es, in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur sei eine jährliche Regasifizierungs-Kapazität von vier Milliarden Kubikmeter Erdgas für Laufzeiten von mindestens zehn Jahren ausgeschrieben und vollständig gebucht worden. Verbleibende Kapazitäten sollten gesondert vergeben werden, etwa durch kurzfristige Buchungen.

Nach Angaben der Deutschen Regas könnten über Mukran bis zu 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich eingespeist werden. Dazu zählt auch die Kapazität des Regasifizierungs-Schiffes, das das Unternehmen bereits im vorpommerschen Lubmin betreibt. Es soll nach Mukran verlegt werden. Derzeit laufen Vorarbeiten und Genehmigungsverfahren für das umstrittene Terminal. Der Bund strebt an, dass das Terminal in Mukran im kommenden Winter betriebsbereit ist.

Der Großteil der Lieferungen für das Terminal sei bereits vergeben, erklärte Regas-Aufsichtsratschef Stephan Knabe. Der starke Zuspruch deutscher und osteuropäischer Kunden zeige, dass diese auf die entsprechenden Versorgungswege setzten. Die Bundesregierung hatte den Bedarf für das Terminal wiederholt auch mit der Gasversorgung für den Osten Deutschlands und östliche Nachbarn begründet. Vor allem Kritiker auf Rügen sind gegen das Vorhaben, weil sie Auswirkungen auf den Tourismus fürchten.


Ein Gutachten zu den geplanten LNG-Terminals auf Rügen stellt schwerwiegende Mängel fest

9. August 2023:  Ein Gutachten zum geplanten Ausbau des Hafen Mukran auf Rügen für das LNG-Terminal der Deutschen Regas weist signifikante Fehlannahmen und Mängel auf. Das Gutachten wurde von Prof. Dr.-Ing. Bärbel Koppe, AQUADOT Ingenieurgesellschaft Hamburg, im Auftrag der Gemeinde Ostseebad Binz erstellt. Frau Prof. Dr.-Ing. Bärbel Koppe lehrt Bauingenieurwesen (Wasserbau und Hydromechanik) an der Hochschule Wismar. Sie stellte fest:

„Die eingereichten Antragsunterlagen des Vorhabenträgers, der Fährhafen Sassnitz GmbH, weisen hinsichtlich sicherheitstechnischer, hafentechnischer und hafenbetrieblicher Belange erhebliche und auch durch Planüberarbeitung nicht heilbare Mängel auf. Dies betrifft im Wesentlichen:

  1. Die eingereichten Antragsunterlagen beziehen sich zu großen Teilen nicht auf die aktuell beantragte Planung, sondern auf die Ausbauplanung des Liegeplatzes im Hafen Mukran in den Jahren 2019/2020. Eine konkrete Aussagekraft dieser Unterlagen für die aktuell geplante Baumaßnahme liegt nicht vor.
  2. Die Standsicherheit des Bestandsbauwerks am Liegeplatz ist nicht gewährleistet. Die anzusetzende Berechnungshafensohle ist in der aktuellen Planung einen Meter niedriger als gemäß des Standsicherheitsnachweises des Bauwerks zulässig. Somit droht bei einem entsprechenden Ausbau des Hafens ein Versagen des Uferbauwerks.
  3. Die angegebenen 52 Ankünfte von LNG-Tankern pro Jahr korrespondieren nicht mit den vom geplanten Betreiber des LNG-Terminals Deutsche Regas angesetzten 73 bis 91 Ankünften pro Jahr und den gemäß der geplanten LNG-Umschlagvolumina abgeschätzten 126 bis 192 Ankünften pro Jahr. Relevant sind die zu erwartenden Schiffsankünfte insbesondere für den Hafenbetrieb und für die Abschätzung der zu erwartenden Reedezeiten im Seegebiet vor Rügen.
  4. Die störfallrechtlich relevanten Abstandsmessungen zu Schutzgütern und Betrieben sind in den Antragsunterlagen fehlerhaft ermittelt worden. Bei korrekter Ermittlung der Mindestabstände müsste bei Realisierung der Planungen der gesamte Hafenbetrieb – abgesehen vom LNG-Umschlag – eingestellt werden.
  5. Die nautischen Untersuchungen mittels Schiffssimulator basieren überwiegend auf der nicht korrekten Annahme nur eines stationierten Tanklagerschiffs mit Regasifizierungsanlage (FSRU). Tatsächlich sollen am LNG-Terminal im Hafen Mukran zwei FSRUs stationiert werden, womit sich der Navigationsraum im Hafen zusätzlich einschränkt. Selbst die unter den unrealistisch günstigen Platzbedingungen durchgeführten Simulationsläufe zeigen, dass maßgebende Manöver wie das An- und Ablegen von LNG-Tankern und die Notevakuierung eines FSRU nicht sicher durchführbar sind.“

Hierzu Karsten Schneider, Bürgermeister der Gemeinde Ostseebad Binz:

„Das Gutachten stellt klar, dass der Standort auf Rügen und die Planungen gänzlich ungeeignet für den Bau und Betrieb des LNG-Terminals sind. Es offenbart aber auch, dass alle Beteiligten des Antrags anscheinend nicht die notwendigen Fachkenntnisse für den Bau und den Betrieb des LNG-Terminals besitzen. Ich erwarte nicht nur, dass die Landesregierung diesen ungenügenden Antrag ablehnt, sondern dem LNG-Terminal-Spuk endlich ein deutliches Ende setzt.“

Dass es mit den geplanten LNG-Terminals im Hafen von Mukran zu eng würde, berichtete auch der Spiegel.


Die Deutsche Umwelthilfe klagt gegen das LNG-Terminal in Lubmin

7. August 2023:  Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will den Betrieb des LNG-Terminalschiffs „Neptun“ in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern gerichtlich untersagen lassen. Mit einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig will sie die Aufhebung der vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern erteilten Betriebsgenehmigung erreichen, teilte die Umweltorganisation am 7.8.23 mit. Grund seien „erhebliche Mängel“ in der Genehmigung.

Weder der Shuttle-Verkehr für das Anlanden des Flüssigerdgases (LNG) an das Terminalschiff noch die dadurch entstehenden Umweltauswirkungen auf den sensiblen Greifswalder Bodden seien einer umweltrechtlichen Genehmigung unterworfen worden. Nach Ansicht der DUH gehören diese aber zu dem Gesamtprojekt. Maßgebliche Teile davon seien im Genehmigungsverfahren schlicht ignoriert worden.

„Was aktuell in Lubmin passiert und was genehmigt wurde, sind zwei Paar Schuhe“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Auch sei die Lärmbelastung durch das Terminal höher als von der Betreiberin Deutsche ReGas im Genehmigungsverfahren angegeben.

„Wir kritisieren außerdem die Bundesregierung für ihre Behauptung, das LNG-Terminalschiff in Lubmin sei nötig, solange es das umstrittene LNG-Terminal in Rügen nicht gebe“, sagte er. Damit würden Zwänge beschrieben, „die es angesichts der Versorgungslage überhaupt nicht gibt.“

Das LNG-Beschleunigungsgesetz schreibt vor, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen nur dann ausgesetzt werden dürfen, wenn ein neues Terminal einen „relevanten Beitrag“ zur Versorgungssicherheit leisten kann, laut Gesetz eine Mindestkapazität von fünf Milliarden Kubikmeter. Nach Einschätzung der DUH erfüllt die „Neptune“ diese Voraussetzung nicht. Es hätte einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft.

Das schwimmende Terminalschiff für Flüssigerdgas „Neptune“ liegt seit Dezember 2022 im Industriehafen von Lubmin und ist seit Januar 2023 in Betrieb. Weil das Wasser vor Lubmin für die gewaltigen Tanker, die das LNG bringen, zu flach ist, liefern diese ihre Ladung an ein Tankschiff, das vor Rügen liegt. Von dort bringen von Schleppern begleitete Gefahrgut-Tanker das LNG nach Lubmin. Dabei produzieren sie Schadstoffe, die auf das Meer und die Küstengebiete niedergehen. Eine Genehmigung für diesen Shuttle-Verkehr gibt es nicht. Auch für den Betrieb der „Neptune“ wurde keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.

Nach massiven Beschwerden von Anwohnenden insbesondere im nahegelegenen Spandowerhagen hatte das zuständige Amt Lärmmessungen durchgeführt und eine deutliche Überschreitung der zulässigen Lärmpegelgrenzwerte festgestellt.

Hinsichtlich der Angaben zu den Importkapazitäten der „Neptune“ stützt sich die DUH auf die Angaben der Deutschen ReGas: So wurde die Regasifizierungs-Kapazität des Schiffs im Genehmigungsverfahren mit 3,6 Milliarden Kubikmetern pro Jahr angegeben. Nur durch eine Speicherkapazität von Shuttle-Schiffen wurde dann ein angeblicher Beitrag von über 5 Milliarden Kubikmetern begründet. Tatsächlich hat die ReGas im gesamten ersten Halbjahr 2023 nur 7 Terrawattstunden importiert, was nur etwa 0,7 Milliarden Kubikmeter jährlich entspräche. Dass diese überaus geringen Importmengen während des Genehmigungsverfahrens nicht bekannt waren, ist nach Auffassung der DUH kaum nachvollziehbar. Damit hätte es keine Ausnahmegenehmigung im Sinne des LNG-Beschleunigungsgesetzes für das fossile Projekt geben dürfen, weshalb auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte stattfinden müssen.

Neben der Klage gegen die Genehmigung der „Neptune“ hat die DUH auch gegen die Gasleitung zum Transport von LNG in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein geklagt. Eine weitere Klage gegen die LNG-Leitung zwischen Wilhelmshaven und Etzel in Niedersachsen scheiterte im Juni. Zur „Neptune“ sagte DUH-Referentin Pressentin, man habe so große Defizite deutlich gemacht, dass man jetzt darüber diskutieren müsse.


Ungewöhnliche Vorgänge um Regas, Scholz und das umstrittene LNG-Terminal

24. Juli 2023:  Das Bergamt Stralsund hat dem Unternehmen GASCADE die Genehmigungen für bauvorbereitende Maßnahmen im Hafen Mukran erteilt. Dies teilten das Wirtschafts- und das Umweltministerium in Schwerin mit. GASCADE könne nun Technik von Lubmin nach Mukran schaffen, um mit dem Bau einer Startgrube für den Microtunnel im Hafenbereich Mukran zu beginnen, heißt es. Das habe keinen Einfluss auf das eigentliche Genehmigungsverfahren. Den Angaben zufolge sind alle Bauarbeiten reversibel.

Bundestag und Bundesrat hatten vor zwei Wochen den Standort Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen, obwohl der LNG-Standort Mukran auf Rügen unter Experten umstritten ist.

Gegen die Pläne gibt es auf der Insel Rügen großen Widerstand. Es sei nicht nachvollziehbar, Maßnahmen zu genehmigen, ohne zuvor mögliche Beeinträchtigungen auf das sensible Ökosystem Ostsee und auf die Küstenlandschaften zu prüfen, sagte Thomas Kunstmann von der Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ am 2.7.2023.

„Die Genehmigung des LNG-Vorhabens soll bereits in einem beschleunigten Verfahren erfolgen“, kritisierte Kunstmann. Die nun erfolgte Genehmigung für Vorarbeiten kurz vor Beginn der öffentlichen Auslegung von Plänen für eine LNG-Anbindungsleitung am Dienstag sei „mehr als empörend“. Dieser Teil der Pipeline soll vom Hafen Mukran 24 Kilometer bis auf die Ostsee zu einem Knotenpunkt führen. Das Vorgehen sei ein Schlag ins Gesicht der Menschen, denen immer versprochen worden sei, dass vor einer Gesamtprüfung und Genehmigung nicht gebaut werde, so Kunstmann.

Nachdem die Gemeinde Binz über ihren Rechtsanwalt Reiner Geulen Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers Deutsche Regas gesät hatte, sprach das Unternehmen von einer Schmutzkampagne. Binz würde «vollends den Weg der Desinformation beschreiten und vor öffentlicher Diskreditierung nicht mehr zurückschrecken».

Die Deutsche Regas will ein LNG-Terminal auf Rügen errichten, mit unklarer Finanzierung. Die Gegner des geplanten Flüssiggasterminals auf Rügen erheben Zweifel an der „Zuverlässigkeit“ des designierten Anlagen-Betreibers, der Deutschen Regas. Sie soll dubiose Verbindungen zu einem Fonds auf den Cayman-Inseln haben, erklärte Reiner Geulen, Anwalt des Ostseebads Binz, das um seinen Tourismus fürchtet.

Gegen das LNG-Terminal kämpft vor allem das 16 Kilometer von Mukran entfernte Ostseebad Binz, das Störungen für den dort zentralen Tourismus verhindern will. Klimaschützer kritisieren zudem den Aufbau weiterer fossiler Infrastruktur. Ökonomische Kritiker halten das Projekt für unnötig, die deutsche Gasversorgung sei auch ohne das LNG-Terminal auf Rügen gesichert.

Nächster Schritt ist die Genehmigung durch das Bergamt Stralsund. Dort wird auch die Zuverlässigkeit des Betreibers eine Rolle spielen. Nach Angaben von Anwalt Geulen gilt das LNG-Terminal als „Störfallanlage“. Das heißt, es gibt besondere Betreiberpflichten. Die Zuverlässigkeit des Betreibers sei eine zwingende Voraussetzung für die Genehmigung des Projekts, so Geulen.

Dabei sind die Betreiber umstritten, sie waren vorher nicht im Gasgeschäft tätig. Die Stadt Binz auf Rügen hat zudem Zweifel, ob es bei der Finanzierung der LNG-Terminals mit rechten Dingen zugeht. Sie erhebt den Vorwurf einer zweifelhaften Finanzierung und bittet Finanzkontrolleure des Bundes, die Deutsche Regas zu durchleuchten.

Die „Deutsche Regas GmbH & Co. KGaA“ besteht im Kern aus zwei Personen, dem Rechtsanwalt und Steuerberater Stephan Knabe und dem Immobilienmanager Ingo Wagner. Sie sind die Gründer und Gesellschafter. Die Finanziers im Hintergrund sind weitgehend unbekannt. Im Vorjahr haben die beiden als fachfremde Geschäftsleute bereits binnen weniger Monate ein funktionierendes LNG-Terminal in Lubmin installiert und sich so bei der Politik gewissen Respekt erworben.

Geulen wirft der Deutschen Regas Zweierlei vor. Zum einen habe Geschäftsführer Ingo Wagner Kapital von einem Fonds, der auf den als Steueroase bekannten Cayman Inseln sitzt, über mehrere Zwischenschritte in die Deutsche Regas transferiert. Dabei sollen, so Geulen, „Finanzkörperschaften“ übertragen worden sein. Dies mache sowohl die Höhe der Geldbeträge als auch die Identität der Finanziers „schwer ermittelbar und intransparent“. Zum anderen seien die zwei beteiligten Gesellschaften Wagners, die WCP Deutschland GmbH und die Grundwerte Verwaltungs GmbH, beide mit Sitz in Bruchsal, reine Briefkastenfirmen und dort ohne erkennbaren Geschäftsbetrieb.

Geulen hat die Informationen nun an die FIU, die Financial Intelligence Unit des Zolls, weitergeleitet. Die FIU galt lange als eine der langsamsten und ineffizientesten Behörden Deutschlands, die mit der Bearbeitung von Geldwäsche-Verdachtsmeldungen so überfordert war, dass gegen die Verantwortlichen wegen Strafvereitelung ermittelt wurde. Von dort dürfte der Regas also kaum Gefahr drohen.

Es geht wohl eher darum, die öffentliche Meinung und die Genehmigungsbehörde in Stralsund zu beeindrucken. Die Deutsche Regas hat die Vorwürfe inzwischen pauschal zurückgewiesen. Es seien keine „Finanzkörperschaften“ übertragen worden. Die Finanzierung der Regas sei gegenüber der Genehmigungsbehörde transparent gemacht worden.

Wirtschaftsminister Habeck und Kanzler Olaf Scholz setzen sich indes massiv für das Projekt ein. Deutschland brauche einen Sicherheitspuffer bei der Gasversorgung, Nachbarstaaten sollen mit dem Gas beliefert werden können. Und in einigen Jahren solle das Flüssiggas-Terminal für den Wasserstoff-Import umgerüstet werden. Die erste politische Hürde nahm das LNG-Terminal auf Rügen Anfang Juli im Bundestag. Es gilt nun als besonders beschleunigungsbedürftiges Projekt.

Bundeskanzler Scholz hat sich so oft wie kein anderes Kabinettsmitglied mit den in der Kritik stehenden Unternehmern der Deutschen Regas getroffen, die auf Wunsch der Bundesregierung zwei große Flüssiggas-Terminals auf der Ostseeinsel Rügen betreiben sollen.

Scholz traf den Steuerberater Stephan Knabe und den Immobilienunternehmer Ingo Wagner am 15. September 2022 in Potsdam, am 14. Januar 2023 in Lubmin und am 20. April 2023 in Mukran. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den CDU-Abgeordneten Matthias Hauer hervor, die der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) vorliegt.

Knabe ist der Aufsichtsratschef der Deutschen Regas, Wagner der Geschäftsführer. Beide arbeiten in Potsdam, wo Scholz seinen Wahlkreis hat. Deren Unternehmen soll auf Wunsch der Bundesregierung zwei große Flüssiggas-Terminals auf der Ostseeinsel Rügen betreiben.

Es ist ungewöhnlich, dass sich ein Kanzler so stark in ein privatwirtschaftliches Projekt einschaltet. Knabe und Wagner waren zuvor nicht im deutschen Gasgeschäft tätig und gründeten angesichts der hohen Gaspreise 2022 die Deutsche Regas. Dass Scholz das LNG-Projekt offensichtlich zur Chefsache gemacht hat, zeigt auch die Tatsache, dass sich die Regas-Unternehmer auch drei Mal mit dem Staatssekretär im Kanzleramt, Jörg Kukies, besprochen haben.

Es kam aber nur zu einem Gespräch mit dem für diese Energiefragen zuständigen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) – am 12. Mai 2023, bei einer Besprechung mit Landes- und Kommunalpolitikern.

Da hinter der Regas ein verschachteltes Konstrukt aus Gesellschaften steht, Wagner zuvor einen Investmentfonds mit Sitz auf den Cayman Islands betreut hat und die genaue Herkunft des bisher eingesetzten Kapitals von rund 100 Millionen Euro unklar ist, hat eine von dem Ostseebad Binz beauftragte Anwaltskanzlei nach „SZ“-Informationen bei der Staatsanwaltschaft Stralsund Strafanzeige „wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Geldwäsche“ gegen den Geschäftsführer der Regas gestellt.

Ebenso wurde am 20. Juli eine Meldung bei der für Geldwäsche zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls gemacht. Aber es gibt hierfür bisher keinerlei Beweise. Die Deutsche Regas weist die Vorwürfe strikt zurück. Das Unternehmen wirft der Stadt Binz eine Schmutz- und Desinformationskampagne vor. Die Stadt würde auch vor „öffentlicher Diskreditierung nicht mehr zurückschrecken“, wurde in einer Mitteilung des Unternehmens betont.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte der „SZ“: „Wir erwarten, dass das Unternehmen zur Aufklärung der derzeit erhobenen Vorwürfe beiträgt.“ Der CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer betonte: „Deutschland muss – schon wegen der Erfahrungen großer Unsicherheit bei der Gasversorgung – genau wissen, auf wen es sich im sensiblen Bereich der Energiesicherheit verlässt.“ Angesichts der Treffen von Bundeskanzler Scholz mit dem Unternehmen könne man erwarten, „dass die Bundesregierung genau über das Unternehmen sowie über die Finanzierung und Umsetzung des Projekts im Bilde ist“.

Aus Sicht von Scholz sind die beiden von der Deutschen Regas geplanten LNG-Terminals auf Rügen essenziell für die Energieversorgung, wegen der ausbleibenden russischen Gaslieferungen. Aber die Stadt Binz will – wegen Sorge um die Folgen für Tourismus und Umwelt und Zweifeln an den Betreibern – das Projekt stoppen, eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht ist in Vorbereitung.

Ebenso planen dies Umweltverbände. Im Januar 2023 wurde als erstes Projekt der Regas das Terminal in Lubmin eröffnet. Scholz pries bei der Eröffnung den Einsatz von Knabe und Wagner als neues „Deutschlandtempo“. Das schwimmende Terminal in Lubmin soll in den nächsten Monaten nach Mukran auf Rügen verlegt werden, wo mit einem weiteren Regasifizierungs-Schiff dann zwei große LNG-Terminals unweit der Strände des Ostseebads Binz betrieben werden sollen.


Pipeline-Pläne für das LNG-Terminal in Mukran liegen für nur zwei Wochen aus

20. Juli 2023:  Pläne des Gasnetzbetreibers Gascade für eine Gasleitung ab dem geplanten Flüssigerdgas-Terminal (LNG) im Hafen von Mukran auf der Insel Rügen liegen öffentlich aus, aber nur mit verkürzten Fristen. Das erschwert die genaue Prüfung der Unterlagen, bemängeln Kritiker.

Der Gasnetznetzbetreiber Gascade hat beim Bergamt Stralsund das Genehmigungsverfahren für den Bau der Gaspipeline beantragt. Die Antragsunterlagen sind ab 25. Juli für zwei Wochen öffentlich einsehbar, wie das Bergamt mitteilte. Bis zum 14. August können unter anderem Bürger, Gemeinden und Umweltverbände ihre Einwendungen einreichen. 

In den Unterlagen geht es um den zweiten Seeabschnitt der insgesamt rund 50 Kilometer langen Gaspipeline von Mukran nach Lubmin. Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich nach Angaben des Bergamtes um den etwa 24 Kilometer langen zweiten Trassenabschnitt, der vom Hafenbereich Mukran nach Südosten durch die Prorer Wiek bis auf Höhe Göhren östlich der Insel Rügen verlaufen soll. Das ist der Abschnitt, der bisher noch nicht beantragt war. Die Gastransportfirma Gascade hatte den Auftrag von RWE übernommen und nun neue Anträge für die Pipeline eingereicht.

Über die Pipeline durch die Ostsee soll vom LNG-Terminal in Mukran Erdgas nach Lubmin transportiert und von dort in das Fernleitungsnetz eingespeist werden. Die geplante und umstrittene Anlage zur Anlandung und Regasifizierung von LNG auf Rügen sei selbst nicht Bestandteil der vorliegenden Anträge, teilte die Behörde in Stralsund weiter mit.

Unter anderem sollen die Pläne in Sellin, Binz, Sassnitz und Stralsund ausliegen. Außerdem werden sie auf der Internetseite des Bergamtes einsehbar sein. Bis zum 14. August können Bürger:innen, Gemeinden und Umweltverbände ihre Einwendungen einreichen.

Der Bau des ersten Abschnitts war bereits im Februar beantragt worden. Bürgerinitiativen, Gemeinde und Verbände hatten zahlreiche Einwendungen eingereicht. Zu einem Ergebnis kam das zuständige Bergamt in Stralsund bislang nicht.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht gegen die Streckenführung der Pipeline vor. Mit einer Einwendung bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bergamt Stralsund, soll eine kürzlich geänderte Planänderung blockiert werden, teilte der Naturschutzverband in Berlin mit. Durch das Terminal im Hafen Mukran drohen demnach „tiefgreifende und irreparable Auswirkungen“ auf die Umwelt unter und über Wasser. „Der Vorhabenträger Gascade hat die geplante 50 Kilometer lange Pipeline in mehreren einzelnen Teilabschnitten beantragt, um die verursachten Umweltauswirkungen vermeintlich gering erscheinen zu lassen“, kritisierte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. In der Gesamtbetrachtung seien die Terminal-Pläne jedoch „eine Katastrophe für besonders schützenswerte Meeresgebiete, den Erhalt der Artenvielfalt und unser Klima“.

Ein Gutachten im Auftrag des Ostseebades Binz konstatiert nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ „signifikante Lücken, Mängel und Unschlüssigkeiten“ in den Antragsunterlagen für die benötigte neue Gasleitung zum Festland.

So seien „Störfallrisiken“ zu befürchten, weil die Pipeline am Meeresboden stellenweise nicht ausreichend tief verlegt werde. Auch kreuze die Leitung streckenweise ein Küstenschutzgebiet oder verlaufe in unmittelbarer Nähe dazu. „Hiermit stehen dem Projekt von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegen“, heißt es in dem Gutachten.

Das Gutachten verweist auch auf eine Genehmigung, die das Bergamt Stralsund für den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 im Jahr 2018 erteilt hatte. Darin war als Alternative auch ein Verlauf nach Mukran geprüft worden. Das Ergebnis sei seinerzeit deutlich gewesen: „Die Nachteile einer Trassenführung über Rügen/Mukran sind so gravierend, dass diese Variante als unzumutbar ausscheidet“, zitiert das Gutachten aus dem früheren Planfeststellungsbeschluss.

Das vollständige Gutachten wurde dem Bergamt Stralsund am 12.7.2023 zugesendet. Eine Zusammenfassung des Gutachtens (PDF) findet sich hier.

Der Planfeststellungsbeschluss von „Nord Stream 2“ (PDF) kann von der Website der Regionaldirektion für Umweltschutz in Danzig/Polen heruntergeladen werden.

Die Gemeinde Binz kämpft seit langem gegen das geplante Terminal. Sie liegt nicht weit von Mukran entfernt und bangt nun um den Tourismus. „Diesem Gutachten zufolge ist die Pipeline unter keinen Umständen genehmigungsfähig“, sagte ihr Bürgermeister Karsten Schneider der „SZ“. „Ohne Pipeline auch keine LNG-Terminals auf Rügen.“


Bundestag und Bundesrat stimmen für LNG-Terminal in Mukran

12. Juli 2023:  Der Bundestag hat den Hafen Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen. Zwei schwimmende LNG-Terminals sollen dort stationiert werden. Die Pläne bleiben umstritten. Gegner kündigten rechtliche Schritte an.

Trotz des Widerstands örtlicher Gemeinden und des Landes Mecklenburg-Vorpommern kann auf Rügen künftig Flüssigerdgas (LNG) entladen werden. Der Bundestag hat mit 370 zu 301 Stimmen und vier Enthaltungen eine Reform des LNG-Beschleunigungsgesetzes beschlossen, in dem der Standort Mukran auf der Ostseeinsel aufgenommen wurde. Damit sollen schnellere Genehmigungen möglich werden.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen zwei schwimmende LNG-Terminals mit einer Jahreskapazität von zehn Milliarden Kubikmeter Gas stationiert werden. Ziel ist es, dass die Terminals für die Versorgung schon im Winter Anfang 2024 zur Verfügung stehen. Die Schiffe sollen privatwirtschaftlich von der Deutschen Regas betrieben werden.

Der Bundestag hatte mit den Änderungen beschlossen, dass schwimmende FSRU dort abziehen sollen, wo dauerhafte LNG-Terminals an Land ihren gesicherten Betrieb aufnehmen. Der Wechsel von FSRUs zu festen Terminals wird dadurch gesetzlich verankert. Zugleich wird klargestellt, dass es den Betreibern der festen LNG-Terminals unabhängig von der jetzigen Nachweisführung für Ammoniak freisteht, bei der späteren Genehmigung ab 2035 den Betrieb für Wasserstoff oder ein anderes Wasserstoffderivat zu beantragen.

Bundeswirtschaftsminister Habeck verteidigte die umstrittenen Pläne. Er sprach mit Blick auf die Proteste gegen das Terminal von einer schwierigen Abwägung. Es gehe aber darum, die Energieversorgung Deutschlands zu sichern. Derzeit gebe es eine stabile Gasversorgungslage, die Gasspeicher seien bereits zu mehr als 80 Prozent gefüllt. „Stand heute kommen wir sehr gut durch den Winter.“ Man sollte sich aber nicht darauf verlassen, dass immer alles gut gehe.

Die ursprünglich ebenfalls in Betracht gezogenen Standorte in Hamburg und Rostock wurden aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes gestrichen. Fortschreitende Planungen und neue Erkenntnisse haben zu dem Ergebnisgeführt, dass dort eine Anlandung und Einspeisung von Flüssigerdgas nicht realisiert werden kann.

Auch der Bundesrat hat die Anpassung des LNG-Beschleunigungsgesetzes (LNGG) beschlossen.

Die Nutzbarkeit einer dauerhaften LNG-Infrastruktur soll spätestens nach Ablauf der Befristung bis Ende 2043 durch einen klimaneutralen Weiterbetrieb mit Wasserstoff oder dessen Derivaten im Vorfeld sichergestellt werden.

Hierzu sind Anlagenkomponenten, die sich später nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten umrüsten lassen, bereits von Anfang an so zu errichten, dass ein Betrieb mit Wasserstoff oder Derivaten möglich ist. Dies muss schon im Genehmigungsverfahren für den LNG-Betrieb nachgewiesen werden. Hierdurch sollen „stranded investments“ verhindert und der Aufbau einer zukünftigen Wasserstoffinfrastruktur unterstützt werden.

Scharfe Kritik an den Plänen kommt aus der Opposition. Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor warf der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP vor, das Vorhaben rücksichtslos „mit der Brechstange“ an den Interessen der Menschen vorbei durchs Parlament zu prügeln.

Sein Parteikollege Philipp Grundmann kritisierte Standortwahl und Verfahren: „Wir brauchen LNG, wir brauchen Flüssiggas. Es geht nicht um das Ob, es geht hier allein um das Wie.“

Inga Latendorf von der Linken beklagte, die Menschen fühlten sich nicht ernst genommen, denn es werde „über ihre Köpfe hinweg entschieden“.

Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hatte ihre Kritik erneuert und sich gegen die Pläne der Bundesregierung gestellt. Laut Landesumweltminister Backhaus (SPD) fehlen dem Land verbindliche Zusagen des Bundes zur Förderung der Region.

Gegner des geplanten Importterminals für Flüssigerdgas vor Rügen kündigten rechtliche Schritte an. „Wir werden gegen die geplante Errichtung der Anlagen vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Einstweilige Anordnung mit dem Ziel des vorläufigen Baustopps beantragen“, erklärte der Rechtsanwalt Reiner Geulen, der die Rügener Gemeinde Ostseebad Binz vertritt. Die Ostsee vor Rügen sei nicht der Ort für den Ausbau zu einer „großflächigen Industrieregion“.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht gegen die Streckenführung der Anschluss-Pipeline des geplanten Flüssigerdgas-Terminals auf Rügen vor. Mit einer Einwendung bei der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Bergamt Stralsund, soll eine kürzlich geänderte Planänderung blockiert werden, teilte der Naturschutzverband in Berlin mit. Durch das Terminal im Hafen Mukran drohen demnach „tiefgreifende und irreparable Auswirkungen“ auf die Umwelt unter und über Wasser. „Der Vorhabenträger Gascade hat die geplante 50 Kilometer lange Pipeline in mehreren einzelnen Teilabschnitten beantragt, um die verursachten Umweltauswirkungen vermeintlich gering erscheinen zu lassen“, kritisierte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. In der Gesamtbetrachtung seien die Terminal-Pläne jedoch „eine Katastrophe für besonders schützenswerte Meeresgebiete, den Erhalt der Artenvielfalt und unser Klima“.


Hürden für ein weiteres LNG-Terminal auf Rügen

2. Juli 2023:  Bundeswirtschaftsminister Habeck hat sich auf den Hafen Mukran als Standort für eine weiteres LNG-Terminal auf Rügen festgelegt. Nun gibt es aber neue Hürden für diesen LNG–Standort. Es geht um Genehmigungen und Klimaziele.

SPD, FDP und auch die Grünen haben im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages einen Notausstieg installiert, der den LNG–Standort im Hafen von Mukran vielleicht doch noch auf der Zielgeraden zum Kippen bringt.

Im Ampel–Antrag heißt es: „Die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste Energiekrise hat dazu veranlasst, die energiepolitische Lage in Deutschland neu zu bewerten und den Bau einer Flüssiggas–Infrastruktur zu planen. Dabei muss jeder Schritt sorgfältig abgewogen werden und die Mittel des Bundes müssen so effizient und zielgerichtet verwendet werden, dass die Erreichung der Klimaziele und die Versorgungssicherheit gewährleistet ist.“

SPD, FDP und Grüne legten dabei Wert auf die Feststellung, dass die Planungen für den Standort Mukran bisher nicht abgeschlossen seien und einer weitergehenden Prüfung durch den Bund und das Land Mecklenburg–Vorpommern unterzogen würden.

Und anschließend: „Beim potenziellen LNG–Standort Mukran bestehen Realisierungsrisiken. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist die Umweltverträglichkeit und die Vereinbarkeit mit den Klimazielen noch zu überprüfen.“

Gleichzeitig will sich die Ampel mit ihrem Antrag vor finanziellen Belastungen absichern. Sollten die zuständigen Landesbehörden in Mecklenburg–Vorpommern die Genehmigungen für die Vorhaben nicht erteilen und dies zu einem Projektabbruch führen, sei die Gascade Gastransport GmbH als Verantwortliche für den Pipelinebau vertraglich und gesetzlich verpflichtet, das Projekt rückabzuwickeln, um das Risiko des Bundes zu minimieren. Laut Antrag geht es um „die Übernahme einer Gewährleistung mit einer Eventualverpflichtung von mehr als 1 Milliarde Euro“.

SPD, FDP und Grüne machen in ihrem Antrag auch deutlich, dass beim Betrieb der LNG–Terminals sicherzustellen sei, dass die in Deutschland verbrauchten Gasmengen im Einklang mit der Einhaltung der nationalen und europäischen Klimaziele stünden. Zusätzlich schrieb die Ampel dem künftigen Terminalbetreiber Deutsche Regas und auch Gascade ins Stammbuch, dass Baumaßnahmen erst dann stattfinden dürften, wenn die erforderlichen Genehmigungen erteilt worden seien. Hintergrund: Zuletzt hatten Bürger immer wieder protestiert und interveniert, wenn am Projekt Beteiligte mit voreiligen Baumaßnahmen versucht hatten, einfach Fakten zu schaffen.

Der Wirtschaftswissenschaftler Christian von Hirschhausen hat sich kritisch zu den Plänen für ein LNG-Terminal auf Rügen geäußert. Der Bau zusätzlicher Anlagen und fester Terminals sei energiewirtschaftlich weder sinnvoll noch notwendig, sagte er bei einer Veranstaltung in Binz. Dies sei 2022 sinnvoll gewesen. Aber die Situation habe sich entspannt, und es sei keine Gasmangellage mehr zu befürchten. Auch die Pläne für ein großindustrielles Projekt in Mukran mit einem Wasserstoffzentrum passten nicht in die Region, so Hirschhausen, der an der TU Berlin lehrt und Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist.


Die Ampel-Koalition hält am LNG-Projekt auf Rügen fest

22. Juni 2023:  Trotz des großen Widerstands auf der Insel Rügen hält die Berliner Regierungskoalition am Vorhaben fest, in Mukran ein Flüssigerdgasterminal zu errichten. Das wurde bei der ersten Lesung des LNG-Beschleunigungsgesetzes am 21.6.2023 im Bundestag deutlich.

„Wenn wir sichergehen wollen (…), dann brauchen wir weitere LNG-Kapazitäten im Ostseeraum“, sagte der stellvertretende energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bengt Bergt, in seinem Redebeitrag im Bundestag. Der Hafen Mukran bei Sassnitz soll im LNG-Beschleunigungsgesetz ausdrücklich als Standort für Flüssigerdgas aufgeführt werden, um so den Weg für eine schnellere Genehmigung des Terminals zu ebnen.

Auch die FDP bekannte sich in der Debatte im Parlament ausdrücklich zu dem Projekt auf der Insel Rügen.

Lediglich die Grünen-Abgeordnete Lisa Badum äußerte Zweifel, ob die angepeilte Zahl neuer LNG-Terminals tatsächlich notwendig sei. „Aus meiner heutigen Sicht kann ich dazu kein klares Ja geben.“

Der Bürgermeister von Binz, Karsten Schneider, warb dafür, bei der Abstimmung im Bundestag, die voraussichtlich in zwei Wochen stattfinden wird, die Abgeordneten von der Fraktionsdisziplin zu entbinden. Die Entscheidung über die „enormen Konsequenzen“ müsse dem Gewissen jedes Mandatsträgers überlassen werden, argumentierte der parteilose Kommunalpolitiker.

Die Gesetzesänderung soll nach dem Willen der Regierung noch vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen werden. Mukran wird in dem Gesetzentwurf explizit genannt. Das Gesetz soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause am 7. Juli beschlossen werden.

Die Landesregierung von M-V hofft jedoch weiter auf einen finanziellen Ausgleich für die Region. Dabei soll es um einen dreistelligen Millionenbetrag aus einem Sonderprogramm des Bundes gehen, was aber nicht Teil des Gesetzes ist. Die Bundesregierung ist aber offenbar nicht bereit, im Ringen um das LNG-Terminal in Mukran auf die Forderungsliste des Landes einzugehen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erteilte in der Befragung des Bundestages am Mittwoch der Forderung nach zusätzlich 950 Millionen Euro eine Absage. „Dafür sind meiner Kenntnis nach keine Rückstellungen im Haushalt getroffen worden“, sagte Habeck.

Die DUH forderte von Bundestag und Bundesrat ein klares Veto gegen die Gesetzes-Novellierung. Die Deutsche Umwelthilfe forderte den Bundesrat auf, die Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes zu stoppen.

Die Gemeinde Ostseebad Binz veranstaltet am 27. Juni einen LNG-Arbeitsworkshop auf Rügen.

Das Team aus Wissenschaftlern wird angeführt von Prof. Dr. Christian von Hirschhausen (TU Berlin und DIW Berlin). Weitere anwesende Experten der Arbeitsgruppe sind Dr. Franziska Hoffahrt, Björn Steigerwald, Fabian Präger sowie Lukas Barner. 


MV scheiterte mit Antrag im Bundesrat zum LNG-Beschleunigungsgesetz

16. Juni 2023:  Der Bundesrat befasste sich am 16.6.23 mit einer von der Bundesregierung vorgelegten Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes (LNGG). Diese sieht auch die Aufnahme Mukrans als LNG-Standort vor. Dadurch würden schnellere Genehmigungen für das Projekt ermöglicht. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) äußerte sich vor dem Bundesrat kritisch zu den Mukran-Plänen. „Wir wären bereit gewesen für einen Offshore-LNG-Standort, so wie unsere Windparks, weit draußen vor der Küste“, sagte Schwesig. Auch dann hätte es Eingriffe gegeben, „aber es wäre mehr akzeptiert gewesen“. Der Bundestag muss sich noch mit der LNGG-Novelle erneut befassen und sie beschließen.

Von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns vorgeschlagene strengere Vorgaben für den Bau eines Flüssigerdgas-Terminals auf oder vor Rügen fanden im Bundesrat keine Mehrheit. Der Antrag sah vor, dass die LNG-Anlage für eine kürzere Zeit genehmigt werden sollte, als es laut Gesetz erlaubt wäre – also nicht bis 2043. Zudem sollte festgelegt werden, dass eines der zwei geplanten schwimmenden Terminals im Hafen Mukran schnell durch ein festes ersetzt wird, um möglichst schnell auf Wasserstoff und Wasserstoff-Derivate umstellen zu können. Das ist den Angaben zufolge mit schwimmenden Terminals nicht möglich.

Vor der Befassung des Bundesrats mit dem geplanten Terminal für Flüssigerdgas (LNG) an Rügens Küste hat der Binzer Bürgermeister eine klare Stellungnahme Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) gefordert. „Sie müssen nun endlich Farbe bekennen und sich entscheiden: Wie halten Sie es mit den LNG-Terminals auf Rügen? Sind Sie dafür oder dagegen?“, schrieb Karsten Schneider in einer Stellungnahme am Donnerstag.

Schneider schrieb, die Bundesregierung habe bislang den Bedarf für das Terminal nicht unabhängig nachgewiesen. Dennoch liefen bereits Vorarbeiten für das Terminal. Schwesig hatte diese Woche nach einem Treffen mit LNG-Gegnern erklärt, es gebe immer noch große Zweifel daran, ob wirklich Bedarf für ein weiteres LNG-Terminal besteht. Daher habe die Landesregierung vorgeschlagen, dass es ein Gespräch mit der Bundesnetzagentur geben soll.

Kritiker fürchten wegen des geplanten LNG-Terminals um die Umwelt und den für die Insel wichtigen Tourismus. Der Lärm der Tanker ist bereits jetzt ein Problem. Schon jetzt transportieren Tanker Gas durch die Ostsee vor Rügen nach Lubmin, wo bereits ein LNG-Terminal steht. Im Touristen-Hotspot Binz sind die Schiffe deutlich hörbar, sagt Anwohner Michael Schade: „Sie hören ein leichtes Vibrieren, so einen Ton, der richtig nervig wird und irgendwann ins Unterbewusstsein eindringt. Und dann werden Sie das nicht mehr los.“

Der Bund argumentiert hingegen, die Anlage werde für die Versorgungssicherheit gebraucht, um etwa auch während eines kalten Winters oder bei einem Ausfall anderer Kapazitäten genügend Gas zu haben.

Anlässlich der Sitzung des Bundesrats zur Novellierung des LNG-Beschleunigungsgesetzes (LNGG) fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Länderkammer auf, sich gegen den Gesetzesentwurf auszusprechen. Momentan streitet die Regierungskoalition darüber, ob der umstrittene Standort Mukran auf Rügen ins Gesetz aufgenommen werden soll. Die DUH erachtet eine erneute Novellierung des Gesetzes als unnötig, da gar keine Gasmangellage besteht. Zudem ist die pauschale Aussetzung von Umweltprüfungen nicht mit dem Europarecht vereinbar. Laut mehrerer Studien führender Wirtschaftsforschungsinstitute besteht dafür jedoch kein Bedarf. 

Chemie- und Pharmaunternehmen aus Ostdeutschland haben sich für ein für Flüssigerdgas Terminal auf Rügen ausgesprochen. Der Branchenverband sieht die LNG-Pläne in Mukran als „wichtigen Beitrag zur Gasversorgungssicherheit in Deutschland, im speziellen von Ostdeutschland“. Gas sei für die chemisch-pharmazeutische Industrie ein wichtiger Energieträger und zugleich Rohstoff.

Wenn das LNG-Terminal tatsächlich nach Mukran kommen sollte, sollen 50.000 Euro für jeden Sassnitzer Bürger fällig werden. So heißt es in einem Facebookpost der CDU Ortsgruppe Sassnitz rund um Ingo Trusheim und Christine Zillmer. Das Geld sei als Entschädigung für die gesundheitlichen Folgen durch den Eingriff in die Natur und Umwelt und die damit verbundene wirtschaftliche Wertminderung der Stadt Sassnitz gedacht. Stammen soll es aus den Sonderausgaben des Bundes für das LNG-Terminal.


Der Ostbeauftragte soll sich um LNG-Terminal in Mukran kümmern

11. Juni 2023:  Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, soll sich für die Bundesregierung um das geplante Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in Mukran auf Rügen kümmern. Er soll sich als Ständiger Beauftragter des Bundes für Mukran etwa um die Kommunikation mit Vertretern vor Ort kümmern.

Vertreter der Gemeinde Binz, die zu den entschiedensten Gegnern des geplanten Terminals zählen, kritisierten die Personalie. «Es ist bemerkenswert, dass die Bundesregierung erst nach mehr als vier Monaten seit dem öffentlichen Bekanntwerden dieses äußerst umstrittenen Themas einen Ansprechpartner im Bund benennt», hieß es in einem Schreiben des Binzer Bürgermeisters, Karsten Schneider, sowie des Tourismusdirektors Kai Gardeja.

«Dass wir diese Nachricht auf der Insel Rügen offenkundig erst zufällig über Dritte erfahren haben, verwundert uns nun leider gar nicht.» Sie forderten den Beauftragten auf, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass das Vorhaben bis auf Weiteres nicht voranschreitet. Sie kritisieren, durch das Terminal werde der für die Insel wichtige Tourismus und die Umwelt gefährdet. Außerdem würden Überkapazitäten für den LNG-Import geschaffen. Der Bund argumentiert, das Terminal werde für die Versorgungssicherheit benötigt.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte einen Stopp der Vorarbeiten für das in Mukran auf Rügen geplante Terminal für Flüssigerdgas (LNG) sowie etwaiger Genehmigungsverfahren. Solange noch nicht einmal der Standort Mukran genehmigt ist, dürften keine Bauarbeiten und auch keine vorbereitenden Arbeiten für die Anschluss-Pipeline stattfinden, kritisierte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner am Dienstag. Das Bergamt Stralsund wurde aufgefordert, das Verfahren auszusetzen und die geplanten Arbeiten von Gascade zu untersagen.

Vergangene Woche hatte der Gasnetzbetreiber Gascade mitgeteilt, umgehend mit Untersuchungen für die geplante rund 50 Kilometer lange Offshore-Anbindungsleitung vom Gasnetzknotenpunkt in Lubmin bis nach Mukran zu beginnen. Die für die Genehmigung der Anbindungsleitung notwendigen Unterlagen müssten nun kurzfristig erstellt werden. Dafür sollten Vermessungsschiffe entlang der geplanten Trasse eingesetzt werden.

Zudem sollten im Hafen Mukran die für den Bau eingeplanten Rohre bereitgestellt werden. Die Bundesregierung – Initiator des Projekts – hatte die vom Bau der deutsch-russischen Ostseegaspipeline Nord Stream 2 stammenden Röhren gekauft.

Die DUH kritisierte, für das Terminal fehle bislang die Rechtsgrundlage. Die Aufnahme des Standortes in das LNG-Beschleunigungsgesetz sei zwar vom Bundeskabinett, nicht aber vom Parlament beschlossen worden.

Am Montag hatten sich Bürgerinitiativen und Vereine mit einem Schreiben an die Schweriner Landesregierung gewandt und erneut die LNG-Pläne kritisiert. Sie fürchten demnach um die Natur und den für die Insel wichtigen Tourismus. Am späten Nachmittag des 13.6. ist zudem auf der Insel eine Informationsveranstaltung der Unternehmen Gascade und Deutsche Regas für interessierte Bürgerinnen und Bürger geplant. Die Deutsche Regas soll das Terminal betreiben, nachdem sich der Energiekonzern RWE zurückgezogen hat.


Kann eine Mrd. Euro den Widerstand auf Rügen besänftigen?

30. Mai 2023:  Die Landesregierung hat im Verfahren um ein mögliches LNG-Terminal im Hafen Mukran auf Rügen Vorschläge erarbeitet und Forderungen an den Bund gestellt. Wirtschaftsminister Meyer und die Landesregierung fordern einen Beauftragten, der sich explizit um einen verbesserten Austausch mit dem Bundeswirtschaftsministerium kümmert. Zudem müsse die Akzeptanz vor Ort jetzt gefördert werden. Dafür fordert die Landesregierung vor allem mehr Geld für den Landkreis Vorpommern-Rügen und die Modernisierung des Hafengeländes in Mukran sowie für Investitionen in Wasserstofftechnik, aber auch für Straßen und Radwege auf der Insel Rügen. Alles in allem wären das Forderungen im Wert von knapp einer Milliarde Euro. Als Kompensationsmaßnahmen will man die geforderten Schritte nicht verstanden wissen. Die sollen gesondert im Genehmigungsverfahren beraten werden, so Umweltminister Backhaus. Wenn das LNG-Terminal in Mukran überhaupt genehmigungsfähig sei, dann nur für kurze Zeit.

Für Daniel Hutter, den neu gewählten Vorsitzenden des Regionalverbands Rügen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA), bleibt die „Abwehr von LNG-Terminals“ das wichtigste Thema. Eine Flüssigerdgas-Anlage stünde weiter im Widerspruch zu den Interessen der Hoteliers und Gastronomen auf der Insel Rügen. „Die Bewahrung der einzigartigen Natur ist das Rückgrat für den florierenden Tourismus auf der Insel. Wir stehen im Wort für unsere Gäste aus der gesamten Bundesrepublik Deutschland“, so Daniel Hutter. Ähnlich reagierte Kai Gardeja, der Tourismusdirektor von Binz.

In Lubmin demonstrierten etwa 400 Menschen unter anderem für Frieden und gegen die geplanten LNG-Terminals. Sie forderten die Greifswalder auf, beim Bürgerentscheid im Juni auch gegen Containerunterkünfte für Flüchtlinge zu stimmen. Die Kundgebung wurde durch zahlreiche Polizisten gesichert. Nach der Kundgebung schlossen sich viele Protestierende einem Demonstrationszug durch Lubmin an. An einer Landesstraße blockierten sie für etwa eine halbe Stunde einen Kreisverkehr.


Einstweilige Anordnung gegen LNG-Terminal in Rügen angekündigt

25. Mai 2023:  Mit einer einstweiligen Anordnung wollen die Rügener Gemeinden im Falle einer Genehmigung den Bau eines LNG-Terminals in Mukran verhindern. Die DUH hat ihre Bedenken am 24. Mai dem Bund vorgetragen.

Der Prozessbevollmächtigte der Rügener Gemeinden, Reiner Geulen, kündigte den Schritt einer einstweiligen Anordnung gegen das geplante LNG-Terminal am 23.5. an. Ihm zufolge kann das Vorhaben der Bundesregierung bis zum Winter dieses Jahres gar nicht mehr fertig werden. Die Suche nach einem passenden Standort habe zu lange gedauert. Die Hauptargumentation der Bundesregierung für das LNG-Terminal, die Verhinderung einer Gasmangellage im Winter, sei damit hinfällig.

Die Berliner Kanzlei Geulen & Klinger ist bekannt für Fälle mit großer Medienöffentlichkeit. Sie hat zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in mindestens zwölf Fällen Dieselfahrverbote in deutschen Städten vor Gericht erstritten und auch den Satiriker Jan Böhmermann in der Angelegenheit rund um das Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Erdogan vertreten.

Am 23.5.2023 waren rund 200 Interessierte zu einem Bürgerforum nach Binz gekommen. Dort beantworteten die Umweltverbände BUND, Nabu, WWF und die Deutsche Umwelthilfe (DUH), sowie Vertreter des LNG-Betreibers Deutsche Regas noch offene Fragen zum LNG Projekt. Sie sollten erläutern, welche Gefahren das Projekt birgt und wie die Sicherheit vor Ort gewährleistet werde. Befürchtet werden vor allem tiefgreifende Auswirkungen auf Tourismus, Mensch und Natur. Außerdem seien gesetzlich bindende Klimaziele gefährdet.

Die DUH hat die auf dem Bürgerforum vorgebrachten Einwände gesammelt und übergab sie vor der Kabinettsitzung in Berlin am 24.5. im Rahmen einer Protestaktion an die Bundesregierung übergeben. In diesem Zusammenhang verwies die DUH auch auf eine wissenschaftliche Untersuchung des „NewClimate Institute“, der zufolge das geplante LNG-Terminal für die Energieversorgung Deutschlands nicht notwendig ist.


Einladung zu einem „alternativen Erörterungstermin“

16. Mai 2023:  Für den 23. Mai haben Rügener Bürgerinnen und Bürger und Umweltverbände zu einem „alternativen Erörterungstermin“ zum LNG-Terminal eingeladen. Bau und Inbetriebnahme eines weiteren auf Rügen geplanten LNG-Terminals und einer Offshore-Pipeline gefährdeten gesetzlich bindende Klimaziele, argumentieren sie.

Außerdem stellten die Pläne eine gewaltige Bedrohung für den Tourismus auf Rügen, den Greifswalder Bodden, die Ostsee und die umliegenden Schutzgebiete dar, heißt es weiter. Die Bundesregierung und die zuständigen Behörden hätten es trotzdem bislang unterlassen, Bürgerinnen und Bürger am Planungsprozess zu beteiligen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) schreibt dazu: „Die Bundesregierung sowie die zuständigen Behörden haben trotz dieser tiefgreifenden Gefahren bislang darauf verzichtet, Bürgerinnen und Bürger am Planungsprozess zu beteiligen und bleiben entscheidende Antworten schuldig. Welche Folgen hat das Vorhaben für Klima, Mensch und Natur vor Ort und global? Wie wird die Sicherheit vor Ort gewährleistet? Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) lädt daher gemeinsam mit den Umweltverbänden WWF Stralsund, NABU Vorpommern und BUND Vorpommern sowie der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen und dem Binzer Tourismusverband zum alternativen Erörterungstermin „Bürgerforum – LNG auf Rügen?“ ein. Bürgerinnen und Bürger erhalten die Möglichkeit, ihre Fragen und Einwände persönlich einzubringen. Neben den betroffenen Menschen vor Ort sind Expertinnen und Experten verschiedener Fachbereiche sowie die zuständigen Planungs- und Genehmigungsbehörden eingeladen.“

Am Mittwoch, dem 24. Mai, bringen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Fridays for Future gemeinsam die Fragen und Sorgen der Menschen auf Rügen zur Bundesregierung: Vor Beginn der Kabinettssitzung werden die Einwände der Betroffenen als Flaschenpost auf einem Stück Strand aufgebaut und anschließend an die Bundesregierung übergeben.

Gesammelt wurden die Einwände der Betroffenen am Vorabend der Aktion bei einem Bürgerforum auf Rügen, das die DUH mit den Umweltverbänden WWF Büro Ostsee, NABU Vorpommern und BUND Vorpommern sowie der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen und der Gemeinde Ostseebad Binz veranstaltet. Nach aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen des New Climate Institute ist das geplante LNG-Terminal für die Energieversorgung Deutschlands nicht notwendig.


LNG-Bedarf in der Kritik – Gesetzentwurf für en Hafen Mukran vorgestellt

16. Mai 2023:  Wirtschaftsminister Habeck hat Anfang Mai in einem Brief an den Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Meyer, auf eine schnelle Realisierung weiterer LNG-Terminals auf Rügen gedrängt. Der von der DUH enthüllte Brief enthält Bedarfs-Zahlen, die als viel zu hoch kritisiert werden.

Der Bedarf der Nachbarländer Deutschlands, der von Rügen aus mit gedeckt werden könnte, sei sehr viel geringer als von Habeck angegeben. Statt um 40 Milliarden Kubikmeter pro Jahr gehe es nur um 14 Milliarden. Selbst wenn noch ein möglicher Bedarf der Nicht-EU-Staaten Ukraine und Moldawien berücksichtigt werde, komme man auf maximal 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

Bevor der Widerstand zu groß wird, will die Bundesregierung nun offenbar den Flüssigerdgas-Standort Hafen von Mukran auf der Insel Rügen gesetzlich verankern.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat schon am 15. Mai die dritte Novelle des sogenannten LNG-Beschleunigungsgesetzes in die Ressortabstimmung gegeben. Darin werden unter anderem die Planungen für die schwimmenden Flüssigerdgas-Terminals (FSRU) auf Rügen angepasst. Statt der ursprünglich einmal angedachten bis zu vier Flüssigerdgas-Terminals sehen die Pläne für die Insel nun nur noch zwei dieser Spezialschiffe vor. Beide Schiffe sollen nun im Hafen von Mukran auf Rügen ankern.

Für die Anhörung der Naturschutz- und anderen Verbände zum Referentenentwurf zur Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes (LNGG) und des Energiewirtschaftsgesetzes wurde eine Frist von nur 20 Stunden gesetzt. Der Entwurf ist noch nicht einmal innerhalb der Regierung abgestimmt. Er soll vom Kabinett im Umlaufverfahren angenommen werden. „Eine Verbändeanhörung über Nacht ist keine angemessene Frist für eine Stellungnahme zu einer umstrittenen Gesetzesänderung“, kritisierte Nabu-Geschäftsführer Leif Miller das Vorgehen. „Wir erleben ein erneutes Foulspiel des Bundeswirtschaftsministeriums.“

Das Bundeskabinett hat am 17. 5. 2023 den Gesetzentwurf beschlossen, mit dem das LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) und das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) geändert werden sollen.

Die gesetzliche Planungsbeschleunigung soll auf die geplante Anlage im Hafen von Mukran auf Rügen ausgeweitet werden. Von dort aus soll auch eine 50 km lange Anbindungspipeline nach Lubmin gebaut werden. Durch den Pipeline-Anschluss soll der Pendelschiffsverkehr von einer bisherigen Anlandeplattform durch den Greifswalder Bodden nach Lubmin entfallen. Das dort liegende LNG-Terminalschiff, welches regasifiziertes Gas in das Netz einspeist, soll künftig nach Mukran verlegt und durch ein zweites Schiff ergänzt werden.

Dann könnten die beiden Schiffe im Industriehafen von Mukran liegen, wo sie weniger auffallen. Außerdem sollen keine umweltschädlichen Chemikalien eingesetzt werden, versprach das Wirtschaftsministerium. Die neue Anlage in Mukran soll möglichst noch im Winter den Betrieb aufnehmen.

Neben der Aufnahme des Standorts Mukran enthält der Gesetzentwurf als weitere wesentliche Änderung neue Vorgaben zur Umrüstung von LNG-Terminals auf Ammoniak. Der Betreiber hat nachzuweisen, dass seine Anlage spätestens bis Anfang 2044 so umgerüstet werden kann, dass sie für verflüssigtes Ammoniak nutzbar ist. Auch diese Bestimmungen kritisiert die DUH als „vage“. Konkrete technische Regelwerke würden nicht genannt. Auch fehle ein klares Bekenntnis zu grünem Ammoniak aus erneuerbaren Energien. Deswegen könne prinzipiell konventioneller Ammoniak aus Erdgas auch über 2044 hinaus importiert werden.

Die behördliche Genehmigung des Projektes muss durch das Land Mecklenburg-Vorpommern erfolgen. Sie steht noch aus. Landeswirtschaftsminister Meyer hatte am 12. Mai bei einem Besuch von Bundeswirtschaftsminister Habeck auf Rügen Zustimmung signalisiert.

Örtlich gibt es jedoch massiven Widerstand. Umweltschützer und Lokalpolitiker auf Rügen sowie der Tourismussektor der Insel wehren sich gegen die Ausbaupläne. Sie befürchten Auswirkungen auf das Ökosystem und erhöhten Schiffsverkehr. Klimaschützer kritisieren die LNG-Pläne der Bundesregierung auch insgesamt als überdimensioniert und nicht kompatibel mit dem Klimaschutzgesetz.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte den Gesetzesentwurf des BMWK zur erneuten Erweiterung des LNG-Beschleunigungsgesetzes als überhastet und mangelhaft. Anstelle eines zugesagten Dialogs wolle Habeck das LNG-Terminal auf Rügen nun doch mit der Brechstrange durchsetzen.

Wichtigste Änderung in diesem Gesetz: Der Standort Mukran soll in die Liste der geplanten LNG-Terminals aufgenommen werden. Damit soll unter anderem die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung für das Terminal entfallen und die Öffentlichkeitsbeteiligung stark eingeschränkt werden. Eine nachvollziehbare energiepolitische Begründung für das neue LNG-Terminal fehle ebenso wie ein Hinweis auf die zusätzlichen Kosten für den Bau des Terminals, die sich auf mehr als 1,5 Milliarden Euro belaufen. Die DUH fordert Habeck dazu auf, den Gesetzentwurf zurückziehen und den Bedarf für ein weiteres LNG-Terminal transparent darzulegen. Die zu kurze Frist zur Kommentierung mache eine effektive Beteiligung praktisch unmöglich.

Vehemente Kritik kommt auch aus der grünen Partei. Der Grünen-Wirtschaftspolitiker Felix Banaszak: „Ich bin bislang weder vom Standort Rügen noch von der grundsätzlichen Notwendigkeit zusätzlicher LNG-Kapazitäten überzeugt.“ Die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum: „Bei den Planungen für ein neues LNG-Terminal auf Rügen sind für mich noch viele Fragen offen“. „Die Notwendigkeit für die Versorgungssicherheit ist für mich noch nicht klar beantwortet. Die Kostenfrage ist offen. Die Haltung der Landesregierung und der SPD ist unklar“, sagte Badum, Chefin des Unterausschusses für Klima- und Energiepolitik im Bundestag. „Der Bundeskanzler muss hier Klarheit schaffen.“ Die vielen offenen Fragen zeigten, dass es Zeit brauche für ein ausführliches Verfahren, um alles in Ruhe zu klären.


Auch nach Habecks erneutem Besuch noch viel Unklarheit um das LNG-Terminal

13. Mai 2023:  Nach einem nicht-öffentlichen Treffen mit Vertretern aus Gemeinden, Wirtschaft, Verbänden und der Landesregierung betonte Wirtschaftsminister Habeck im Hafen von Mukran die Notwendigkeit eines weiteren Flüssigerdgas-Terminals. Die Bundesregierung hat sich auf den Standort Mukran festgelegt, wie aus einem Schreiben von Habeck an Landeswirtschaftsminister Meyer (SPD) hervorgeht. Vergangenen Winter sei viel Gas eingespart worden, weil der Winter mild war, sagte der Grünen-Politiker am 12.5. auf Rügen. Das sei aber nicht selbstverständlich gewesen. „Wir haben erst rund ein Viertel der ausgefallenen Kapazitäten aus Russland ersetzt“, so der Minister. Die Versorgung von Ostdeutschland sei noch nicht sichergestellt – weitere Kapazitäten würden benötigt.

Habeck machte auf den knappen Zeitplan für das Projekt aufmerksam. „Wenn wir das noch in diesem Jahr schaffen wollen, müsste man im Sommer anfangen, zu bauen.“ Eine Erfolgsgarantie können niemand geben. „Dafür ist zu viel Zeit verstrichen.“ Außerdem müsste Rügen für beschleunigte Genehmigungsverfahren noch in das LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) aufgenommen werden. Damit das der Bundestag noch vor der Sommerpause beschließen könne, müsse es noch im Mai einen entsprechenden Kabinettsbeschluss geben, sagte Habeck.

Den bislang bekannt gewordenen Plänen zufolge sollen im Hafen von Mukran zwei Spezialschiffe (FSRU) als schwimmende Terminals festmachen. Sie sollen das verflüssigte Gas wieder in den gasförmigen Zustand versetzen und ins Netz einspeisen. Dazu soll vor der Ostseeküste eine etwa 50 Kilometer lange Unterwasser-Leitung nach Lubmin bei Greifswald verlegt werden. Dort landen die nicht mehr betriebenen Pipelines Nord Stream 1 und 2 an und es gibt mehrere Leitungen mit großer Kapazität zur Weiterverteilung an Land.

Klimaschutzminister Backhaus meldete Zweifel am tatsächlichen Bedarf an, wie ihn die Bundesregierung einschätzt. Dieser müsse noch einmal exakt nachgewiesen werden. Für Backhaus ist es außerdem noch nicht ausgemachte Sache, dass eine Entscheidung zum Bau des Terminals in Mukran gefallen ist. „Es ist bis heute entgegen aller öffentlichen Verlautbarungen keine Entscheidung getroffen worden.“

Backhaus wies auf die drängende Zeit hin. „Bis heute liegen keine entscheidungsreifen Unterlagen vor.“ Laut Habeck sollen bis zum Winter die Leitungen verlegt sein, um so vom Hafen Mukran aus die Gasversorgung bereitstellen zu können.

Vor dem Hafengelände demonstrierten rund 100 Gegner des Projekts gegen die Pläne. Gemeinden auf Rügen sowie Verbände wollen am liebsten gar kein LNG-Terminal an oder vor der Küste der Insel. Sie fürchten um die Umwelt und den für Rügen wichtigen Tourismus und kündigten bereits juristische Schritte gegen das Projekt an.

Der Bürgermeister von Binz Karsten Schneider gab am 12.5. bekannt, es sollen nun Bürgerentscheide initiiert werden. „Wir rufen die weiteren Gemeinden und Bürgerinnen und Bürger der Insel auf, diesem Beispiel zu folgen und ebenfalls entsprechende Initiativen herbeizuführen“, hieß es in einem entsprechenden Aufruf. Schneider zeigte sich von den bisherigen Gesprächen enttäuscht. Es seien erneut keine überzeugenden Fakten oder Nachweise für die Notwendigkeit der LNG-Terminals auf Rügen auf den Tisch gelegt worden. Schneider schlägt den Entscheid für das Frühjahr 2024 vor, zusammen mit den Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Bis dahin müsse das Vorhaben auf Eis gelegt werden, forderte er. Doch wenn es nach Habeck geht, soll das Terminal schon im Winter fertig sein. Schneider räumte ein, dass entsprechende Entscheide keine formellen Auswirkungen auf das Projekt hätten. Sie dokumentierten aber den Willen der Bevölkerung. Binz hatte zudem bereits zuvor rechtliche Schritte angekündigt für den Fall, dass Rügen in das LNGG aufgenommen werde.

Im Petitionsausschuss des Bundestages sagte Marvin Müller, Chef der Jusos in Mecklenburg-Vorpommern und Mitinitiator der Petition, „LNG-Schiffe sind keine Fischerboote“. Die UnterzeichnerInnen der Petition seien nicht nur aus klimapolitischen Gründen gegen die Terminal-Pläne, sondern auch gegen Rügen als LNG-Standort, weil Touristen abgeschreckt würden. Konkret richtet sich die Petition dagegen, dass das LNG-Beschleunigungsgesetz auch für den Rügen-Terminal gelten soll. Damit entfallen Umweltprüfverfahren!


Der Bund entscheidet sich für ein LNG-Terminal im Hafen von Mukran

10. Mai 2023:  Der Bund will ein neues LNG-Terminal im Hafen von Mukran auf Rügen errichten. Schon im Juni will der Bund die Genehmigungsanträge beim Bergamt Stralsund und dem Staatlichen Umweltamt einreichen. Es geht um eine rund 50 Kilometer lange Pipeline durch den Greifswalder Bodden vom Hafen Mukran zum zentralen Einspeiseort ins Gasnetz in Lubmin.

Der Bürgermeister von Binz, Karsten Schneider, zeigte sich über die Entscheidung des Bundes enttäuscht. Ihm zufolge werde immer von Kommunikation gesprochen, die aber offenbar nicht stattfindet. Er warf dem Bund vor, nicht mit offenen Karten zu spielen und die Menschen auf Rügen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Gemeinde Binz hat rechtliche Schritte angekündigt.

Auch die Deutsche Umwelthilfe will rechtlich gegen die Entscheidung vorgehen. Die Menschen würden in ihren Bedenken nicht ernst genommen und erst recht nicht beteiligt. Die massiven Eingriffe in den sensiblen Naturraum der Ostsee seien nie ernsthaft gegen die möglichen Vorteile des LNG-Terminals abgewogen worden. In knapp zwei Wochen will die Umwelthilfe zu einem Treffen auf der Insel einladen – um mit Umweltschutzverbänden, Behörden, Tourismusverantwortlichen und Einwohnern über das geplante Projekt zu sprechen.

Kritik kommt vom Grünen-Abgeordneten Hannes Damm. Es sei unklar, wie die Bundesregierung den Bedarf für die Errichtung des LNG-Terminals auf Rügen nachgewiesen habe. „Folgt die Landesregierung nun widerspruchslos den Plänen des Bundes, missachtet sie den Landtagsbeschluss vom März dieses Jahres“, erklärt er. Darin hätten die Fraktionen von SPD, Linke, FDP und Grüne beschlossen, dass die Landesregierung vom Bund einen Beleg für die Notwendigkeit des Terminals für die Versorgungssicherheit einfordert. Vorliegende Daten zeigten, dass die europäische Energieversorgung auch ohne zusätzliches LNG-Terminal gesichert ist.

Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte das Land bereits am vergangenen Freitag über die Pläne in Mukran informiert. Es gehe darum, „zügig eine Lösung für den LNG-Standort Mukran zu finden“. Deutschlands Gasversorgung bleibt nach Ansicht des Bundes „auf Kante genäht“, vor allem, wenn die kommenden Winter ungewöhnlich kalt sein sollten. Außerdem müsse man vorsorgen für den Fall, dass Russland seine noch laufenden Gas-Lieferungen über Land-Pipelines einstellt, bisher beziehe Europa über diesen Weg noch viel Erdgas.

„Dass wir eine angespannte Versorgungssituation und kurzfristig weiteren Bedarf an LNG-Kapazitäten haben, steht damit außer Frage“, schrieb Habeck an seinen Schweriner Amtskollegen. Deshalb will der Grünen-Minister Vorkehrungen treffen. Der Seehafen Rostock falle als alternativer LNG-Standort aus, dort gehe es um den Öl-Umschlag. Eine LNG-Station weit draußen auf der Ostsee aufzubauen, sei technisch schwierig und ökologisch bedenklich. Der Hafen Mukran ist dagegen nach Habecks Ansicht am besten als LNG-Standort geeignet. Tanker mit Flüssiggas sollen dort ihre Ladung anlanden, in zwei FSRUs (Regasifizierungsschiffe) soll die Fracht in Erdgas umgewandelt werden und durch die neue Pipeline nach Lubmin transportiert werden.

Der Hafen Mukran habe mit mehr als 14 Metern einen Tiefgang, der das Einlaufen von LNG-Schiffen ermöglichen soll. Außerdem biete er ausreichend Platz für zwei FSRUs. Davon soll nur eines zusätzlich sein. Denn das zweite, das bisher in Lubmin liegende Regasifizierungsschiff „Neptune“, soll nach Mukran verlegt werden. Das Betreiberunternehmen, die Deutsche ReGas, würde die Pipeline zwischen Mukran und Lubmin nutzen.

ReGas soll auch Betreiber der Anlage in Mukran sein, Habeck spricht von einer „vereinfachten Projektstruktur“. Ursprünglich war für das Terminal in Mukran das Energie-Unternehmen RWE im Gespräch. Der als Belastung für den Bodden angesehene Shuttleverkehr zwischen dem LNG-Terminal und dem Hafen Lubmin würde wegfallen, ebenso wie die Lärmbelastung am Standort Lubmin.

In Mukran soll außerdem ein festes Terminal entstehen, das grünen Wasserstoff ins Netz einspeisen kann. Nach vorläufigen Plänen soll am Standort Ammoniak durch grünen Windstrom in Wasserstoff umgewandelt werden. Details dazu müssen noch geklärt werden. Landes-Wirtschaftsminister Meyer (SPD) sagte dem NDR, er halte die Vorschläge Habecks im Ganzen für überzeugend. Er halte es für schwierig, sie komplett abzulehnen. „Wir müssen gemeinsam darüber reden, was möglich ist, was zumutbar ist, was akzeptabel ist“, so Meyer, „der Bund muss die Frage beantworten: Was haben die Bürgerinnen und Bürger speziell davon, wenn solche Schiffe dort stationiert werden?“ Darüber hätten sich Land und Bund bereits Gedanken gemacht.

Der Bund hatte den Hafen Mukran bereits bei einem Besuch auf Rügen vor fast drei Wochen von Scholz und Habeck ins Spiel gebracht. Seit Monaten sorgen die LNG-Pläne auf Rügen für heftigen Widerstand auf der Insel. Am 8. Mai erläuterten LNG-Gegner vor dem Petitionsausschuss des Bundestags die Gründe für ihre Ablehnung. Einige von ihnen hatten danach den Eindruck, auf offene Ohren gestoßen zu sein. Kritiker fürchten um die Umwelt und den für Rügen besonders wichtigen Tourismus. Auch die Schweriner Landesregierung hatte Zweifel angemeldet, dass das Terminal benötigt wird, und eine Darlegung des Bedarfs eingefordert.


Aufnahme des LNG-Terminals vor Rügen in das LNG-Beschleunigungsgesetz?

3. Mai 2023:  Die Deutsche Umwelthilfe machte in einem Rundschreiben bekannt, dass schon am 3. Mai 2023 im Kabinett entschieden werden soll, ob das „Monster-Flüssigerdgas-Terminal“ vor Rügen in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen werden soll. Die Aufnahme in das Gesetz würde Zulassungs-, Vergabe-, und Nachprüfungsverfahren verkürzen. Außerdem gäbe es „monströse Schlupflöcher und Ausnahmeregelungen bei der Umweltprüfung“. „Das wäre nicht nur fatal für Rügen: Das Ökosystem der ganzen Ostsee wäre davon betroffen!“

Nach dem Ausstieg von RWE soll offenbar auf Wunsch der Bundesregierung das Unternehmen Regas einspringen, das bereits das private LNG-Terminal in Lubmin betreibt.

Die DUH: „Wir müssen unbedingt verhindern, dass es mit dem Projekt weitergeht: Ohne vorherige Umweltprüfung. Ohne Rücksicht auf Flora und Fauna. Und ohne Beachtung der drohenden Klimakatastrophe. Das werden wir auf keinen Fall zulassen! Wir müssen diesen einzigartigen Naturraum jetzt endlich wirksam schützen!“

„Schon Mitte Mai sollen die Bauarbeiten beginnen, auch ohne Genehmigung! Möglich macht dies das neue LNG-Beschleunigungsgesetz. Wir müssen jetzt unsere Kräfte bündeln und brauchen jeden einzelnen Menschen, der sich an unsere Seite stellt.“

Die Petition aus Rügen, die von knapp 95.000 Unterstützerinnen und Unterstützern unterzeichnet wurde, soll am 8. Mai vom Petitionsausschuss des Bundestags in einer öffentlichen Sitzung behandelt werden. Es geht um die Forderung, die geplanten LNG-Terminals vor der Küste Rügens nicht in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufzunehmen.

Berlin.Table teilte am 3. Mai mit, anders als geplant werde das Bundeskabinett am 3. 5. 2023 nicht über eine Ergänzung des LNG-Beschleunigungsgesetzes entscheiden. Es sei nicht möglich, das vor Rügen geplante Terminal aufzunehmen, um den Bau auch dort zu beschleunigen, weil offen sei, wo und durch wen und ob überhaupt das Terminal gebaut würde. Die Gespräche mit Mecklenburg-Vorpommern dazu seien noch nicht abgeschlossen, teilte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums mit. 

Nachdem der erste Standort vor dem Ostseebad Sellin wegen massiver Proteste aufgegeben wurde und auch der Ersatzstandort am Hafen Mukran auf Widerstand stößt, sei nun ein weiterer Standort 18 km vor der Küste im Gespräch. Dort wäre das Terminal von Rügen aus kaum zu sehen, heißt es in einer Präsentation, mit der das Unternehmen Stena derzeit bei Bundestagsabgeordneten für den Standort wirbt. Das BMWK habe Stena in der Vergangenheit als möglichen Betreiber eines Ostsee-Terminals ins Spiel gebracht.

Die Gegner eines Flüssigerdgas-Terminals auf Rügen haben erneut Proteste angekündigt. In einer an Vertreter von Bund und Land gerichteten Mitteilung zweifelt die Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ die Begründung für den geplanten Bau an. Das Argument einer Versorgungs-Solidarität in der Europäischen Union sei in Bezug auf den beschleunigten Bau der LNG-Infrastruktur rechtswidrig, hieß es in einem Schreiben vom 2. Mai 2023.

Einen aktuellen Überblick über den globalen LNG-Boom gab das Portal klimareporter.


RWE will sich vom LNG-Terminal-Projekt vor Rügen zurückziehen

29. April 2023:  Nach Informationen des Spiegel haben Vertreter des Konzerns RWE dem Bundeswirtschaftsministerium vor Kurzem mitgeteilt, dass man sich aus dem Projekt eines zweiten LNG-Terminals vor Rügen zurückziehen wolle. Diese Absage habe sich schon seit Wochen angekündigt. Als der Konzernchef Krebber bei der Bilanzpressekonferenz im März auf Rügen zu sprechen kam, wurde er sehr vorsichtig: RWE sei ein möglicher Dienstleister, der helfen könnte, Infrastruktur aufzubauen. Doch die Bundesregierung habe noch nicht entschieden, was überhaupt gebaut werden solle.

Im Februar hatte eine RWE-Tochterfirma bereits einen Bauantrag für eine Gasleitung durch die Ostsee gestellt, vom Seebad Sellin auf der Insel bis zum Festland. Doch dann schwenkten Bundes- und Landesregierung um und sprachen sich für ein Terminal weiter nördlich im Hafen von Sassnitz- Mukran aus.

Die planerische Unsicherheit war wohl nicht der einzige Grund, warum RWE auf Distanz ging. Das Unternehmen ist Lützerath-geschädigt. Es will sich schon lange als Energiewendekonzern präsentieren, aber die Proteste gegen die spektakuläre Räumung des Dorfes im Rheinischen Revier haben das Image schwer beschädigt. Sollte sich Rügen zu einem zweiten Lützerath ausweiten, wäre RWE wohl lieber nicht dabei.

Dem Handelsblatt teilte RWE mit: „Wir wollen LNG-Infrastruktur nicht dauerhaft betreiben und diese Aktivitäten absehbar an andere Akteure übergeben.“ Das habe man auch bei der Bekanntgabe der Jahreszahlen im März schon deutlich gemacht.

Krebber erklärte laut veröffentlichtem Redetext für die Hauptversammlung am 4. Mai zum Betrieb von LNG-Terminals: „Wir tun dies im Auftrag der Bundesregierung und werden die schwimmenden LNG-Terminals absehbar an die entsprechenden staatlichen Gesellschaften übergeben.“ Auch wolle der Versorger seine Kohlekraftwerke aus der Sicherheitsreserve nicht länger als nötig betreiben.

Der Konzern stehe für den Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke in den Startlöchern, so Krebber weiter. Bis zum Ende des Jahrzehnts wolle RWE hier rund drei Gigawatt Kapazität errichten, insbesondere an den Standorten seiner Kohlekraftwerke. Es müsse jedoch zunächst Klarheit über ein künftiges Wasserstoffnetz sowie über den Vergütungsrahmen geben.

Nun steht die Bundesregierung wohl allein da. Eigentlich soll vor Rügen schon in diesem Winter Gas anlanden. Doch daraus dürfte nichts werden, zumal die gesamte Planung ins Stocken geraten ist. Ursprünglich war vorgesehen, zwei Türme vor der Insel in den Meeresboden zu rammen. Gerade mal gut fünf Kilometer vor dem Seebad Sellin. Bis zu vier Spezialschiffe sollten dort festmachen, gut 300 Meter lange und 50 Meter hohe Ungetüme, an denen wiederum LNG-Tanker anlegen könnten. Um das Gas nach Lubmin bei Greifswald zu transportieren und von dort ins Netz einzuspeisen, sollte eine knapp 40 Kilometer lange Pipeline durch die Ostsee gebaut werden. Als sich aber Widerstand formierte, schwenkte die Politik auf den Hafen Mukran um.

Energiepolitisch soll das Projekt strategische Bedeutung besitzen. Während die LNG-Terminals in der Nordsee LNG vor allem in den Westen und Südwesten Deutschlands leiten würden, würden über Rügen der Osten und Bayern beliefert werden. Von Lubmin aus verlaufen die ehemals von den Nord-Stream-Röhren versorgten Pipelines zunächst an Dresden vorbei nach Tschechien und von dort nach Bayern. Sie versorgen nicht nur die Haushalte und die Industrie in Bayern, sondern auch Gaskraftwerke.

Habeck wird nicht müde zu betonen, wie wichtig das Bauvorhaben sei. Nur dringt er bei den Insulanern nicht durch. Kai Gardeja, Tourismusdirektor und Vizebürgermeister der Gemeinde Binz, spricht von einem »wahnsinnig harten Eingriff in den marinen Naturraum«. Schweinswale könnten vertrieben, Heringsschwärme geschwächt werden, sagen Umweltschützer. Gardeja fürchtet den gewaltigen Lärm der neuen Anlage, die unweit beliebter Badestrände entstünde. Er sorgt sich auch um die Sandqualität in Binz und Prora. Werde der Hafen vertieft, entstehe eine weitere »Sandfalle«, die zu einer »Versteinerung« der Küste führen könnte. Das alles sei ein Albtraum für eine Region, die vom Tourismus lebe.

Scholz erklärte kürzlich, allein mit den Terminals an der Nordsee, Importen über westeuropäische Häfen und über Pipelines aus Norwegen komme man nicht zurecht. Die skeptischen Inselbewohner versuchte er ökonomisch zu locken mit der Aussicht auf mögliche Wasserstoffimporte über den Hafen Mukran.

Weil Gasröhren derzeit mindestens ein halbes Jahr Lieferzeit haben, verfiel man im Wirtschaftsministerium auf die Idee, jene Röhren aufzukaufen, die vom Bau der gestoppten Pipeline Nord Stream 2 übrig geblieben waren. Doch Rügen ist zu weit vom Festland entfernt. Die soeben erworbenen Nord-Stream-Röhren reichen nicht.

Die Chancen für schlechte Publicity stehen gut: Am 30. April 2023 protestierte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer im Ostseebad Binz gegen die Pläne. Weitere Vertreterinnen und Vertreter der Klimaschutzbewegung Fridays for Future beteiligten sich an Aktionen mit Transparenten und Plakaten am Strand.

Am 28. April 2023 veröffentlichten die Bürgermeister der Insel Rügen und der Hansestadt Stralsund eine Gemeinsame Erklärung dem Schluss-Satz: „Wir bleiben standhaft: Keine LNG-Terminals auf oder vor Rügen!“

Laut einem Gemeindesprecher befürchtet Binz, dass das nötige Ausbaggern der Fahrrinne in Mukran dazu führen könnte, dass weniger Sand angespült wird. Im schlimmsten Fall könnte daraus ein Steinstrand entstehen. Weitere Bedenken betreffen den Ausblick auf eine Industrieanlage, mögliche Lärmemissionen durch Schiffe sowie das Risiko von Havarien und damit von Öl am Strand.

Sollte die Bundesregierung weiterhin den Standort Mukran für das LNG-Terminal befürworten und den Antrag stellen, beabsichtigt die Gemeinde Binz als am stärksten betroffene Gemeinde, mit juristischen Schritten gegen die Pläne des Bundes für ein Flüssigerdgas-Terminal auf Rügen vorzugehen. Der Berliner Rechtsanwalt Reiner Geulen ist als Experte für öffentliches Recht damit beauftragt worden, eine einstweilige Anordnung vorzubereiten. Diese will er beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig stellen, falls der Bund Antragsunterlagen für ein LNG-Terminal im Fährhafen Sassnitz-Mukran einreicht. Geulen habe schon vor internationalen Gerichten erfolgreich prozessiert, erklärte der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider.

Der Widerstand auf Rügen sorgt inzwischen für internationales Ausehen. Die Neue Zürcher Zeitung titelte am 30. April 2023: „Aufstand im Ferienparadies: Deutschlands grösste Insel kämpft gegen ein Flüssiggasterminal“. In einem ausführlichen Überblick wird eine Gemeindevertreterin zitiert: «Ein LNG-Terminal wäre vor Sylt nicht möglich».


Debatte unter Touristikern – Austrittswelle aus dem Tourismusverband

26. April 2023:  Wegen der nicht abgestimmten Positionierung des Vorstandsvorsitzenden Knut Schäfer zu dem vor Rügen geplanten LNG-Terminal traten mehrere Mitglieder aus dem Tourismusverband Rügen aus.

Schäfer hatte sich nach dem Besuch von Scholz Habeck offen für ein Flüssigerdgas-Terminal im Hafen Mukran gezeigt, da es umsetzbar sei, ohne den Tourismus zu schädigen. Außerdem gebe es keinen Grund, an der Darstellung der Bundesregierung zu zweifeln, dass unter anderem die Gasversorgung Ostdeutschlands von dem Standort abhinge.

Nun treten das Ostseebad Binz als größte touristische Gemeinde und mehrere große Hotels auf der Ostseeinsel aus dem Rügener Verband aus..  „Das Signal des Verbands gegenüber der Öffentlichkeit ist verheerend“, heißt es in einer Erklärung. Der Vorsitzende habe sich ohne Beschluss der Mitglieder in einer wichtigen Frage positioniert. Seine Äußerungen stimmten mit den Statuten und dem Leitbild des Verbands nicht überein. Im Fokus stünden unter anderem die Interessensvertretung der Tourismuswirtschaft und die Sicherung der Natur Rügens.

„Die Bevölkerung von Rügen ist eindeutig gegen die Terminals“, so der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider. Ihm zufolge wären die Pläne ein harter Einschnitt für die Lebensqualität und Sicherung der Arbeitsplätze auf der Insel. Nach eigenen Angaben ist Binz mit einem jährlichen Umsatz von fast 280 Millionen Euro aus dem Tourismus der mit Abstand größte Wirtschaftsraum auf der Insel.

Die Pläne sorgen seit Monaten für heftigen Widerstand auf der Insel. Kritiker fürchten um die Umwelt und den wichtigen Tourismus. Gegner des LNG–Projekts befürchten irreparable Schäden der Ostsee durch die Verlegung einer weiteren Pipeline, Gewässerverunreinigung durch den Einsatz von Chlor für den Betrieb des Terminals, sowie eine Versteinung des Sandstrandes, sollte das Vorhaben am aktuell von der Bundesregierung favorisierten Standort Mukran umgesetzt werden.

Einem Sprecher der Gemeinde Binz zufolge geht aus einer aktuellen repräsentativen Meinungsumfrage hervor, dass 74,4 Prozent der Befragten in Mecklenburg–Vorpommern gegen das LNG–Projekt sind, während 17,5 Prozent dafür und 8,1 Prozent unentschlossen sind.

Die LINKE bekräftigte ihr Nein zum LNG-Terminal und widersprach der SPD-Vorsitzenden Esken. Entgegen deren Behauptungen sei das LNG-Terminal vor Sellin nicht notwendig. Nicht nur der NABU warne davor, dass die Bauarbeiten und der Betrieb zahlreiche Arten und ihre Lebensräume bedrohe. Auch zahlreiche Bürger:inneninitiativen sowie Verbände machten mobil und gingen gegen das geplante LNG-Terminal auf die Straße. Frau Esken zeige mit ihrer Aussage deutlich, dass ihr die Meinung der Einwohner:innen, der Bürger:inneninitiativen, der Vereine und Verbände egal sei,.


Weiterhin „alle Mittel“ gegen ein Terminal vor oder auf Rügen ergreifen

21. April 2023:  Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck trafen sich am 20.4.2023 zu Gesprächen mit Verbänden und Gemeindevertretern auf Rügen und verteidigten ihre Pläne für ein weiteres Flüssigerdgas-Terminal am Standort Rügen. Allein mit den Terminals an der Nordseeküste, mit Importen über westeuropäische Häfen und über Pipelines aus Norwegen komme man nicht zurecht, sagte Scholz nach einer Gesprächsrunde zu diesem Thema in Binz. Man brauche auch im Osten Deutschlands Importinfrastruktur. Denn es gehte um Versorgungssicherheit für den Osten Deutschlands. Auch Bundeswirtschaftsminister Habeck sagte, gerade die Versorgung Ostdeutschlands hänge daran, dass weitere Alternativen geschaffen würden.

Der Bund sieht nach früheren Angaben in einem Standort an der ostdeutschen Küste auch Vorteile für die Energieversorgung in Ost- und Mitteleuropa. Das Terminal soll über eine Offshore-Pipeline im vorpommerschen Lubmin an das Gasnetz angebunden werden. Hier landeten die nicht betriebenen deutsch-russischen Pipelines Nord Stream 1 und 2 an. Zudem treffen sich mehrere Pipelines mit großer Kapazität zur Weiterverteilung bis nach Bayern.

Bei der Frage nach dem genauen Standort für das zweite Terminal plädierte Scholz während des nicht-öffentlichen Gesprächs für den Hafen von Mukran, der allerdings erst auszubaggern wäre. Nach Aussage von Teilnehmern verwies er mit Blick auf eine mögliche Alternative auf offener See auf technische Probleme.

Karsten Schneider, der Bürgermeister von Binz,  erklärte nach dem Gespräch, die Bundesregierung wolle anscheinend an diesem Standort festhalten. Man werde weiterhin „alle Mittel“ gegen ein Terminal vor oder auf Rügen ergreifen. Er wertete das Gespräch mit dem Bund als ein erstes Abtasten. „Dafür empfand ich das Gespräch sehr gut“. Es müsse weitere geben. Er wünsche sich, dass nun Tempo herausgenommen werde.

Das Gespräch wurde von Protesten begleitet. Am Ort der Gesprächsrunde zu der etwa 60 Vertreter von Gemeinden, Verbänden und der Wirtschaft geladen waren, hatten sich vor dem Tagungszentrum »Haus des Gastes« in Binz auf Rügen laut Polizei bei Eintreffen des Kanzlers bis zu 600 Demonstrantinnen und Demonstranten versammelt, die laut ihren Unmut kundtaten. Sie hatten Schilder mitgebracht, die ihren Zorn dokumentieren. »Stopp dem LNG Wahnsinn!« steht darauf und »Rügen wehrt sich«.

Als der Kanzler vorfährt und aus dem Mercedes steigt, werden die Pfiffe lauter. »Kein LNG!«, schreien die Menschen. Sie rufen »Pfui« und »Buh«. Scholz ist im Herzen des Widerstands angekommen.

Die Protestierenden fürchten um die Umwelt und den für Rügen besonders wichtigen Tourismus. Auch die Schweriner Landesregierung hatte Zweifel angemeldet, ob das Terminal überhaupt benötigt wird und eine Darlegung des Bedarfs eingefordert. Kritiker sprechen angesichts der Pläne von nicht benötigten Überkapazitäten, die durch ein Terminal an oder vor Rügens Küste geschaffen würden.

Der Landesumweltminister Backhaus forderte eine fundierte Erklärung für den Bedarf eines LNG-Terminals und Aufklärung zu Trägern und Betreibern sowie eine Antwort auf die Frage, was die Insel Rügen und das Land Mecklenburg-Vorpommern von diesem Projekt haben. „Für mich ist klar, gefracktes Gas oder überhaupt LNG passen nicht zum Land Mecklenburg-Vorpommern“, so Backhaus. Zugleich verwies er auf die Option, die Terminals für grünen Wasserstoff zu nutzen.

Für die FDP Mecklenburg-Vorpommern begrüßte David Wulff, dass die Standortfrage noch offen sei, der Bund aber den Hafen Mukran ins Spiel gebracht habe. Der Hafen biete aufgrund seines industriell geprägten Umfelds gute Voraussetzungen für den langfristigen Ausbau der Wasserstoff- und Grüngas-Infrastruktur. Die Belange von Natur- und Artenschutz sowie Tourismus auf der einen Seite und die Sicherung der Energieversorgung und -unabhängigkeit auf der anderen müssten gleichwohl abgewogen werden.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Harald Terpe, kritisierte, dass nach den Gesprächen mit Scholz und Habeck die Position von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zum Standort Mukran unklar geblieben sei. Sie müsse zudem darlegen, wie es den Landesbehörden innerhalb weniger Monate gelingen soll, alle rechtsstaatlichen Verfahren für eine Genehmigung gründlich durchzuführen. „Keinesfalls dürfen unzureichende Prüfungen dazu führen, dass bei einem überstürzt genehmigten Bau nachhaltige Schäden für Umwelt und Menschen vor Ort entstehen.“

Der Vorsitzende des regionalen Tourismusverbands, Knut Schäfer, lehnt ein LNG-Terminal im Hafen Mukran nicht grundsätzlich ab. Am Tag nach dem Besuch von Scholz und Habeck (Grüne) sagte er, man müsse darüber reden, inwiefern ein Flüssigerdgas-Terminal in Mukran umsetzbar sei, ohne den Tourismus auf der Insel zu schädigen. Seiner Ansicht nach gebe es derzeit keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Gasversorgung der fünf neuen Länder und die der südlichen Nachbarn vom Standort Mukran abhänge. Es gehöre zu einer Gesellschaft, „darüber zu reden, unter welchen Bedingungen dieser Standort umsetzbar ist, ohne dass er den Tourismus auf der Insel schädigt“. Auf Dauer könne man sich einer solchen Argumentation nicht verschließen.

Unterdessen meldete die taz, ein neues Gutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stufe die Flüssigerdgaspläne der Bundesregierung als gesetzeswidrig ein.


Scholz und Habeck kommen nach Rügen

19. April 2023:  Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck werden am 20.4.2023 in Binz auf der Insel Rügen erwartet. Sie wollen nach Angaben von Ministerpräsidentin Schwesig mit Verbänden und Inselbürgermeistern über die Pläne des Bundes für ein weiteres LNG-Terminal in Mecklenburg-Vorpommern sprechen. Die Bundesregierung will am Standort Rügen wie auch schon in der Nordsee ein von ihr gechartertes Spezialschiff zur Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) in Stellung bringen und plant dafür den Bau einer entsprechenden Infrastruktur. Nach dem Mitte Januar eröffneten und privatwirtschaftlich betriebenen Terminal in Lubmin wäre es das zweite in Vorpommern.

Die rot-rote Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern begrüßt den angekündigten Besuch. Schwesig wird zusammen mit Landeswirtschaftsminister Meyer und Landesumweltminister Backhaus (beide SPD) an dem Gespräch teilnehmen. Schwesig sagte, sie stehe zu ihrer Zusage, dass Mecklenburg-Vorpommern seinen Beitrag für eine sichere Energieversorgung leisten werde. Doch könne letztlich nur der Bund entscheiden, ob dafür wirklich ein weiteres Terminal in Mecklenburg-Vorpommern benötigt werde. „Die Standortentscheidung soll so schnell wie möglich gefällt werden“, hieß es vergangene Woche vom Bundeswirtschaftsministerium.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es vehementen Widerstand gegen ein LNG-Terminal vor Rügen. Vom ursprünglich geplanten Standort vor Sellin ist der Bund mittlerweile abgerückt. Andere Standorte wie der Hafen in Mukran seien in der Prüfung. Auch Gebiete weiter draußen auf der Ostsee vor Rügen sollen in Frage kommen.

Die Gemeinden lehnen den Bau eines LNG-Terminals weiterhin ab, so ein Sprecher der Inselgemeinschaft. Die Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ findet es gut, dass endlich mit Bürgermeistern und Tourismus- und Wirtschaftsvertretern gesprochen wird, hätte sich aber zusätzlich einen direkten Dialog mit den Bürgern gewünscht.

Die Gemeinden hatten ihre Ablehnung mit Gefahren für den Tourismus begründet, der für die Insel besonders wichtig ist. Auch Umwelt und Natur sehen sie bedroht. Zudem würden nicht benötigte Überkapazitäten geschaffen. Das Bundeswirtschaftsministerium hingegen hatte zuletzt argumentiert, es würden Importmöglichkeiten für mittel- und osteuropäische Nachbarn geschaffen, die bislang durch russisches Gas versorgt wurden und diese Mengen kompensieren müssten. Die Reduzierung und dann der Wegfall russischer Gaslieferungen im vergangenen Jahr hätten dies „zwingend notwendig gemacht“.

Am 17.4.2023 war bekannt geworden, dass die Bundesregierung nicht verbaute Röhren der deutsch-russischen Erdgaspipeline Nord Stream 2 für das LNG-Terminal gekauft hat. Nach früheren Angaben der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern lagern in Sassnitz auf Rügen Nord-Stream-2-Rohre mit einer Gesamtlänge von 60 Kilometern.

Vor wenigen Tagen hatte unter anderem die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken die Pläne für ein LNG-Terminal vor Rügen verteidigt. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ sagte Esken, man brauche diese Anlage und warb unter anderem für eine bessere Kommunikation mit den Menschen auf der Insel.

Minister Meyer zeigte sich skeptisch: „Wenn wir das Terminal wirklich brauchen, damit Deutschland durch den Winter kommt, dann reklamiert der Bund für sein Projekt ein „überragendes öffentliches Interesse“, das anderen Interessen vorgeht“, sagte er dem „Nordkurier“. „Aber ich habe momentan Zweifel, dass wir das Terminal benötigen.“

Die Berliner Zeitung fragte nach dem Widerspruch, dass Habeck ab 2024 Gasheizungen verbannen, aber gleichzeitig deutsche LNG-Terminals ausbauen wolle. Seit einigen Monaten gebe es drei deutsche Importterminals: in Wilhelmshaven, in Lubmin und in Brunsbüttel – und die Gasspeicher hierzulande seien mit 66 Prozent für diese Jahreszeit mit geringem Verbrauch mehr als gut gefüllt. Der Gasmarkt sei zudem bereits mit LNG überschwemmt. Kämen noch weitere vier Terminals dazu – so viele sollten nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe und des NewClimate Institute bis 2026 in Betrieb gehen: zuerst schwimmend und dann fest –, werden sie in der Summe so viel Gas nach Deutschland liefern können, wie Deutschland nicht mehr über Nord Stream aus Russland bekommt. Ein Ausgleich 1:1 also, während die Gasheizungen allmählich an Wert verlieren sollen.

Dazu erklärte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nur: „Wir bauen bei den schwimmenden Flüssigerdgasterminals erstmals eine neue Infrastruktur auf, die es bislang in Deutschland nicht gibt und die ein zentraler Baustein zur Stärkung der Vorsorge ist“. Der Ausbau einer LNG-Infrastruktur für FSRU sowie die Anmietung von FSRU seien essenziell für die Energiesicherheit. Die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen im vergangenen Jahr hätten den Aufbau dieser neuen Infrastruktur zwingend notwendig gemacht.


Bundestags-Petition gegen ein LNG-Terminal vor Rügen

12. April 2023:   61.000 Unterschriften für die Bundestagspetition 146839 „Keine Aufnahme der geplanten LNG-Terminals vor der Küste Rügens in das LNG-Beschleunigungsgesetz vom 27.02.2023“ sind zusammengekommen. Bei mehr als 50.000 Unterschriften wird sich schon bald der Petitionsausschuss des Bundestages mit den Plänen für ein Flüssigerdgas-Terminal vor Rügen beschäftigen.

Mehr als 33.000 Menschen unterzeichneten den Aufruf online, und noch einmal fast genauso viele Unterschriften haben den Petitionsausschuss zusätzlich postalisch erreicht, heißt es auf der Website des Bundestages.

Die Organisatoren können den Abgeordneten jetzt ihre Argumente gegen das Projekt vortragen. Auch das zuständige Bundeswirtschaftsministerium wird dort die Gelegenheit bekommen, Stellung zu beziehen.

Die Petition richtet sich gegen die Aufnahme Rügens als Standort in das LNG-Beschleunigungsgesetz. Mit dem Beschleunigungsgesetz würde ein dort geplantes Terminal als priorisiertes Vorhaben eingestuft. Der Weg für ein verkürztes Genehmigungsverfahren würde geebnet.

Ein Sprecher sagte, man hätte sich eine Anhörung zum nächstmöglichen Zeitpunkt – also ab kommender Woche – gewünscht, wenn der Bundestag wieder in eine Sitzungswoche startet. Bei der Anhörung dürfe es nicht bloß um ein „Schauspiel“ gehen. Es handele sich um den ersten derartigen Austausch mit Bedenkenträgern. Die Bundesregierung dürfe nicht in den vorhergehenden Sitzungswochen schon Fakten schaffen.

Angesichts großen Widerstands hatte das Bundeswirtschaftsministerium vom umstrittenen Standort fünf Kilometer vor der Küste Sellins Abstand genommen. Stattdessen präferierte es nach dpa-Informationen zuletzt den Hafen von Mukran als alternativen Standort. Auch ein Standort weiter draußen auf See wurde zumindest diskutiert. Der Haushaltsausschuss hatte jüngst zwar Geld für Planungen, aber nicht für den Bau freigegeben und weitere Prüfungen gefordert.

Menschenkette vor Rügen gegen LNG-Terminal

9. April 2023:  Auf Rügen haben sich viele Menschen zum Protest gegen das geplante LNG-Terminal versammelt. Mit Menschenkette, Osterfeuern und Trommelumzug wurde von Mukran bis Sellin demonstriert.

Die Demonstration startete mit einer Tanzeinlage an der Seebrücke in Binz. Ein Bündnis aus 37 Bürgerinitiativen, Umweltverbänden, Städten und Kommunen hatte für danach viele weitere Aktionen für den Abend geplant. Zum Beispiel eine Menschenkette von Mukran über Prora, Binz und Sellin bis nach Baabe. Klangkünstler imitierten das laute Brummen der LNG-Terminals und Schiffe in Lubmin, Wilhelmshaven und Brunsbüttel. Damit sollte auf die Lärmemissionen aufmerksam gemacht werden.

Die Initiatoren der Protestaktion nutzten außerdem die „Osterfeuermeile“ – 22 Osterfeuer entlang der Küste bei Binz – um bei einem Trommelumzug von Feuer zu Feuer zu gehen. Ihnen zufolge beteiligten sich rund 2.000 Menschen an den Protesten. Zum Abschluss der Demonstrationen gab es eine Laser- und Videoinstallation auf der Binzer Seebrücke.

Nach starkem Widerstand war die Bundesregierung von ihren Plänen abgerückt, fünf Kilometer vor der Küste des Ostseebades Sellin ein Flüssigerdgas-Terminal zu errichten. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft nun weitere mögliche Standorte in dem Gebiet, unter anderem die Nutzung des Hafens von Mukran. Doch auch dagegen hatten Gemeinden im Südosten Rügens opponiert. Auch ein Standort weiter draußen auf dem Meer ist zumindest schon diskutiert worden.

Mehrere Umweltverbände appellierten an Ministerpräsidentin Schwesig, alle LNG-Pläne vor Rügen aufzugeben. Sowohl küstennahe als auch küstenferne Flüssigerdgas-Standorte bei Rügen würden die verschiedenen Ökosysteme der Ostsee in erheblichem Maße und unwiderruflich schädigen, teilten der Bund Mecklenburg-Vorpommern, die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Nabu Mecklenburg-Vorpommern sowie der WWF Deutschland am Mittwoch mit. Die Verbände sprechen sich nicht nur gegen den inzwischen verworfenen Standort der LNG-Terminals vor dem Seebad Sellin aus, sondern auch gegen einen Standort im Hafen Mukran, sowie gegen andere Offshore-Standorte in der Ostsee.

Die Initiatoren einer Bundestags-Petition gegen das Projekt äußerten sich kurz vor Ende der Unterschriften-Sammlung optimistisch. Man gehe vorbehaltlich der offiziellen Auszählung davon aus, das notwendige Quorum von 50.000 Mitzeichnern erreicht zu haben, teilte ein Sprecher der Initiative am Mittwoch mit. In diesem Fall müssten die Organisatoren in einer öffentlichen Sitzung vom Petitionsausschuss des Bundestags angehört werden.


Der Haushaltsausschuss stoppt die Finanzierung des LNG-Terminals vor Rügen

30. März 2023:  Das umstrittene LNG-Terminal vor der Küste Rügens wird vorerst nicht gebaut. Der Haushaltsausschuss des Bundestags stoppte am Mittwoch die Freigabe weiterer Finanzmittel für das LNG-Terminal vor der Küste des Badeorts Sellin, das Umweltverbände „das größte fossile Projekt Europas“ genannt hatten.

Der Bau der Anlandestelle für Flüssigerdgas müsse „einer weitergehenden Prüfung unterzogen“ werden, „bevor die hierfür benötigten Mittel freigegeben werden“, urteilte der Ausschuss. Weitere Gelder für die Planung gebe es nur „unter Einbezug der vorgebrachten Interessen und Einwände der lokalen Akteure“. Umweltverbände und die Lokalpolitik hatten das Projekt kritisiert, weil es große Überkapazitäten bedeuten würde.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags nur einen kleinen Teil der von der Bundesregierung beantragten Mittel für das LNG-Terminal vor Rügen freigegeben hatte. Sie forderte eine vollständige Absage der LNG-Pläne vor Rügen und einen Klimastresstest für alle weiteren geplanten LNG-Projekte.

Freigegeben wurden vom Haushaltsausschuss nur jene Mittel, die in der aktuellen Phase für die Planung einer Pipeline in der Ostsee benötigt werden. Für diese Vorplanung gab der Haushaltsauschuss 240 Millionen Euro frei. Für die Freigabe weiterer 1,5 Mrd. Euro für den Bau des umstrittenen LNG-Terminals sehen die Haushälter noch Hürden.

Man wolle nicht „übereilt Fakten schaffen“, sagte Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler zur taz. Der Standort Rügen sei wegen „der Auswirkungen auf den Naturraum Ostsee, die Kosten und die grundsätzliche Notwendigkeit“ fraglich. Der Energiekonzern RWE hatte bislang eine 38 Kilometer lange Pipeline vom Ostseehafen Lubmin zum Offshore-Terminal im Südosten Rügens geplant. Hier sollten zwei Plattformen gebaut werden, an denen mehrere schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (FSRU) festmachen können.

Kindler warnte generell vor der Gefahr kostenintensiver, fossiler Überkapazitäten bei der LNG-Infrastruktur. „Jeder Euro für LNG-Projekte fehlt am Ende bei Wärmepumpen, der Gebäudesanierung oder grünen Wasserstoffprojekten in der Industrie, womit wir nachhaltig Gas sparen können.“ Die Bundesregierung hatte nach Grünen-Angaben in einer Vorlage für den Haushaltsausschuss für mehrere LNG-Terminals zusätzlich rund 3,1 Milliarden Euro beantragt. Der Haushaltsauschuss habe davon aber nur rund 1,6 Milliarden Euro freigegeben.

Nach massivem Widerstand auf der Insel Rügen war die Bundesregierung von ihren Plänen abgerückt, nur fünf Kilometer vom Ostseebad Sellin entfernt ein schwimmendes Terminal für Flüssigerdgas (LNG) zu errichten. Favorisiert wird nun als Standort der Hafen Mukran auf Rügen. Gemeinden im Südosten der Insel Rügen haben auch dazu bereits ihre Ablehnung bekundet.

Laut einer aktuellen Umfrage ist die Ablehnung eines geplanten Terminals für Flüssigerdgas vor oder auf Rügen besonders ausgeprägt. Mehr als 72 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern lehnen demnach den Bau solcher Anlagen ab. Laut der am Mittwoch veröffentlichten Online-Befragung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Gemeinde Binz sind es bundesweit knapp die Hälfte (48,4 Prozent). Zustimmung zu dem Bau kam in MV demnach nur von 17,5 Prozent und bundesweit von gut einem Drittel.

Für die LNG-Standorte in der Nordsee gab der Haushaltsausschuss am 29.3.23 die gesamten Mittel frei. Er genehmigte Mehrbedarfe für fünf weitere LNG-Terminals in Höhe von 669 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die Kosten dafür inzwischen auf 8,2 Milliarden Euro. Allein in diesem Jahr sollen weitere 1,5 Milliarden Euro dazukommen.


Friedrich Merz (CDU): „Bürger müssen in den sauren Apfel beißen“

Die Parteien zum LNG-Terminal vor Rügen

26. März 2023:  Vor 200 Zuschauer:innen stellte sich der CDU-Vorsitzende Merz am 24.3.2023 Fragen von Journalisten. Seine Antworten zum geplanten LNG-Terminal vor der Küste Rügens erschreckten das Publikum.

Auf die Frage, warum man bei dem Thema von der CDU nichts höre, musste Merz zugeben, über die Situation vor Ort nicht ausreichend im Bilde zu sein. Er könne aktuell nicht überblicken, ob weiterer Bedarf bestehe. „Bürger müssen hinnehmen, dass solche Bauwerke entstehen.“ Es brauche verflüssigtes Erdgas in großem Umfang, aber auch andere Alternativen – wie den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken –, müsse man bedenken. Auf Nachfrage von Kristina Dunz stellt er klar: „Ja, das ist ein Appell an die Bürger, in den sauren Apfel zu beißen.“ Fassungslosigkeit machte sich im Publikum breit. Zuletzt räumte der CDU-Vorsitzende ein, er wolle sich auf keine Seite stellen und das Thema mit seinem Parteikollegen Philipp Amthor, der an diesem Nachmittag im Publikum saß, als ortskundigem MV-ler besprechen.

In einem öffentlichen Brief an ihren Bundesvorsitzenden distanzierten sich die drei CDU-Ortsverbände der Rügener Ostküste von Merz’ Aussagen und kritisieren ihn scharf. Er habe sich öffentlich geäußert, ohne mit den Parteimitgliedern vor Ort ins Gespräch zu kommen, heißt es in dem Brief, den der Sassnitzer CDU-Vorsitzende Ingo Trusheim, der Binzer CDU-Chef Ulf Dohrmann und Bernd Elgeti von der CDU Mönchgut-Granitz unterzeichnet haben. An der Parteibasis im Nordosten sei man nämlich ganz anderer Meinung.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat die Pläne des Bundes für ein Flüssigerdgas-Terminal fünf Kilometer vor Rügen zurückgewiesen. Das Vorhaben passe nicht zum Land, zum Tourismus, zur Natur und zu den Menschen, sagte sie am 14.3.2023 nach einer Kabinettsklausur in Anklam. Sie forderte die Prüfung von Alternativen. Sie betonte, Mecklenburg-Vorpommern sei bereit, seinen Beitrag für eine verlässliche Energieversorgung zu leisten. „Wir haben das in der Vergangenheit mit den Ostsee-Pipelines getan und werden das auch in Zukunft tun.“ Die technischen Lösungen müssten aber zum Land passen.

Für die LINKE, die der Regierung von MV angehört, erklärte der energie- und umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Daniel Seiffert, am 24.3.2023:  „Der Bund nimmt mittlerweile offenbar Abstand, in direkter Sichtweite zum Ostseebad Sellin ein oder mehrere LNG-Terminals zu errichten. Es ist ein Teilerfolg, dass der Bund nun ernsthaft mehrere Standortalternativen prüft. Allerdings formiert sich auf Rügen bereits Protest gegen die Standortalternative Mukran, die u. a. in Erwägung gezogen wird. Der heutige Landtagsbeschluss ist ein deutliches Signal an den Bund, dass wir uns konsequent gegen Vorhaben für ein oder mehrere LNG-Terminals in der Ostsee stemmen, die sich gegen Landesinteressen, die Menschen, die Natur und die touristische Entwicklung richten.

Meine Fraktion hat sich seit Bekanntwerden der Pläne von RWE, Anleger für mehrere LNG-Terminals in geringem Abstand zum Ostseebad Sellin zu errichten, für eine klare Positionierung des Landes stark gemacht. Letztlich mündete dies in einem fraktionsübergreifenden Antrag von SPD, Linke, FDP und Bündnisgrünen.“

Der Bund müsse schlüssig nachweisen, ob ein LNG-Terminal überhaupt gebraucht werde, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Für diesen Nachweis müssten das Vorhaben des Bundes und die privatwirtschaftlichen Vorhaben zusammen betrachtet werden. Und auch für etwaige neue Standorte seien die Vereinbarkeit mit EU-Umweltrecht sowie die Auswirkungen auf Umwelt und Natur und die touristische bzw. wirtschaftliche Entwicklung zu prüfen und nachzuweisen. Wenn ein Bedarf tatsächlich nachgewiesen sei und LNG-Terminals im Küstenmeer von Mecklenburg-Vorpommern errichtet werden müssten, seien klare Bedingungen zu erfüllen. Die Infrastruktur müsse wasserstofffähig sein und dürfe die Klimaziele nicht konterkarieren.

Die Landtagsfraktion der Grünen Mecklenburg-Vorpommern hat die Pläne zum Bau eines LNG-Terminals vor der Küste Rügens abgelehnt. «Das geplante LNG-Terminal stellt einen schweren Eingriff in die geschützte Natur des Greifswalder Boddens vor Rügen dar», sagte der Fraktionsvorsitzende Harald Terpe am 4.3.2023. Es bedrohe dadurch auch die Einkommensgrundlage der Menschen auf Rügen, die nahezu alle vom Tourismus leben.

Nach Ansicht der Grünen im Schweriner Landtag sieht der Gasbedarfsplan deutlich zu große Sicherheitspuffer vor. „Offenbar glaubt der Kanzler nicht an die selbst ausgerufene Zeitenwende. Die Schaffung fossiler Überkapazitäten ist vor dem Hintergrund der Klimakrise der falsche Weg“, sagte Terpe.

„Mit dem privaten Terminal in Lubmin, den vier schwimmenden Anlagen des Bundes und den dauerhaften Onshore-Terminals, die auf Grundlage des LNG-Beschleunigungsgesetzes realisiert werden, leisten wir unseren Anteil an der Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa“, ergänzte der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Hannes Damm. „Die vorliegenden Daten machen deutlich, dass die europäische Erdgasversorgung durch den europaweiten LNG-Ausbau ab dem Jahr 2024 auch ohne zusätzliches LNG-Terminal vor Rügen gesichert ist.“

Die AfD favorisiert weiter Atomkraft und russisches Pipeline-Gas. Der Bau eines LNG-Terminals vor Rügen sei ökologisch, touristisch und wirtschaftlich unverantwortlich, sagte die AfD-Abgeordnete Petra Federau. Sie warb dafür, mit Russland Gespräche zu führen, um wieder russisches Erdgas über die derzeit defekten Ostsee-Pipelines zu beziehen. Als Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine waren Energielieferungen aus Russland eingestellt worden.

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat den Bund aufgefordert, bei den Planungen für ein zweites LNG-Terminal im Nordosten mehr Rücksicht auf Menschen, Umwelt und den Tourismus zu nehmen. Die rote-rote Koalition stimmte gemeinsam mit den Grünen und der FDP für einen Antrag, der sich für Alternativen zum inzwischen gestrichenen Projekt vor Sellin auf Rügen ausspricht. Der Landtag formulierte keine generelle Absage an ein zweites LNG-Terminal im Land. Mit Blick auf die zu gewährleistende Energiesicherheit in Deutschland wäre das falsch, so Wirtschaftsminister Meyer (SPD). Sollte allerdings ein weiteres LNG-Terminal errichtet werden, müsse die Transportleitung zur Verteilstation in Lubmin künftig auch für grünen Wasserstoff oder Ammoniak geeignet sein, heißt es in dem gemeinsamen Antrag weiter. Doch zunächst müsse der Bund den Bedarf für ein zusätzliches Terminal nachweisen, so Meyer. Er sagte weiter, der Bund als Auftraggeber und der Energiekonzern RWE als Auftragnehmer hätten mit ihrem bisherigen Handeln vor allem bei den Menschen auf Rügen viel Vertrauen verspielt.

Der CDU-Abgeordnete Daniel Peters warnte: „Egal ob Sellin oder Mukran: Das Terminal vor Rügen muss gestoppt werden. Deutschland steuert mit seinen LNG-Plänen auf eine deutliche Überkapazität zu.“ Der Bund habe bei den Bedarfsberechnungen falsche Daten genutzt und einen zu großen Puffer veranschlagt. Der Antrag der CDU, das laufende Genehmigungsverfahren zu stoppen, fand im Landtag jedoch keine Mehrheit.In der Vorwoche waren bereits Vorarbeiten für den Standort vor Sellin begonnen worden. Das hatte neuerliche Proteste ausgelöst. „Die Bürger müssen wissen, was passiert und warum es passiert“, sagte der SPD-Abgeordnete Heiko Miraß. Die Wichtigkeit der Akzeptanz in der Bevölkerung betonten Sprecher aller Fraktionen. „Egal an welchem Standort: Für die Akzeptanz des Projektes ist es zentral, die Bürger mitzunehmen“, sagte der FDP-Abgeordnete David Wulff.

Die Grünen halten dagegen nichts von Mukran – die Folge für Mensch und Umwelt seien zu groß. Zudem hegen sie Zweifel, ob weitere LNG-Kapazitäten überhaupt notwendig sind. „Nach Ansicht unserer Fraktion wird ein zusätzliches Flüssigerdgas-Terminal für die Versorgungssicherheit nicht benötigt. Bundeskanzler Olaf Scholz sollte deshalb seine Forderung nach deutlich überdimensionierten Kapazitäten zurückziehen“, sagte der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm.


Die Bundesregierung lenkt bei der Frage des Standorts für ein 2. LNG-Terminal ein

24. März 2023:  Die Standortfrage für ein LNG-Terminal vor der Küste Rügens ist wieder offen. Bundeswirtschaftsminister Habeck ließ zumindest erkennen, dass er angesichts des Widerstands von dem ursprünglich geplanten Standort vor Sellin abrücken könnte. Ein Ende der Diskussionen und Kritik bedeutet das allerdings nicht.

Nach Informationen der dpa vom 22.3.2023 prüft das Wirtschaftsministerium den Hafen Mukran als alternativen Standort. Eine Entscheidung solle zeitnah getroffen werden. Die Schweriner Landesregierung hat diese Neuigkeit vorsichtig begrüßt. „Es ist gut, dass die Bundesregierung nach Alternativen zu Sellin sucht“, erklärte Ministerpräsidentin Schwesig. „Wir brauchen einen Standort, der funktioniert. Das heißt: Tourismus, Natur und Akzeptanz der Bevölkerung müssen berücksichtigt werden.“

Wirtschaftsminister Meyer sagte: „Wir haben viele Gespräche mit dem Bund geführt, damit er Alternativen zu einem Standort Sellin in den Blick nimmt. Das haben wir erreicht und der Bund prüft jetzt Alternativen weiter raus auf See, in Mukran und in Rostock.“

Ursprünglich sahen Pläne den Bau zweier Anleger vor Sellin vor. Hier sollten Spezialschiffe zur Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) festmachen. Es wäre nach dem Mitte Januar in Lubmin offiziell gestarteten Terminal das zweite schwimmende Terminal in Vorpommern.

Nach dpa war die angedachte Lösung vor Sellin auch angesichts des straffen Zeitplans verfolgt worden. Noch zum kommenden Winter sollte ein vom Bund gechartertes Spezialschiff zur Regasifizierung von Flüssigerdgas und Einspeisung in Form von Erdgas vor Sellin einsatzbereit sein. Ob ein Terminal etwa in Mukran so schnell an den Start gehen könnte, ist fraglich, weil hier eine Ausweitung des Hafens samt Ausbaggerung Voraussetzung sein könnte. Vom Hafen selbst hieß es am Mittwoch nur, man sei offen für neue Geschäftsbereiche.

Der Hafen Mukran,  östlichster Tiefwasserhafen Deutschlands, war jahrelang Ausgangspunkt für die Verlegung der inzwischen stillgelegten Ostseepipeline Nordstream 2. Zudem wurden von dort mehrere Offshore-Windparks gebaut. Vom Hafen gibt es Fährverbindungen nach Skandinavien – etwa nach Trelleborg in Schweden und Rönne in Dänemark. Noch zu DDR-Zeiten wurde von hier die Fährverbindung ins heute litauische – und damals sowjetische – Klaipeda in Betrieb genommen.  

Mukran als alternativer Standort wird aber nicht die Gemüter auf der Insel beruhigen. „Der Standort Mukran ist definitiv keine passende Alternative für ein LNG-Terminal“, heißt es in einer Mitteilung mehrerer Bürgermeister vom 22.3.2023. Die Gemeindevertreter vom Südosten der Insel forderten, Rügen müsse insgesamt von den LNG-Planungen der Bundesregierung ausgenommen werden. Die erwarteten Probleme für Natur, Einwohner und den Tourismus verlagerten sich nur.

Schwesig deutete an, dass sie vom Bund auch den Nachweis verlange, ob ein weiteres Terminal im Nordosten überhaupt gebraucht werde. „Der Bund muss überzeugend darlegen, was es bedeutet, wenn das Terminal kommt und was es bedeuten würde, wenn es nicht kommt.“

Egal, ob das vor Rügen geplante LNG-Terminal nun in Mukran oder Sellin entsteht – eine lange neue Ostsee-Pipeline brauchen beide Standorte. Eine neue Erdgas-Pipeline von Mukran nach Lubmin durch die Ostsee wäre 50 Kilometer lang. In Lubmin könnte die Nord-Stream-Infrastruktur genutzt werden.

Ausführliche Überblicke gaben am 20.3.2023 klimareporter und am 23.3.2023 die taz.

Arbeiten für das Ostsee-LNG-Terminals vor Rügen sollen bereits begonnen haben

19. März 2023:  Der Streit um neue Flüssigerdgas-Terminals verschärft sich. Trotz des Vetos von Ministerpräsidentin Schwesig haben nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe offenbar erste Vorarbeiten für weitere LNG-Terminals östlich von Rügen begonnen, so berichtete der SPIEGEL. Schiffsbewegungen im betreffenden Seegebiet ließen darauf schließen, dass ein Spülbagger die Arbeit aufgenommen hat und auch Probebohrungen niedergebracht werden. „Das Muster wiederholt sich. So wurde auch beim Bau des Nordsee-Terminals vor Wilhelmshaven vorgegangen“, sagte am 18.3.2023 Constantin Zerger, Bereichsleiter für Energie und Klimaschutz bei der Deutschen Umwelthilfe.

Im Tagesverlauf seien die Schiffsbewegungen des Schwimmbaggers »Swarog« der Bauplattform JB119 vor der Südostspitze Rügens registriert und auch bildlich festgehalten worden. Die Umwelthilfe habe vorsorglich Widerspruch beim Bergamt Stralsund eingelegt, bis zum Abend aber keine Antwort erhalten. Zerger verwies darauf, dass “etwaige Baggerarbeiten zum jetzigen Zeitpunkt in die Laichzeit des Herings sowie in die Zeit des Vogelzugs“ fielen. Aus naturschutzfachlicher und rechtlicher Sicht sei somit die Zulassung eines vorzeitigen Baubeginns oder auch nur vorbereitender Arbeiten auszuschließen.

Dem pflichtete Landesumweltminister Backhaus bei. Das Genehmigungsverfahren laufe. Erst am 16.3.2023 sei die Frist für Einwendungen gegen das Projekt abgelaufen, sagte Backhaus. Vorzeitige Maßnahmen seien ihm nicht bekannt und auch nicht angezeigt. Wie Schwesig äußerte auch Backhaus Bedenken gegen den geplanten Standort für zwei weitere Flüssiggasterminals, die der Energiekonzern RWE im Auftrag des Bundes nur wenige Kilometer vor den Badeorten Binz und Sellin errichten will. Auch Kommunalpolitiker und Tourismusverbände sind strikt dagegen.

Ein Sprecher des Energiekonzerns RWE teilte am 19.3.2023 mit, es handele sich „lediglich um Erkundungsarbeiten“. Diese seien vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee genehmigt worden.

Am 22.3.2023 meldete der NDR, die Plattform könne weiterarbeiten, wenn die Regeln beachtet würden. Die Wasserschutzpolizei hätte eine Umweltstraftat festgestellt. Unter anderem sei ölhaltiges Schmutzwasser nicht ordnungsgemäß gelagert worden.

Erst am 17.3.2023 hatte Ministerpräsidentin Schwesig ihre Kritik an den bisherigen Plänen des Bundes für zwei Flüssigerdgas-Terminals vor Rügen untermauert und Alternativen gefordert. Doch müsse der Bund zunächst die Frage beantworten, ob zusätzliche Terminals vor Rügen überhaupt noch erforderlich seien.

Der geplante Ausbau deutscher Importkapazitäten für verflüssigtes Erdgas (LNG) ist nach Einschätzung des New Climate Institute zu groß geraten und droht das Erreichen der Klimaziele zu gefährden.

Die Umweltverbände Bund, Nabu und WWF warnten vor dem Bau der Terminals vor Rügen, einer damit verbundenen weiteren Gaspipeline durch den Greifswalder Bodden sowie Seetrassen durch die Ostsee. Sowohl der Bau als auch der langjährige Betrieb bedrohten empfindliche und geschützte Lebensräume.

Mitte Februar hatte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Meyer die Pläne vorgestellt: Etwa 4,5 bis 6,5 Kilometer vor Sellin im Südosten Rügens sollten demnach zwei Plattformen gebaut werden, an denen schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (FSRU) festmachen können. Dort sollen LNG-Tanker anlegen und ihre Ladung an die etwa 250 Meter langen Terminals abgeben. Über eine etwa 38 Kilometer lange Anbindungsleitung soll das Gas dann nach Lubmin transportiert werden. Dafür sollen überschüssige Röhren der Nord-Stream-2-Leitung verbaut werden. Lubmin als früherer Anlandepunkt für russisches Erdgas aus der Ostseepipeline Nord Stream 1 ist bereits an das europäische Verteilnetz angebunden. Die Deutsche Regas bereits dort seit Mitte Januar ein LNG-Terminal.

Schwesig lehnt Pläne für LNG-Terminal des Bundes vor Rügen ab

16. März 2023: Die Pläne des Bundes für ein LNG-Terminal fünf Kilometer vor Rügen stoßen auch in der Landespolitik Mecklenburg-Vorpommerns auf breite Ablehnung. Ministerpräsidentin Schwesig kritisierte das Vorhaben. Auch fast alle Landtagsfraktionen fordern alternative Standorte.

„Das Vorhaben passt nicht zum Land, zum Tourismus, zur Natur und zu den Menschen“, sagte Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) am Dienstag nach einer Kabinettsklausur in Anklam (Kreis Vorpommern-Greifswald). Sie forderte die Prüfung von Alternativen.

Schwesig betonte, Mecklenburg-Vorpommern stehe bereit, einen Beitrag für eine verlässliche Energieversorgung zu leisten. Die technischen Lösungen müssten aber zum Land passen. Sie verwies auf das bereits in Lubmin in Betrieb gegangene LNG-Terminal. Über den Hafen Rostock komme zudem Öl für die Raffinerie in Schwedt (Brandenburg). Das große Interesse für LNG-Terminals in der Region ergibt sich laut Schwesig aufgrund der landseitigen Anbindungsinfrastruktur der Nord-Stream-Pipelines. Sie seien interessant, um große Teile Deutschlands und Europas mit Gas zu versorgen.

Vier der sechs Landtags-Fraktionen – neben den Regierungsfraktionen SPD und Linke auch die Oppositionsfraktionen Grüne und FDP – wollen einen gemeinsamen Antrag zur nächsten regulären Landtagssitzung in der kommenden Woche vorlegen. Darin fordern sie den Bund auf, alternative Standorte zu prüfen. Darauf solle die Landesregierung in Berlin „mit Nachdruck“ hinwirken. Die Sorgen der Menschen vor Ort müssten ernst genommen werden. Die CDU will einen eigenen Antrag vorlegen, in dem sie fordert, das Genehmigungsverfahren auszusetzen. „Die Pläne für LNG-Terminals vor der Küste Rügens müssen ad acta gelegt werden“, sagte der Fraktionschef Liskow.

Am 13.3.2023 waren Wirtschaftsminister Meyer (SPD) und Umweltminister Backhaus (SPD) zu Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium. Am Wochenende hatten rund 3.500 Menschen beim „Widerklang“-Festival auf Rügen gegen die Pläne protestiert. Auch zuvor schon hatte es Protestaktionen gegeben.

In der Bundeshauptstadt ist die am 14.3.23 verkündete Kehrtwende von Ministerpräsidentin Schwesig  hinsichtlich der LNG-Terminalpläne vor Rügen mit Überraschung aufgenommen worden, meldete der NDR. Man sei bei den LNG-Planungen in einem ständigen Austausch mit der Landesregierung, sagte eine Sprecherin der Bundesregierung am 15.3.23. Mit dem FSRU-Terminal sollte die Energieversorgung Ostdeutschlands gesichert werden. Dabei sei der Standort vor der Südostküste Rügens von Beginn an klar gewesen und von der Landesregierung in Schwerin auch akzeptiert worden.

Das Bundeswirtschaftsministerium stellte klar, dass über die LNG-Standorte jeweils in enger Abstimmung mit den Landesregierungen entschieden worden sei – und zwar schon im vergangenen Sommer. Kurz danach war Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin noch mit Bundeswirtschaftsminister Habeck in Lubmin, um vor Ort über die künftige Gasversorgung zu sprechen. Seinerzeit hatte Schwesig noch klar Unterstützung signalisiert. Es habe da immer einen kontinuierlichen Austausch mit dem Land gegeben, so das Ministerium. Mit dem Standort Lubmin wollte man eigens auch die ostdeutsche Küste berücksichtigen.

Am Nachmittag des 14.3.23 dann die Neu-Positionierung: Das Vorhaben passe nicht zum Land, zum Tourismus, zur Natur und zu den Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, so Schwesig nach der Kabinettsklausur in Anklam. Sie forderte das Bundeswirtschaftsministerium auf, den Bedarf nachzuweisen und Alternativen zu prüfen. Von dort hieß es nun, das Projekt vor Rügens Küste befinde sich noch in der Planungsphase, die Gespräche würden noch laufen.

Letztlich entscheide die Bundesregierung über die Umsetzung der Pläne. Das letzte Wort habe Bundeskanzler Scholz. Das Land habe allerdings über die Genehmigungsverfahren zum Umwelt- und Wasserrecht erhebliches Mitspracherecht in diesen Bereichen.

Auf dieses Mitspracherecht des Landes verwies auch Landes-Wirtschaftsminister Meyer. „Wir reden mit dem Bund. Und es ist so, dass wir das an dem Standort vor Sellin für den völlig falschen Standort halten.“ Zugleich stehe das Land aber auch zu seinen Verpflichtungen beim Thema Energieversorgung. „Insofern reden wir mit dem Bund über konkrete Alternativen.“

Meyer zeigte sich offen für einen anderen Standort weiter draußen auf der Ostsee – etwa zehn oder fünfzehn Kilometer statt nur fünf. „Es gibt aber auch die Möglichkeit anderer Standorte und das wollen wir jetzt konkretisieren, damit man ernsthaft über Alternativen sprechen kann.“ Bei Gesprächen im Bundeswirtschaftsministerium am Montag sei ihm Entgegenkommen signalisiert worden, so Meyer. „Es gibt, glaube ich auch, eine Einsicht bei der Bundesregierung, dass trotz der Frage Energiesicherheit, die natürlich im Vordergrund steht, es auch immer um Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort geht.“ Beides müsse miteinander in Einklang gebracht werden. Zunächst müsse der Bund aber die Frage beantworten, ob es überhaupt noch Bedarf für ein weiteres LNG-Terminal gebe.

Die Deutsche Umwelthilfe kündigte am 17. März 2023 ein Gutachten des New Climate Institutes an, aus dem hervorgeht:

  • Die Bundesregierung plant bei LNG-Terminals unnötige Überkapazitäten und Reserven, die nicht mit den Klimazielen vereinbar sind.
  • Geplante feste Terminals werden nicht gebraucht, auch schwimmende Terminals wären nur gering ausgelastet – Umrüstung auf Wasserstoff reine Spekulation.

Die DUH fordert daher einen sofortigen Stopp des Baus weiterer LNG-Terminals und eine Ausrichtung der Planungen an den Klimazielen.

Bürgermeisterin von Buschvitz: Ein neues „Stuttgart 21“?

11. März 2023:  Die Kommunikation der Bundesregierung zum geplanten Flüssigerdgas-Terminal ist aus Sicht der Gemeinden auf Rügen mangelhaft und erinnert sie an ein anderes umstrittenes Großprojekt. „Wenn es dabei bleibt, dann haben wir hier ein zweites Stuttgart 21“, sagte Stine Winter, Bürgermeisterin der nordöstlich der Stadt Bergen gelegenen Gemeinde Buschvitz.

Winter erklärte, Gemeinden hätten auf Anfragen an das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) keine Antwort erhalten. Minister Habeck ducke sich auffällig weg. Nach ihrer Meinung gehörten die Pläne in eine Industrieregion, aber doch nicht in die heile Natur der Insel Rügen. Sie fürchtet, dass etwaige Auswirkungen im Rahmen des beschleunigten Genehmigungsverfahrens nicht ausreichend geprüft würden. Außerdem bestehe mittlerweile keine Gasmangellage mehr und in Europa gebe es ausreichend LNG-Infrastruktur. Auch die hohen, letztlich vom Steuerzahler getragenen Kosten kritisiert sie.

Nach dem von fast allen Insel-Bürgermeistern und -Bürgermeisterinnen unterschriebenen Aufruf gegen das geplante Terminal für Flüssigerdgas (LNG) vor Deutschlands größter Insel haben mittlerweile mehr als 80.000 Unterstützerinnen und Unterstützer eine Petition unterzeichnet. Das am 10. März 2023 gestartete Widerklang-Festival in Binz auf Rügen wollte auf der Insel drei Tage lang mit Musik Stimmung gegen die Terminal-Pläne machen. Rund 3.500 Menschen haben nach Angaben des Bündnisses „RügenGegenLNG“ das Festival besucht.

Die Gemeinden der Insel Rügen, der Tourismusverband,  Organisationen wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Fridays for Future, Greenpeace, Sea Shepherd, der Hotel– und Gaststättenverband (Dehoga) Mecklenburg–Vorpommern und weiteren Gruppen haben sich aus diesem Grund zusammengetan. In kürzester Zeit haben sie dieses Festival ins Leben gerufen, um gegen das Megaprojekt zu demonstrieren und sich von Rechtspopulismus zu distanzieren.

Kritiker des Terminals wehren sich gegen die Vereinnahmung ihres Anliegens durch rechte Akteure. Man wolle sich „eindeutig gegen Rechtspopulisten, Reichsbürger und weitere ähnlich gelagerte Gruppierungen positionieren, die derzeit versuchen, das Thema an sich zu reißen“, teilten die Organisatoren des Festivals mit.

Das BMWK verwies darauf, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen seien, Gespräche liefen noch. Daher könne über Einzelheiten des Projektes noch keine Auskunft gegeben werden. Es gebe noch keine finalen Entscheidungen. Eine Sprecherin relativierte zudem erneut hohe Angaben, die zur Kapazität des Terminals kursieren. Für den Winter 2023/24 sei ein Spezialschiff eingeplant, das fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich einspeisen könne.

Auch in der Wirtschaft stoßen die Pläne für ein LNG-Terminal vor Sellin auf Kritik. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rostock äußerte im Zuge des Planfeststellungsverfahrens gegenüber dem zuständigen Bergamt Stralsund «erhebliche und beachtliche Bedenken» zum gewählten Standort.

Wenn mehrere Regasifizierungsschiffe (FSRU) fünf Kilometer vor der Ostküste Rügens mit seinen bedeutenden Seebädern Baabe, Sellin und Binz liegen sollen, müssten die Auswirkungen auf die Tourismuswirtschaft mitgeprüft werden. Sie könnten ganze Existenzen auf Deutschlands größter Insel bedrohen. Zu befürchten seien andauernde Maschinengeräusche, Emissionen und ein hoher Schiffsverkehr unmittelbar vor der Küste. Auch gebe es eine Gefahr für Störfälle.

Die IHK kritisiert zudem, dass das Genehmigungsverfahren dreigeteilt sei. Gegenstand des jetzigen Genehmigungsverfahrens sei lediglich die Anbindungsleitung von den FSRU-Standorten vor Rügen zum Anlandepunkt bei Lubmin. Damit werde bereits in diesem Verfahren der Standort für die FSRUs festgelegt, die später im Dauerbetrieb dort die Regasifizierung vornehmen werden. Das gegenwärtige Verfahren lasse jedoch alle Aussagen zur Anzahl der Schiffe und allen technischen Daten offen, die entscheidend für die Akzeptanz des gesamten Vorhabens seien.

Die IHK forderte eine erneute Standortsuche weiter von der Küste entfernt sowie Alternativprüfungen. Denkbar seien zum Beispiel auch mehrere Strandorte statt die Konzentration auf einen, hieß es.


Demonstrationen gegen das LNG-Terminal vor Rügen

24. Februar 2023: Am Sonntag, dem 26. Februar 2023, soll auf Rügen eine große Demonstration gegen den Bau des LNG-Terminals vor Rügen stattfinden.

Die Bürgerinitiative „Lebenswertes Rügen“ ruft alle Bürger und Kommunen Rügens und Vorpommerns auf, gegen die LNG–Pläne in der Ostsee zu protestieren. Unterstützt von anderen Initiativen und Vereinen soll diese Demonstration unter dem Motto „Kein LNG vor Rügen!“ um 13 Uhr an der Kurmuschel im Ostseebad Baabe stattfinden.

„Wir erwarten von der Bundes– und Landespolitik, dass die Interessen Rügens und der Bevölkerung ernst genommen werden. Also: Kein LNG vor Rügen, weder im Greifswalder Bodden noch vor den Ostseebädern oder in Sassnitz–Mukran“, so Stefanie Dobelstein, Sprecherin dieser Bürgerinitiative.

Mit einem Aufruf wurde unter dem Stichwort #RügenGegenLNG eine Petition gestartet, die das Vorhaben als im höchsten Maße umwelt- bzw. klimaschädigend, kostspielig für den Steuerzahler und laut führenden Energieexperten nicht mehr benötigt bezeichnet. Es heißt darin auch: „Den Angriffskrieg durch Russland in der Ukraine verurteilen wir aufs Schärfste.“

Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund stimmte einem Dringlichkeitsantrag zu, in dem sie sich ebenfalls gegen den Bau der LNG-Terminals ausspricht. In dem Antrag mit dem Titel «Stopp der Naturzerstörung vor Rügen und Lubmin» wird Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) aufgefordert, sich auf allen gebotenen Ebenen gegen das Projekt einzusetzen.

Die „Bürger für Rügen“, unter anderem von Protestkundgebungen in der Coronazeit bekannt, treffen sich am Samstag, dem 25. 2., um 15 Uhr an der Seebrücke Sellin. Eine zweite Petition steht möglicherweise dieser Gruppierung nahe. In ihr wird eine Öffnung der Leitung Nord Stream 1 gefordert und behauptet, seitens Russlands bestünde und bestehe keine Veranlassung, Gaslieferungen einzustellen. Dabei hatte Gazprom die Lieferungen unter dem Vorwand, es fehle eine Turbine aus Kanada, beendet.

Der Energiekonzern RWE will das Projekt „Ostsee LNG“ im Auftrag des Bundes vor dem nächsten Winter fertigstellen. Neben einem gemieteten, schwimmenden LNG-Flüssigerdgasterminal (FSRU) vor Lubmin enthält das Vorhaben eine knapp 40 Kilometer lange Pipeline von Rügen bis vor Lubmin. Außerdem sind ein oder zwei Anlegetower für Schiffe vorgesehen, die etwa fünf Kilometer vor Sellin errichtet werden sollen. An den etwa 20 Meter hohen Anlegetowern, die ähnlich wie Offshore-Windkraftanlagen im Boden verankert werden sollen, könnten parallel jeweils zwei LNG-Schiffe entladen werden.

Das Vorhaben von RWE wäre nach dem Mitte Januar offiziell eröffneten Terminal in Lubmin das zweite in Vorpommern. „Der Start für das vom Bund gemietete FSRU, das über eine Regasifizierungskapazität von rund 5 Mrd. m³ (Kapazität des Schiffes) verfügt, ist für den Winter 23/24 vor der Küste Lubmin geplant“, heißt es vom Bundeswirtschaftsministerium. „Wegen der lokalen geografischen Besonderheiten des Hafens in Lubmin wird an einem Konzept gearbeitet, um eine frühzeitige Einspeisung vor der Küste zu prüfen.“

Dem NDR teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit: „Die Planungen für Lubmin sind noch nicht abgeschlossen, Gespräche zwischen den Beteiligten laufen noch. Daher kann über Einzelheiten des Projektes noch keine Auskunft gegeben werden. In der Planungsphase werden auch immer verschiedene Optionen geprüft und gegeneinander abgewogen.“

In vorhergehenden Planungsunterlagen war von weit größeren Kapazitäten die Rede. „Über das Gesamtvorhaben OAL (Ostsee-Anbindungs-Leitung ) sollen künftig aus importiertem LNG jährlich bis zu 14,4 Mrd. m³ und nach weiterem Ausbau bis zu 38 Mrd. m³ Erdgas angelandet werden“, hieß es beispielsweise im Amtlichen Anzeiger MV vom 23.01.2023. Diese Zahlen hat das Wirtschaftsministerium aber nach Kritik der Deutschen Umwelthilfe am „Zahlen-Wirrwarr“ nach unten korrigiert.

Bislang hat der Energiekonzern RWE lediglich den Bau der Pipeline beantragt. Wirtschaftsminister Meyer hatte Mitte Februar allerdings klargemacht: Eine Genehmigung für die Pipeline ohne eine positive Prognose für den Bau der vor Rügen geplanten Offshore-Stationen werde es nicht geben. Am Dienstag, dem 21. Februar (bis zum 27. Februar) begann in den Kurverwaltungen in Sellin, in Middelhagen und in Göhren sowie im Amt Mönchgut-Granitz in Baabe die Auslegung der Planungsunterlagen für die Pipeline, die vom Bergamt genehmigt werden soll. Die Einwendungsfrist läuft bis zum 6. März. Die Dokumente können auch online auf der Seite des Bergamtes Stralsund eingesehen werden. Einwendungen müssen schriftlich abgegeben werden.

Der Energiekonzern RWE, der im Auftrag des Bundes das Terminal errichtet, erteilt dem Hafen Sassnitz eine klare Absage. Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) hatte diesen Vorschlag gemacht, um die Konflikte mit dem Tourismus auf der Urlauberinsel Rügen zu minimieren.

Der Industriehafen Sassnitz-Mukran sei keine Standortalternative, weil er die Anforderungskriterien nicht erfülle, so ein RWE-Sprecher. Ein entscheidender Grund sei die nicht ausreichende Wassertiefe des Hafens. Für das LNG-Terminal, das der Bund zum Winter 2023/24 in Betrieb nehmen will, werde eine Tiefe von mindestens 19 m gefordert. Der Hafen Sassnitz-Mukran weise aber nur eine Tiefe von 12,5 m auf. Zudem solle beim Bau der Pipeline der Eingriff in die Natur so gering wie möglich gehalten werden. Deshalb sollten die Einspeisepunkte möglichst nahe an Lubmin liegen. Sassnitz liegt knapp 15 km nördlich von Sellin und damit auch weiter von Lubmin entfernt. Der Standort soll außerdem eine ausreichende Entfernung zu Schifffahrtswegen und militärischen Sperrgebieten aufweisen.


Neue LNG-Terminals vor Rügen: Europas „größtes fossiles Projekt“

17. Februar 2023: Landesregierung und Umweltverbände schlagen Alarm wegen der vor der Küste Rügens planten Flüssigerdgas-Terminals. Hier solle „das größte fossile Projekt Europas entstehen“, warnte die Deutsche Umwelthilfe (DUH). „Das wäre das größte Import-Terminal der Welt“, sagte Constantin Zerger (DUH) laut Tagesspiegel. Die neuen LNG-Terminals seien völlig überdimensioniert und schädlich für Umwelt und Tourismus. Von einem „erheblichen Eingriff“ sprach auch Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer.

Der Tagesspiegel berichtet von bis zu vier Spezialschiffen, die zur Regasifizierung des Flüssiggases vertäut werden könnten. Jedes von ihnen sei bis zu 150 Meter lang. Ein Landkartenausschnitt wurde vom Nordkurier veröffentlicht.

Der Energiekonzern RWE plant eine 38 Kilometer lange Pipeline durch den Greifswalder Bodden vom Ostseehafen Lubmin zu einem neuen Offshore-Terminal etwa 4,5 bis 6,5 Kilometer vor dem Badeort Sellin im Südosten Rügens. Hier sollen zwei Plattformen gebaut werden, an denen mehrere schwimmende Flüssigerdgas-Terminals (FSRU) gleichzeitig festmachen können.

Das erste Gas könnte bereits im Herbst 2023 hier ankommen. Nach Abschluss einer zweiten Ausbaustufe bis Herbst 2024 soll es eine Kapazität zum Import von jährlich bis zu 38 Milliarden Kubikmeter Gas haben. Zum Vergleich: Deutschland hat im vergangenen Jahr etwa 90 Milliarden Kubikmeter verbraucht.

„Die geplanten Kapazitäten sind auch gemessen an den Projekten in Wilhelmshaven oder Brunsbüttel gigantisch“, sagte DUH-Geschäftsführer Müller-Kraenner. Die zwei im Dezember und Januar in Betrieb genommenen Terminals haben eine Kapazität von jeweils etwa 5 bis 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. Im Elbehafen Brunsbüttel legte am Dienstag der erste Tanker mit tiefgekühltem flüssigen Erdgas an.

Die Verbrennung des vor Rügen angelandeten Gases setze rund 80 Millionen Tonnen CO2 frei, rechnete die DUH vor – das entspricht fast einem Zehntel der Jahresemissionen Deutschlands.

RWE will Mitte Mai mit dem Bau beginnen. Bis dahin müsse der Bund noch das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz ändern, sagte Landesminister Meyer. Die Möglichkeit, schnell Offshore-Plattformen zu bauen, sei dort noch nicht vorgesehen. Die Auswirkungen auf Tourismus und Naturschutz müssten dringend untersucht werden, betonte Meyer. Er habe den Bund gebeten, alternative Standorte zu prüfen.

Zusammen sind an Nord- und Ostsee derzeit 10 LNG-Terminals fertiggestellt oder geplant, die insgesamt viel mehr Gas liefern können als benötigt wird. Die Bundesregierung rechtfertigt die Überkapazitäten damit, dass über Deutschland auch andere Länder sicher mit Gas versorgt werden sollten.

Die Schweriner CDU-Fraktion machte geltend, das LNG werde gebraucht.

Lärm-Belästigung durch das LNG-Terminal von Regas

11. Februar 2023:  Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Backhaus teilte mit, dass in den Räumen einer Anwohnerin der Regas-LNG-Terminals eine unzulässige Belästigung gemessen wurde. Entsprechend seien Minderungs-Maßnahmen durch den Verursacher dieser tieffrequenten Geräusche  zu ergreifen. Ob es sich bei dem Verursacher um das Terminal handelt, ist noch unklar.

Nach Klagen über Lärm unweit des LNG-Terminals hatte das Ministerium Mitte Januar die Messungen veranlasst. Vor allem Bewohner des 300-Einwohner-Dorfes Spandowerhagen hatten sich über Lärm beschwert und diesen in Zusammenhang mit dem westlich gelegenen Flüssigerdgas-Terminal gebracht. Unter anderem war von einem „Wummern“ die Rede.

Sowie der Verursacher zweifelsfrei feststehe, könnten und würden die erforderlichen Minderungs-Maßnahmen angeordnet, erklärte Backhaus weiter. Messergebnisse würden mit Messungen bekannter Schallquellen abgeglichen und auch Messungen in Spandowerhagen fortgesetzt.


Das geplante staatliche LNG-Terminal vor Rügen sorgt für Ärger

9. Februar 2023:  Zusätzlich zum privaten LNG-Terminal in Lubmin, das bereits in Betrieb ist, wird vor der Küste Rügens auch ein staatliches LNG-Terminal geplant, das ab Winter 2023/2024 in Betrieb sein soll.

Diese Anlage soll wesentlich größer werden als das private Terminal der Deutschen Regas. Das geht aus den Antragsunterlagen hervor, die dem Bergamt Stralsund vorliegen. Für den Bund soll dort zunächst eine FSRU (Regasifizierungseinheit) mit einer Kapazität von bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr in Betrieb genommen werden, so RWE-Sprecher Cirkel. Mit einer Jahreskapazität von bis zu 35 Mrd. Kubikmeter könnte aber über die beantragte, knapp 40 Kilometer lange Pipeline (Ostsee-Anbindungs-Leitung/ OAL) deutlich mehr Erdgas in Lubmin angelandet und in das westeuropäische Fernleitungsnetz eingespeist werden.

Die Deutsche Regas, die derzeit mit Shuttle-Schiffen LNG in den Hafen nach Lubmin transportiert, kann sich vorstellen, künftig die Infrastruktur des Bundes mit zu nutzen. Man sei in guten Gesprächen mit Bund und RWE, so Regas-Aufsichtsratschef Knabe.

Die etwa 20 Meter hohen Anlegetower in der Ostsee vor Sellin, die ähnlich wie Offshore-Windkraftanlagen im Boden verankert werden sollen, sind im Gegensatz zur Pipeline noch nicht beantragt. Den vorläufigen Planungen zufolge sollen sie als Anlegeplatz für die FSRU dienen. Demnach könnten pro Tower parallel zwei LNG-Schiffe entladen werden, also insgesamt vier.

Diese Planungen sorgen für reichlich Unmut auf der Urlaubsinsel. Die Insel-Gemeinden fordern Millionen-Entschädigungen.

Neben dem störenden Anblick werden Bedenken hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und Sicherheit und eines Imageschaden für den Tourismus laut. Als „total unverschämt“ und „beängstigend“ bezeichneten Einwohner und Vermieter bei einer Versammlung in Baabe, dass ihnen „dieses große Ding vor die Nase gesetzt wird“. Es würde Gäste abschrecken.

Der Energiekonzern RWE will das Projekt „Ostsee LNG“ im Auftrag des Bundes schon vor dem nächsten Winter fertigstellen. Neben einer knapp 40 Kilometer langen Pipeline sind ein oder zwei Anlegetower für Schiffe vorgesehen, die etwa fünf Kilometer vor Sellin (Höhe ehemalige Waldhalle) errichtet werden sollen. An den etwa 20 Meter hohen Anlegetowern könnten parallel jeweils zwei LNG-Schiffe entladen werden. In einer internen Runde hatten Vertreter von RWE letzte Woche Bürgermeister und Kurdirektoren von Binz bis Mönchgut informiert. RWE will Anfang Mai mit dem Bau der Pipeline starten. Im Herbst soll sie fertiggestellt sein. Das Bergamt Stralsund bearbeitet das Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung.

Gegenüber der Bundesregierung wurden nun Forderungen erhoben. Neben Schallschutz, Gefahrengutachten und 550 000 Euro für elektronische Infotafeln geht es um Ausgleichsmaßnahmen im Bereich des Landschaftspflegeverbandes Rügen und um einen Infrastrukturbeitrag. Es ist von einem zweistelligen Millionenbetrag die Rede. Die Feuerwehren sollen mit Ölsperren ausgestattet werden.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz gab zu bedenken, natürlicher Lebensraum werde durch Chemikalien vernichtet: „Es geht nicht nur um Chlor, sondern um 20, 30 verschiedene Verbindungen, vor allem bromhaltige.“

Noch scheinen die Würfel für den Standort aber noch nicht gefallen zu sein. „Es wurden und werden im Rahmen des Projektes verschiedene Möglichkeiten geprüft“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium des Landes auf die Frage, ob sich gegebenenfalls auch der Hafen in Sassnitz-Mukran für diesen Zweck eignen könne. „Um die Infrastruktur bestehender Gashochdruckleitungen zur landseitigen Ableitung des Gases nutzen zu können, ist eine Verbindungsleitung zwischen Anlegetower und landseitigem Anschluss an die Leitungen in Lubmin erforderlich“, so Ministeriumssprecher Gunnar Bauer. Die Standortauswahl erfolge unter Berücksichtigung der Wassertiefe und der Schifffahrtswege. Auch stünde ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung derzeit noch aus.

Ein Problem für Sassnitz als Standort wäre aber vermutlich die Länge der dann notwendigen Zuleitung nach Lubmin, die bisher lediglich 40 Kilometer überbrücken müsste. Zum einen werde durch die jetzt geplante Variante aber sichergestellt, „dass der Standort in Deutschen Hoheitsgewässern liegt und damit die Regelungen des LNG-Beschleunigungsgesetz Anwendung finden können“. Zudem nehme bei zunehmender Länge der Leitung auf Grund von Druckverlusten die Transportkapazität ab.


Erstes LNG-Terminal Lubmin von Kanzler Scholz eröffnet

15. Januar 2023:  Nach einem kurzen „Probebetrieb“ wurde am 14.1.2023 das Flüssigerdgas-Terminal namens «Deutsche Ostsee» als zweites deutsches Importterminal für Flüssigerdgas (LNG) im Industriehafen von Lubmin offiziell in Betrieb genommen. Am gleichen Tag demonstrierten in Lützerath Zehntausende im Dauerregen für einen besseren Klimaschutz.

Bundeskanzler Scholz war eigens zur Eröffnung des Terminals angereist, obwohl es sich um ein privates Projekt handelt. „Wir werden diese Kapazitäten hier und auch andernorts weiter ausbauen, unter anderem auch mit festen Terminals, aber auch mit weiteren Regasifizierungs-Schiffen“, kündigte Scholz an. Er betonte, vom Antrag bis zur Fertigstellung habe es etwa ein halbes Jahr gedauert. Er sprach von einem ganz neuen „Deutschlandtempo“. Die Bundesregierung plant ein weiteres Terminal in Lubmin. Es soll von LNG-Schiffen über eine durch den Bodden verlaufende Pipeline versorgt werden.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig erklärte vor Ort, die Nutzung von Flüssigerdgas könne nur eine Übergangslösung sein. „Unser Ziel ist, dass dieser Standort in naher Zukunft komplett aus erneuerbaren Energien viele Teile von Deutschland und Europa versorgt, aber wir brauchen bis dahin auch Gas“, so Schwesig. Der Umweltminister des Landes, Backhaus, den der Spiegel ebenso wie Schwesig als „Russland-affin“ bezeichnete, hatte zuvor die Betriebsgenehmigung an den Geschäftsführer Wagner der Deutschen Regas übergeben.

Die LNG-Anlage soll vor allem Ostdeutschland mit jährlich bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas versorgen. Bevor die erste Ostseepipeline Nordstream 1 auf mysteriöse Art gesprengt wurde, floss mehr als zehnmal so viel Gas nach Lubmin, nämlich 59,2 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Im Regas-Terminal in Lubmin solle kein Flüssigerdgas aus Russland oder den USA angelandet werden. Das teilte die Deutsche Regas am 13. Januar 23 mit. Die Lieferanten TotalEnergies und Met Group hätten dies zugesagt. Die erste Lieferung kam im Dezember nach dpa-Informationen aus Ägypten.

Ergänzung am 31. Januar 2023: Schon beim zweiten Schiff mit LNG-Lieferungen kommt LNG aus den USA ins Lubminer Terminal. Die „Cool Voyager“ bringt rund 155.000 Kubikmeter Flüssigerdgas aus den USA. Der Verzicht von Regas auf LNG aus den USA habe sich nur auf vorläufige Vereinbarungen für die Inbetriebnahmephase bezogen, erklärte das Unternehmen nun. Wie das aus den USA stammende Erdgas gewonnen wurde, entziehe sich der Kenntnis der Deutschen Regas. Die Entscheidung über die Lieferquelle obliege nun allein den Kunden des Terminals. Es gebe nur noch die Zusicherung, dass kein LNG aus Russland geliefert werde. Während der Hochlaufphase rechne man in den kommenden drei Monaten mit etwa zwei Tankeranläufen pro Monat. Danach liegt das Ziel bei einem Tanker pro Woche, so Knabe vom Unternehmen Deutsche Regas.

Bis zu dreimal täglich soll ein Shuttleschiff das schwimmende Terminalschiff »Neptune« im Hafen von Lubmin anfahren und mit Gas versorgen. Zweieinhalb Seemeilen hin und zurück. Das Gas kommt von einem großen Tanker weiter draußen, es muss zweimal umgepumpt werden. Laut Firmenangaben musste lediglich eine Anschlussleitung von 450 Metern Länge gebaut werden, um das Gas ins bestehende Gasnetz einzuspeisen.

Das schwimmende Terminal (FSRU), vom französischen Energiekonzern TotalEnergies und dem Unternehmen Deutsche ReGas betrieben, ist das bislang einzige komplett privat finanzierte Terminal in Deutschland. Das Unternehmen Deutsche Regas sprach von Kosten in Höhe von etwa 100 Millionen Euro, die aus Eigenkapital und von Investoren stammten.

In einer zweiten Projektphase will die Deutsche Regas ab Dezember 2023 eine zweite FSRU außerhalb des Greifswalder Boddens stationieren, die speziell für den Anschluss an Untersee-Pipelines ausgerüstet ist. In einer dritten Phase im Sommer 2024 soll auch die erste FSRU dorthin verlegt werden, womit sich die Regasifizierungskapazität auf bis zu 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr erhöhen soll. Zugleich will das Unternehmen eine Anlage für den Import von Wasserstoff in Lubmin errichten.

Am Rande der Einweihung gab es Proteste. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Mecklenburg-Vorpommern kritisierte, die Genehmigungsauflagen zum Schutz des Meeresraums Greifswalder Bodden seien nicht geeignet, Schäden zu vermeiden. So werde der tägliche Shuttleverkehr auf lange Zeit Verwirbelungen und Störungen des Schutzgebietes durch große Tankschiffe und Schlepper verursachen. Zudem sei ungeklärt, welche Auswirkungen der Unterwasserlärm des Terminals unter anderem auf die dortige Robbenpopulation haben werde.

Das Flüssiggas-Terminal in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern ging nach Ansicht des BUND ohne ausreichende Sicherheits- und Umweltvorsorge in den Dauerbetrieb. Das LNG-Beschleunigungsgesetz erlaube, elementare Anforderungen an den Schutz von Menschen und Umwelt zu vernachlässigen, kritisierte BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag am 14.1.23. Der BUND Mecklenburg-Vorpommern halte einen sofortigen Genehmigungsvollzug für nicht gerechtfertigt, da der Beitrag des Terminals zur Gasversorgung in Deutschland gering und die Gasspeicher gut gefüllt seien.

Der Verzicht auf die Umweltverträglichkeitsprüfung hinterlasse „schon im Probebetrieb offene Probleme wie Lärm, Geruch und Erschütterungen für die Anwohner“, erklärte Cwielag. Auch die Genehmigungsauflagen zum Schutz des Meeresraums Greifswalder Bodden halten die Umweltschützer für nicht geeignet, um Schäden zu vermeiden. Heringslaichzeiten und Vogelrastzeiten seien nicht berücksichtigt.

Kritik an dem aus ihrer Sicht «übereilten Vorgehen» von Regas und Behörden übte am 14.1.23 die Deutsche Umwelthilfe. Sie verwies auf Lärmbeschwerden von Anwohnern, bezeichnete die behördlichen Auflagen zum Brandschutz als ungenügend und will rechtliche Schritte planen. Die DUH hatte am 28. November 2022 eine 21-seitige Einwendung erhoben.

Nach Recherchen der Deutschen Umwelthilfe sind die behördlichen Auflagen zum Brandschutz ungenügend und bleiben hinter Vorgaben an anderen LNG-Standorten weit zurück. Die DUH forderte eine Absage der Eröffnungsfeier und einen sofortigen Betriebsstopp, bis die Probleme geklärt seien. Müller-Kraenner: „Der Betrieb des Terminals darf erst starten, wenn alle technischen Fragen geklärt sind. Alles andere wäre vor allem für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner völlig unverantwortlich.“

Laut Genehmigungsentwurf ist zunächst nur die freiwillige Feuerwehr Lubmin in Zusammenarbeit mit der Besatzung des LNG-Terminalschiffs „Neptune“ für den Brandschutz zuständig. Erst später soll eine Werksfeuerwehr eingerichtet werden, dafür wurde aber noch nicht einmal eine verbindliche Frist genannt. Auch die Verfügbarkeit eines Feuerlöschschiffs ist keine Betriebsauflage. Dies weicht stark von den Vorgaben zum Brandschutz für das LNG-Terminalschiff in Wilhelmshaven ab. Dort ist vorgeschrieben, dass bei jedem LNG-Ladevorgang ein Feuerlöschschlepper im Nahbereich sein muss. Außerdem gibt es strenge Auflagen für die Einrichtung einer Werksfeuerwehr.

Constantin Zerger, DUH-Leiter Energie und Klimaschutz: „Es ist schockierend, wie leichtfertig die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Thema Brandschutz umgehen – zumal das Betriebskonzept besonders risikoreich ist. Es erfordert täglich zahlreiche Schiffsbewegungen und Ladevorgänge, auch im beengten Hafen von Lubmin. Dass hier nicht die Anwesenheit eines Feuerlöschschiffes angeordnet wird, ist geradezu fahrlässig. Dasselbe gilt für die fehlenden Vorgaben zur Ausrüstung der örtlichen Feuerwehr. Es ist kaum vorstellbar, dass die freiwillige Feuerwehr Lubmin mit ihrer heutigen Ausrüstung in der Lage ist, einen Brand auf dem LNG-Terminalschiff unter Kontrolle zu bringen. […] mit Blick auf die offenen Fragen zu Klima- und Naturschutz: Hier hat die Genehmigungsbehörde alle Einwendungen abgeschmettert und zum Beispiel die Klimafolgen des Projektes noch nicht einmal geprüft. Wir werden Widerspruch gegen die Genehmigung einreichen und alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um dieses gefährliche und unnötige Projekt zu stoppen.“ 

Der Antrag des Unternehmens sei in Rekordzeit aber dennoch gründlich bearbeitet und beschieden worden, sagte dagegen Umweltminister Backhaus. Die Einwendungen von Bürgern und Verbänden seien ernst genommen und eingehend geprüft worden. „Die Prüfungen haben ergeben, dass der Bodden nicht durch eingeleitetes Kühlwasser in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagte Backhaus. Es würden auch keine Biozide ins Gewässer eingeleitet und das angrenzende FFH- und Vogelschutzgebiet werde nicht beeinträchtigt.

Die Ansiedlung bleibe aber auch nicht ohne Nebenwirkungen, sagte Backhaus. Derzeit liefen Schallmessungen, weil sich Bürgerinnen und Bürger aus den Nachbargemeinden über Immissionen beschwert hätten. Sollte die Regasifizierungsanlage ursächlich für die Belästigung der Menschen sein, würden schallmindernde Auflagen folgen. Der Lärm könnte auf die durchgehend wummernden Schiffsdiesel, die die Pumpen des FSRU »Neptune« antreiben, zurückzuführen sein.


DUH: Weitere rechtliche Schritte gegen die Genehmigung des LNG-Terminals in Lubmin

11. Januar 2023:  Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte den Entwurf der Genehmigung für das LNG-Terminal in Lubmin scharf. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern hatte am 10.1.2023 einen Entwurf veröffentlicht. Die Genehmigungsunterlagen für das Flüssiggas-Terminal vor Lubmin wurden zwischen dem 10.1.2023 und dem 13.1.2023 noch einmal öffentlich ausgelegt und konnten beim zuständigen Amt in Stralsund und online eingesehen werden.

Schon bei den Antragsunterlagen des privaten Betreibers Regas hatte die DUH im November auf schwere Mängel hingewiesen. Diese Mängel wurden gemäß einer ersten Prüfung durch die DUH nicht behoben. Zwar soll die Genehmigung bis zum 31. Dezember 2031 befristet werden, die Klimafolgen des Projektes bleiben jedoch weiterhin ungeprüft. Zudem wurden wesentliche Bestandteile und Umweltfolgen des Projektes erst gar nicht betrachtet. Dies gilt insbesondere für den Betrieb der Shuttle-Schiffe, die bis zu sechs Mal am Tag den ökologisch hochsensiblen Greifswalder Bodden durchkreuzen, um LNG zum Terminal-Schiff zu transportieren. Auch der Betrieb des als Umschlaganlage genutzten LNG-Tankers vor der Küste Rügens wurde nicht betrachtet. All dies macht die Erteilung einer Genehmigung aus Sicht der DUH unzulässig.  

Die endgültige Genehmigung soll Ende der Woche erteilt werden, damit das Terminal am 14. Januar von Bundeskanzler Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Ministerpräsidentin Schwesig eröffnet werden kann.

Die DUH wieß darauf hin, dass Eile bei Genehmigung und Eröffnung des Terminals völlig unangebracht sei, da auch die Bundesnetzagentur nicht mehr von einem Gasmangel in diesem Winter ausgeht. Zwar soll die Genehmigung bis zum 31. Dezember 2031 befristet werden, die Klimafolgen des Projektes bleiben jedoch weiterhin ungeprüft. Zudem werden wesentliche Bestandteile und Umweltfolgen des Projektes gar nicht erst betrachtet. Dies gilt insbesondere für den Betrieb der Shuttle-Schiffe, die bis zu sechs Mal am Tag den ökologisch hochsensiblen Greifswalder Bodden durchkreuzen. Auch der Betrieb des als Umschlaganlage genutzten LNG-Tankers vor der Küste Rügens werde nicht betrachtet. All dies mache die Erteilung einer Genehmigung aus Sicht der DUH unzulässig.

DUH-Bundesgeschäftsführer Müller-Kraenner: „Immer noch sind für wesentliche Bestandteile des Projektes noch nicht einmal Antragsunterlagen vorgelegt worden. Die geplante feierliche Eröffnung am Samstag ist ein herber Schlag für den Klimaschutz. Im Wettlauf mit anderen LNG-Standorten möchte Mecklenburg-Vorpommern aber offenbar nicht das Nachsehen haben und räumt deshalb den Weg für das Terminal frei. Das undurchsichtige Vorgehen, die mangelnde Öffentlichkeitsbeteiligung und der vorauseilende Gehorsam gegenüber einem Gaskonzern erinnern fatalerweise an die Klüngelei der Regierung Schwesig mit der Nord Stream 2 AG. Offenbar wurde hier aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt. Wir werden weiter auf ein rechtsstaatliches Verfahren pochen und gegen diese Genehmigung Widerspruch einlegen.“

Schon vor zwei Wochen hatten die Behörden einen angeblichen „Probebetrieb“ des LNG-Terminals zugelassen. Auch auf Rückfrage wurden der DUH die Genehmigungsunterlagen dazu bisher nicht zur Verfügung gestellt. Schon zuvor musste die DUH die elektronische Einsicht der Antragsunterlagen, die eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist, erst gegenüber den Behörden erkämpfen. Auch jetzt wird wieder mit zweierlei Maß gemessen: Im Genehmigungsentwurf ist geregelt, dass der Betreiber direkt gegen den Bescheid Klage beim Bundesverwaltungsgericht einlegen kann, während Umweltverbände und andere Beteiligte zunächst einen behördlichen Widerspruch einlegen müssen. Dies bedeute unterschiedliche Rechte für unterschiedliche Beteiligte.

Seit Beginn der Probebetriebs hatten sich viele Anwohner über den Lärm in Lubmin beschwert. Jetzt können Sie aber keine Einwände mehr erheben. Die Auslegung diente allein der Transparenz und der Information der Öffentlichkeit. Das ist auch Vorgabe nach Europa-Recht bei beschleunigten Genehmigungsverfahren wie in Lubmin.

Der Lärm ist dennoch Thema, vor allem im Nachbarort Spandowerhagen. Auf einer Versammlung beschlossen die Einwohner am 9.1.2023, eine Petition zu starten, in der sie Verbesserungen fordern. Sie ziehen außerdem eine Klage in Erwägung. Das Umweltministerium hatte bereits angekündigt, dass in Lubmin der Lärm gemessen werden soll. Sollten die Geräusche lauter sein, als in den Planungen prognostiziert, könnten nachträglich Maßnahmen angeordnet werden, um den Lärm zu mindern.


Betriebsstart für das LNG-Terminal in Lubmin am 14. Janur 2023

8. Januar 2023:  Das LNG-Terminal in Lubmin soll am Samstag, dem 14. Januar 2023 in Betrieb genommen werden. Nach Unternehmensangaben haben Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck ihren Besuch angekündigt.

Dem Terminal-Betreiber Deutsche ReGas soll am 13. Januar die letzte ausstehende Betriebsgenehmigung übergeben werden. Am 5. Januar 2013 hatte das zuständige Umweltministerium in Schwerin grünes Licht für das Terminal gegeben. Ab dem 9. Januar sollen die Unterlagen für vier Tage zur Einsicht ausgelegt und im Internet veröffentlicht werden. „Danach kann der Genehmigungsbescheid unterschrieben und offiziell überreicht werden“, teilte Umweltminister Backhaus mit. Das Terminal sei „unfassbar schnell“ realisiert worden, sagte der Vorstandschef der Deutschen ReGas, Stephan Knabe.

Laut Backhaus handele es sich bei Lubmin um einen „idealen Standort“. Gleichwohl liege dieser in Nachbarschaft zu einem sensiblen Ökosystem. „Ich lege deshalb großen Wert auf die Feststellung, dass hier nahe des Greifswalder Boddens keine Biozide eingesetzt werden und auch keine Erwärmung des Boddens zu befürchten ist.“ Die Umweltschutzorganisation BUND hatte den Standort Lubmin als ungeeignet kritisiert, da es sich dort um flache, sensible Boddengewässer handele. Laut Backhaus hat der Betreiber, die Deutsche ReGas, eine Betriebsdauer bis Ende 2031 beantragt. Die Infrastruktur in Lubmin sei auch für die Einspeisung von Wasserstoff nutzbar.

Das Terminal in Lubmin soll zunächst eine Einspeisekapazität bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich haben. Die Deutsche Regas hatte im September mit den Bauarbeiten für das Terminal begonnen. Ursprünglich sollte am 1. Dezember der Betrieb aufgenommen werden, die erforderlichen Genehmigungen lagen damals aber noch nicht vor. Kurz vor Weihnachten wurde die Genehmigung für einen begrenzten Testbetrieb erteilt. Das als Regasifizierungs-Einheit dienende Schiff „Neptune“, der LNG-Tanker „Seapeak Hispania“ sowie der LNG-Shuttle-Tanker „Coral Furcata“ waren in den vergangenen Wochen in Lubmin eingetroffen.

Probebetrieb des LNG-Terminals in Lubmin schon vor einer Genehmigung

23. Dezember 2022: Die Betreiber des Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Lubmin dürfen zumindest testweise Gas einspeisen. Das zuständige Schweriner Umweltministerium teilte am 21.12.2022 mit, dass die Genehmigung für einen Testbetrieb vorliege. „Bei der Anlage in Lubmin geht es um hochkomplexe technische Abläufe, die vor einem Dauerbetrieb getestet werden müssen“, so Minister Backhaus (SPD). Er betonte, dass es sich noch nicht um eine endgültige Genehmigung handele. „Ich gehe davon aus, dass wir im Januar 2023 mit einem Ergebnis der Prüfung rechnen können“, hieß es weiter. Nach früheren Angaben des Ministeriums darf im Rahmen des Testbetriebs für vier Stunden am Tag das mit Schiffen transportierte LNG wieder in Gas umgewandelt und in das Netz eingespeist werden.

Constantin Zerger (Deutsche Umwelthilfe) kommentierte den „Probebetrieb“ auf Twitter: „Das ist wohl ein Trick, um trotz der schlampigen Antragsunterlagen der Regas doch schon den Betrieb aufnehmen zu können. Was eine Bananenrepublik!“

Die DUH moniert, mit der Zulassung des Probebetriebs umgehe die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern gesetzliche Vorgaben sowie Veröffentlichungspflichten aus dem LNG-Beschleunigungsgesetz. Einwendungen der DUH und anderer Umweltverbände blieben weiterhin unbeantwortet. Laut Recherchen des NDR solle es sich jetzt mitnichten um eine bloße Prüfung der Betriebstüchtigkeit handeln, sondern um einen dauerhaften Normalbetrieb mit einer täglichen vierstündigen Gaseinspeisung. Diesem kommerziellen Betrieb des Terminals vor der Genehmigung fehle jedoch die Rechtsgrundlage. Die Landesbehörden umgingen so bundesrechtliche Vorgaben. Fragen der DUH zu den Rechtsgrundlagen ließe das zuständige Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt bisher unbeantwortet.

Am frühen Morgen des 21.12.2022 war vor Rügen ein Tanker mit der ersten Ladung Flüssigerdgas für das Terminal in Lubmin eingetroffen. Die „Seapeak Hispania“ hat nach Aussage des Unternehmens Deutsche Regas 140.000 Kubikmeter LNG aus Ägypten geladen. Sie habe ihren Ankerplatz östlich der Insel Rügen erreicht. Sie soll künftig als Zwischenlager auf der Ostsee dienen. Kleinere Tanker sollen das LNG von dort durch den flachen Greifswalder Bodden zum Gasifizierungs-Terminal in Lubmin transportieren. Dem Schiff sei von den Behörden ein Ankerplatz in der Prorer Wiek zugewiesen worden etwa sieben Kilometer nordöstlich von der Seebrücke Sellin, teilte die Deutsche Regas mit.

Eine Entscheidung über einen Probebetrieb habe aber nichts mit einer endgültigen Genehmigung zu tun. Man werde möglicherweise Auflagen erteilen. Es gehe zum Beispiel um die Frage der Laufzeit. Wichtig sei auch, dass die Anlage bereit sei für Wasserstoff.

In Mecklenburg-Vorpommern sind an der Ostsee etwa in Rostock und Lubmin Anlagen zum Import und zur Erzeugung von Wasserstoff geplant. Die drei Fernleitungsnetzbetreiber Gascade, Ontras und terranets bw wollen ein Pipelinesystem für Wasserstoff von der Ostsee bis in den Südwesten Deutschlands aufbauen. Man gehe davon aus, dass der Norden Deutschlands das Zentrum für Wasserstoffimporte und die Wasserstofferzeugung an Land und auf dem Wasser werde, teilte Gascade am Donnerstag mit. „Dadurch entsteht schnell ein erheblicher Transportbedarf in Richtung Süden.“

Eher skeptisch äußerte sich Backhaus zum zweiten, vom Bund geplanten LNG-Terminal in Lubmin. Das solle das Gas von einem Tanker in der Ostsee durch den Greifswalder Bodden nach Lubmin leiten. „Dazu müssen Röhren verlegt werden“. Und das sei ein „höchst sensibler“ Eingriff in das Ökosystem. Er sei darüber mit Wirtschaftsminister Habeck laufend im Gespräch.

Schiff mit verflüssigtem Erdgas unterwegs nach Lubmin

15. Dezember 2022:  Während noch nicht klar ist, wie lange es dauern wird, bis eine Entscheidung über die Genehmigung für das private LNG-Terminal in Lubmin vorgelegt werden wird, wurde bekannt, dass zusätzlich zu dem FSRU-Schiff schon ein weiteres Schiff mit verflüssigtem Erdgas unterwegs ist.

Mit der „Speapeak Hispania“ ist der als Zwischenlager auf dem Meer eingeplante Flüssigerdgas-Tanker auf dem Weg in die Ostsee. Laut dem Unternehmen Deutsche Regas soll das Schiff Flüssigerdgas (LNG) von anderen Tankern aufnehmen und an kleinere Tanker übergeben, die es durch den flachen Greifswalder Bodden zum eigentlichen Terminal im Lubminer Industriehafen transportieren.

Bereits vergangene Woche war eines der drei für den Transport durch den Greifswalder Bodden eingeplanten kleineren Shuttle-Schiffe vor Rügen angekommen. Dort war Ende November außerdem mit der „Neptune“ das erste Spezialschiff zur Umwandlung von Flüssigerdgas in den gasförmigen Zustand in Deutschland angekommen. Am 16.12.2022 sollte dieses FSRU-Schiff an seinen Einsatzort im Hafen von Lubmin verlegt werden.

Einwendungen gegen das FSRU von Regas in Lubmin

3. Dezember 2022:  Gegen die Genehmigung für das in Lubmin von der Deutschen Regas geplante Terminal für Flüssigerdgas gingen 28 individuelle Einwendungen und eine Sammeleinwendung mit 1.071 Zeichnungen ein.

Die Deutsche Umwelthilfe reichte am 28.11.2022 eine Einwendung beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern (StALU) ein, in der vorgebracht wurde, dass die Antragsunterlagen essentielle Projektbestandteile ausblendeten. Die Antragsunterlagen für das LNG-Terminalschiff „Neptune“ seien unvollständig und fehlerhaft. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle offenbar mit Angaben, die nicht der tatsächlich beabsichtigten Kapazität der Anlage entsprechen, umgangen werden. Die DUH kritisierte, dass der vorgesehene Schiffsverkehr durch den geschützten Greifswalder Bodden, Wechselwirkungen mit benachbarten atomaren Anlagen in Lubmin und Klimafolgen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Zudem entstünde der Eindruck, man wolle durch die Angabe einer zu hohen Einspeisekapazität von gesetzlichen Ausnahmeregelungen profitieren. Die DUH forderte daher die Behörden von Manuela Schwesig auf, das Projekt zu stoppen und die Bau- und Betriebsgenehmigung zu verweigern.

Die Deutsche Regas wollte sich am 28.11.2022 nicht zu der Kritik äußern. «Wir haben die Einwendung der DUH zur Kenntnis genommen, werden diese sorgfältig prüfen und im Rahmen des laufenden gesetzlichen Genehmigungsverfahrens gegenüber dem StALU VP beantworten.»

Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Mecklenburg-Vorpommern stellte die Biologin Corinna Cwielag fest: „Der erste und gewichtigste Einwand ist natürlich die Frage: Was konnten wir sichten? Wir konnten einen Teil der Unterlagen sehen. Wir wissen nicht, ob das alle sind. Das ist aus unserer Sicht sehr, sehr schlecht gelaufen“. Man habe sich die Projektunterlagen des Antragstellers angeschaut und viele Gründe für Einwendungen gefunden, obwohl das neue LNG-Beschleunigungsgesetz des Bundes die Fristen stark verkürzt habe. „Aus unserer Sicht ist völlig unverständlich, wieso man mit ‚Sicherheitsbedenken‘ eine Transparenz vermeidet und eine Bürgerbeteiligung enorm erschwert.“

Laut dem LNG-Beschleunigungsgesetz aus dem Hause des grünen Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck muss neuerdings auch keine Umwelverträglichkeitsprüfung mehr durchgeführt werden, sobald durch ein LNG-Projekt mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr ins deutsche Gasnetz kommen. Kein Wunder, dass die ReGas, die anfangs weniger angekündigt hatte, nun aber in ihrem Antrag bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr in Aussicht stelle, sagt Corinna Cwielag. 

„Diese Art und Weise das Naturschutzrecht außer Kraft zu setzen, ist ein Dammbruch. Dazu kommt noch, dass ein großes Problem auch ist: Wie bewertet man den Eingriff in den Naturraum? Und was bietet man an als Ausgleich? Da lässt leider das Beschleunigungsgesetz zu, dass erst bis zu zwei Jahren nach Genehmigung eine sinnvolle Maßnahme gefunden sein muss. Und dann hat man noch mal drei Jahre Zeit, die umzusetzen.“

Der BUND Mecklenburg-Vorpommern weist auf zwei besonders erhebliche Eingriffe hin. Da wäre zunächst der 24-Stunden-Shuttlebetrieb der drei kleineren Tanker durch das flache Boddengewässer: „Auch die Shuttle-Schiffe haben noch 6,80 Meter Tiefgang. Der Hafen ist sieben Meter tief. Also werden sie voraussichtlich nicht voll beladen werden können. Dann müssen sie aber öfter fahren, um die Flüssiggas-Mengen zu transportieren. Das bedeutet wiederum, dass die Störungen im Bodden im Bereich der Vögel, auch für Schweinswale, auch für Robben mehr werden würden. Und da ist die Argumentation des Unternehmens, die Vögel hätten sich daran gewöhnt oder würden sich auch daran gewöhnen. Das ist aus unserer Sicht verkehrt.“ So werde sicher die Größe der mehr als 100 Meter langen Shuttle-Schiffe auch für Verwirbelungen sorgen, die dann dazu führten, „dass Sediment aufgewirbelt wird, dass Schadstoffe aufgewirbelt werden und dass sich damit die Nahrungsräume für die rastenden Vögel, aber auch für Schweinswale und auch für die Robben verändern werden. Das ist alles nicht berücksichtigt.“

Zum anderen wäre da der Kühlwasser-Kreislauf auf der „Neptune“. Das Schiff werde täglich rund 30.000 Kubikmeter Ostsee-Wasser aus dem Lubminer Hafenbecken nehmen, um damit die Motoren ihrer Regasifizierungsmaschinen zu kühlen.

DUH: Mit Einfahrt des LNG-Schiffes in den Hafen von Lubmin sollen Fakten geschaffen werden

24. November 2022:  Das LNG-Spezialschiff „Neptune“ ist am 23.11.2022 im Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen angekommen – unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Unter anderem soll hier der Tiefgang des Schiffes von gut 9 Metern auf etwa 5,2 Meter verringert werden, damit es ins flachere Wasser vor Lubmin überführt werden kann, so der Terminal-Betreiber Deutsche Regas.

Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte das Vorgehen des Betreibers Deutsche ReGas. Die ‚Neptune‘ fahre zu einem Zeitpunkt in deutsche Küstengewässer ein, zu dem noch überhaupt nicht feststehe, ob sie überhaupt als schwimmendes LNG-Terminal betrieben werden dürfe. „Offenbar sollen in Lubmin Fakten geschaffen werden, ohne dass das Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Für das Genehmigungsverfahren fehlen laut DUH noch diverse Unterlagen. Deshalb forderte die DUH die Landesregierung auf, die Einfahrt des Spezialsschiffes in den Hafen Lubmin bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahren zu verbieten. „So halten wir den Betrieb der Neptune für nicht genehmigungsfähig“, sagte Müller-Kraenner.

Regas-LNG-Terminal wäre vom Start weg ausgelastet

21. November 2022:  Die Bundesnetzagentur hat mit einer Erteilung der Befreiung der Regas-Anlage von der Regulierung für die gesamte jährliche Durchsatzkapazität ab der kommerziellen Inbetriebnahme von Phase I die Weichen für die zügige Inbetriebnahme des neuen Flüssigerdgas-Terminals gestellt. Die Betreiberin Deutsche Regas GmbH & Co. KGaA wartet nun noch auf eine Genehmigung des zuständigen Landesamtes.

Das Interesse am Binding Open Season Verfahren für Phase I und dem Non-Binding Open Season Verfahren Phase II war hoch, die verfügbare jährliche Regasifizierungs-Kapazität für langfristige Buchungen von insgesamt 11,7 Mrd. m3 wurde mit 15,2 Mrd. m3 deutlich überzeichnet.

In der Phase I wird der mehr als 280 Meter lange Tanker „Neptune“ stationiert, an den die LNG-Schiffe mit einer Kapazität von 170.000 m3 andocken können, damit das LNG in den vorgelagerten Zwischenspeicher übertragen werden kann. In dieser Phase I beträgt die geplante Jahresdurchsatzkapazität mindestens 4,5 Mrd. m3.

In einer Phase II könnten – vorbehaltlich rechtlicher Klärungen – zwei der FSRU an die bestehenden Nord Stream-Unterwasserpipelines angedockt werden. Ab Dezember 2023 ist zunächst geplant, ein schwimmendes LNG-Terminal mit einer geplanten Jahresdurchsatzkapazität von 7,0 Mrd. m3 offshore im deutschen Hoheitsgebiet zu installieren (FSRU 2). Durch Verlegung der FSRU 1 vom Hafen in Lubmin an einen Offshore-Standort im Jahr 2024 soll die geplante Jahresdurchsatzkapazität um weitere 2,0 Mrd. m3 erhöht werden. In diesem Ausbauzustand soll die geplante Jahresdurchsatzkapazität des „LNG-Terminals Deutsche Ostsee“ dann ab dem vierten Quartal 2024 insgesamt mindestens 13,5 Mrd. m3 betragen.

Für die Prüfung der Einwendungen gegen das Terminal in Lubmin bleiben nur drei Tage

16. November 2022: Das Ende der Auslegung der Antragsunterlegen wurde vom 15. November auf den 21. November verlängert. Auch die Frist für die Einreichung von Einwendungen wurde vom 21. auf den 28. November verlängert. Schon vier Tage später am Donnerstag, dem 1. Dezember, plant die Deutsche ReGas, das schwimmende LNG-Terminal in Betrieb zu nehmen. Für die Prüfung der Einwendungen bleiben also gerade einmal drei Tage!

Die DUH konnte erreichen, dass die Antragsunterlagen für die Genehmigung eines LNG-Terminals in Lubmin den Umweltverbänden nun auch digital zur Verfügung gestellt werden. Sie können aber nach wie vor nicht heruntergeladen werden. Nach Berichten der DUH auf Twitter sei jedoch kein Speichern und keine Suchfunktion möglich. Auch sei der Zugang auf 24 Stunden beschränkt. Danach sei ein neuer Zugang zu beantragen, der vom Unternehmen Regas vergeben würde. Die DUH bezeichnete das als Schikane. Der Beteiligung der Öffentlichkeit würden Knüppel zwischen die Beine geworfen, wo es gehe. Das LNG-Projekt könne so nie genehmigt werden. Ansonsten wäre es ein Armutszeugnis für die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Antragsunterlagen passen in 4 Leitzordner. Nach C. Zerger (DUH) habe es dagegen allein für die Anbindungspipeline in Brunsbüttel 40 Ordner gegeben. Im Fall von Lubmin fehlten komplett die nautischen Unterlagen für die Anfahrbarkeit des Terminals und die damit verbundenen Störfallbetrachtungen. Eine Klimaprüfung gebe es nicht und so weiter.

Wie der SPIEGEL berichtete, ist das erste Tanklagerschiff für die Übernahme von verflüssigtem Erdgas auf dem Weg zu seinem Einsatzort in Lubmin an der deutschen Ostseeküste. Die »Neptune« soll als schwimmendes Terminal möglichst bald zum Einsatz kommen und importiertes, stark gekühltes Flüssigerdgas wieder in den gasförmigen Zustand verwandeln. Kleinere Schiffe sollen das Flüssigerdgas von einem auf der Ostsee liegenden Speicherschiff abnehmen, das wiederum von Tankern beliefert werden soll. Die kleineren Schiffe sollen das Flüssigerdgas dann durch den relativ flachen Greifswalder Bodden in den Lubminer Hafen zur »Neptune« transportieren.

»Wir werden technisch am 1.12. bereit sein«, sagte Stephan Knabe von der Deutschen Regas. Allerdings stehen noch Genehmigungen des zuständigen Landesamtes und der Bundesnetzagentur aus. 

DUH: Verfahrensfehler beim Genehmigungsverfahren für das Regas-Terminal in Lubmin

8. November 2022: Die Antragsunterlagen für das geplante LNG-Terminal Lubmin sind ab dem 8. November für eine Woche einsehbar, aber nur in analoger Form. Die Antragsunterlagen des Investors liegen im Staatlichen Umweltamt in Stralsund und im Amt Lubmin öffentlich aus – während der normalen Bürozeiten und in mehreren Aktenordnern in Papierform. Einsicht ist nur nach vorheriger Terminabsprache möglich. Auf Wunsch der Regas GmbH wurde eine elektronische Veröffentlichung der Antragsunterlagen verweigert.

Die Deutsche Umwelthilfe beurteilte die ausschließlich analoge Veröffentlichung als Verfahrensfehler, der die weitere Durchführung des Genehmigungsprozesses gefährdet. Eine gesetzliche Pflicht zur elektronischen Veröffentlichung folge aus der 9. Bundesimmissionsschutzverordnung. Diese sei auch durch das LNG-Beschleunigungsgesetz nicht aufgehoben. Die zuständigen Ämter in Niedersachsen und Schleswig-Holstein hätten zuvor sämtliche Unterlagen für die dortigen LNG-Unterlagen auch elektronisch veröffentlicht.

Die DUH besteht darauf, dass die Unterlagen auch in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden müssten. Nur das erlaube einen umfassenden und schnellen Blick in das Mega-Projekt und sichere eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit. Auf Rückfrage der DUH bestätigte das zuständige Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern, dass es ein Entschluss des Vorhabensträgers, der Regas GmbH, gewesen sei, die Unterlagen entgegen der gesetzlichen Pflicht nicht elektronisch zu veröffentlichen. Die Regas GmbH plane, ein schwimmendes LNG-Terminal bereits zum 1. Dezember 2022 in Betrieb zu nehmen.

Auf Anfrage teilte die ReGas mit, man erfülle „vollumfänglich die vom Gesetzgeber für das Genehmigungsverfahren festgelegten Anforderungen“. Das Unternehmen habe sich bewusst gegen die elektronische Veröffentlichung der Unterlagen im Internet entschieden. Hintergrund sei vor allem die seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines und die Deutsche Bahn komplett neue Sicherheitslage. Ein ReGas-Sprecher erklärte außerdem, das LNG-Terminal sei „Bestandteil der systemrelevanten sensiblen Infrastruktur und ist von daher höchst schützenswert“. Das Unternehmen leitet daraus einen besonderen Geheimhaltungsbedarf ab. Die ReGas sagt auch, es wäre zudem nicht nachprüfbar, wer genau Einsicht in die Unterlagen nehmen würde.

Dazu Constantin Zerger, DUH-Leiter Energie und Klimaschutz: „Das Vorgehen der Behörden in Mecklenburg-Vorpommern ist absurd. Offenbar trifft das Amt für Landwirtschaft und Umwelt keine eigenständigen Entscheidungen, sondern folgt willfährig den Wünschen der Regas GmbH. Dieses Vorgehen erinnert in fataler Weise an die Unterstützung der Nord Stream 2 AG und an die Einrichtung der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV. Die Landesregierung muss ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisten, das auch den demokratischen Beteiligungspflichten gerecht wird.“

Die Landesregierung hat Kritik zurückgewiesen, sie wolle das in Lubmin geplante Flüssigerdgas-Terminal möglichst schnell durchwinken. Davon könne keine Rede sein, teilte ein Sprecher des Schweriner Umweltministeriums am 8.11. auf Anfrage mit. Berechtigte Einwände könnten das Projekt selbstverständlich verzögern oder gar verhindern. Umweltminister Till Backhaus (SPD) habe seit Beginn der Planung immer wiederholt, dass ihm unbedingt daran gelegen sei, das Verfahren rechtssicher durchzuführen.

Man gehe von zahlreichen Dokumenten aus, schrieb Constantin Zerger von der DUH auf Anfrage. „Diese Unterlagen nur physisch vor Ort durchschauen zu können, ist reine Schikane.“ Bei digitalen Dokumenten könnte man die Durchsicht aufteilen und einfach externe Expertise hinzuziehen. Zerger nannte das gewählte Verfahren eine „bewusste Sabotage der Öffentlichkeitsbeteiligung“.

Die Deutschen Regas argumentierte, man könne so eher nachvollziehen, wer sich die Unterlagen ansehe. Das wäre nicht der Fall wäre, wenn sich jeder die Unterlagen online herunterladen könnte. Die Hürden für den Missbrauch der Planungsunterlagen wären dann wesentlich niedriger. Sicherheitsberater und Anwälte hätten gerade nach den mutmaßlichen Angriffen auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee und Infrastruktur der Bahn dazu geraten.

Start des Genehmigungsverfahrens für das Regas-Terminal

29. Oktober 2022: Umweltminister Backhaus teilte mit, dass jetzt alle Unterlagen für den Antrag auf eine Genehmigung des FSRU vorlägen. Der Betreiber, die Deutsche ReGas, arbeitet weiter auf einen Start am 1. Dezember hin. Backhaus erklärte, es sei noch offen, ob bis Dezember eine Genehmigung erteilt werde. Das sei davon abhängig, wie viele und welche Einwände in dem entsprechenden öffentlichen Verfahren zwischen dem 8. und dem 21. November eingehen. Ein weiterer Faktor sei die Qualität der eingereichten Unterlagen, so Backhaus.

In dem für Regas ungünstigsten Fall könne sich das Verfahren bis zu 13 Wochen hinziehen. Laut Regas-Aufsichtsratschef Knabe arbeitet das Unternehmen darauf hin, bis Ende November alle nötigen Leitungen, Schiffe und sonstigen technischen Gegebenheiten vorbereitet zu haben. Dann hänge es nur noch an einer rechtssicheren Genehmigung.

Knabe teilte zudem mit, dass das am 21.10.22 zu Ende gegangenes Ausschreibungsverfahren für die Kapazitäten des Terminals erfolgreich abgeschlossen wurde. Es gebe mehr Nachfrage, als bedient werden könne. Aufgrund größerer Anlandeschiffe geht der Unternehmer davon aus, dass künftig jährlich statt 4,5 Milliarden Kubikmetern an regasifiziertem Flüssiggas bis zu 5,2 Milliarden Kubikmeter in das deutsche Gasnetz eingespeist werden können.

Corinna Cwielag, die Landesgeschäftsführerin des Umweltschutzverbands BUND, forderte einen Ausgleich für die Eingriffe in die Natur. Eine richtige Umweltverträglichkeitsprüfung sei in dem kurzen Zeitraum nicht durchzuführen. Zweifellos werde die Umwelt durch das LNG-Terminal beeinträchtigt. Es werde unter anderem mehr Schiffsverkehr im Vogelschutzgebiet geben. Wenn Meerwasser benutzt wird, um das aus dem flüssigen Rohstoff wieder Gas zu machen, werde dieses außerdem mit höherer Temperatur in den Bodden zurückgeleitet.

Von den Bündnisgrünen in Mecklenburg-Vorpommern hieß es, die Energiesicherheit habe für sie höchste Priorität. Dazu werde das LNG-Terminal beitragen. Gleichzeitig müsse klar sein, „dass die Genehmigung für den Import von fossilem Erdgas mit Blick auf die Klimaziele nach fünf Jahren neu bewertet und nach maximal zehn Jahren endgültig auslaufen muss“.


Zweifel am geplanten Zeitpunkt zur Fertigstellung des privaten FSRU Lubmin

18. Oktober 2022: Sechs Wochen vor der geplanten Inbetriebnahme der Anlandung von verflüssigtem Erdgas am 1. Dezember 2022 hat der Investor, die private Deutsche ReGas, noch immer nicht alle Antragsunterlagen eingereicht. Die Vorbereitungsarbeiten für das ehrgeizige Gas-Projekt am Greifswalder Bodden in Lubmin haben schon begonnen. Die Deutsche ReGas hat jedoch beim Staatlichen Umweltamt in Stralsund bisher nicht alle Papiere eingereicht, die für eine Genehmigungsentscheidung nötig sind.

Der für die Genehmigung zuständige Minister Till Backhaus (SPD) hatte die Deutsche ReGas bereits Ende Juli aufgefordert, die Unterlagen für das private LNG-Projekt schnell einzureichen. Allerdings will Backhaus die Sache „gerichtsfest“ haben und sich eine Niederlage vor einem Verwaltungsgericht sparen. Denn es gebe namhafte Kritiker wie die Deutsche Umwelthilfe. Die hat sich äußerst skeptisch zu dem Projekt geäußert. Nach Ansicht von Backhaus müssen auch „die Besonderheiten des Standorts Lubmin mit dem bestehenden atomaren Zwischenlager“ berücksichtigt werden. Was Backhaus meinte: Der Standort der Castoren mit dem radioaktiven Müll erschwere das Verfahren. Und es gibt wohl nicht nur dieses eine Sicherheitsbedenken.

Regas mit weiterem Partner schreibt LNG-Kapazitäten aus

28. September 2022: Das private LNG-Projekt in Lubmin erhält Unterstützung vom australischen Infrastrukurinvestor Macquarie Capital, dem Unternehmensberatungs-, Kapitalmarkt- und Hauptinvestitionszweig der Macquarie Group. Die Deutsche Regas teilte am 23.9.2022 mit, dass sich der Investor im Rahmen einer ersten Minderheitsbeteiligung einbringe. Ein von Macquarie Capital gegründetes Unternehmen solle außerdem technisch und betrieblich unterstützen (in 15 Jahren 13 schwimmende Regasifizierungsprojekte).

In Abstimmung mit der Bundesnetzagentur will die Deutsche Regas ab dem 10. Oktober 2022 Kapazitäten für den Gasimport ausschreiben. Die Deutsche Regas will in einer ersten Phase 4,5 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas jährlich am Standort Lubmin anlanden. Ab Dezember 2023 soll diese Kapazität durch ein weiteres Terminal auf 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr steigen. Auch für diese zweite Phase will der Betreiber bereits ab Oktober Kapazitäten ausschreiben. Die dort genannte Zahlen sollen jedoch lediglich indikativ sein. Eine verbindliche Ausschreibungsrunde soll erst später folgen.

Bauarbeiten im Hafen von Lubmin haben begonnen

21. September 2022: Am 20.9.2022 wurde mit den Bauarbeiten für das privat finanzierte Flüssigerdgas-Terminal der Deutschen ReGas begonnen. Der Kai soll umgebaut und der Hafen auf sieben Meter Tiefe ausgebaggert werden. Außerdem soll der Liegeplatz am Ostkai des Industriehafens für das LNG-Terminal durch einen Zaun gesichert werden.

Für diese Baumaßnahmen investiert die Deutsche ReGas nach eigenen Angaben einen zweistelligen Millionenbetrag. Die Arbeiten sollen im November abgeschlossen sein. Die Genehmigungen dafür liegen vor. Die Anträge für das LNG-Terminal sollen noch im September bei den Genehmigungsbehörden eingereicht werden.

Das Unternehmen Gascade plant den Bau des LNG-Anschlusses gemeinsam mit den Betreibern der NEL- und OPAL-Leitungen, die das angelandete Erdgas nach Deutschland und Europa weiterverteilen.

Ab dem 1. Dezember 2022 soll von ReGas das erste Flüssigerdgas in Lubmin angelandet werden. Vorgesehen ist, das Flüssigerdgas mit kleineren Shuttleschiffen von den vor Lubmin ankernden Großtankern in den Hafen zu bringen und dort bis zu 4,5 Mrd. Kubikmeter Gas ins deutsche Fernleitungsnetz einspeisen.

Eine 40 km lange Pipeline in der Ostsee bis zur Anlandestation in Lubmin

19. September 2022: Der Energiekonzern RWE und das norwegische Unternehmen Stena-Power wollen Lubmin als Standort für den Umschlag von Flüssigerdgas (LNG) ausbauen. Dazu sollen vor der Küste zwei Terminals entstehen, an denen das Flüssigerdgas von Tankschiffen in das bestehende Leitungsnetz eingespeist werden kann. Eine rund 40 Kilometer lange Pipeline soll von der neuen schwimmenden Plattform in der Ostsee parallel zu der nicht in Betrieb genommenen deutsch-russischen Gasleitung Nord Stream 2 gebaut werden, um Erdgas nach Lubmin zu leiten.

Bislang wurde russisches Erdgas aus der Ostsee-Pipeline über verschiedene Trassen in andere Teile Deutschlands und Europas weitergeleitet. Inzwischen hat Russland die Gaslieferung über die Leitung Nord Stream 1 eingestellt.

Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) informierte sich am 19. 9. 2022 gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) vor Ort über die aktuelle Situation. Dabei ging es vor allem um das vom Bund geplante Terminal des Energiekonzerns RWE und des norwegischen Unternehmens Stena-Power. Das Projekt sei eine Art Gastankstelle für Deutschland, so Habeck. Es solle von Mitte 2023 an helfen, die Energieversorgung Deutschlands abzusichern. Habeck und Schwesig betonten, dass die neue Infrastruktur zudem in der Lage sei, zukünftig Wasserstoff zu transportieren, der zum Beispiel auch in Lubmin hergestellt werden soll.

Der Bund und das Land wollen fast eine Viertel Milliarde Euro (237 Mio. Euro) investieren, um die Häfen in Rostock und Lubmin so auszubauen, dass mehr Öl und Flüssigerdgas (LNG) angelandet werden können. Außerdem soll Geld in die Regionen rund um die beiden Hafenstandorte investiert werden, unter anderem auch um der künftig größeren Rolle von Wasserstoff als Energieträger gerecht zu werden.

Bayern unterstützt LNG-Terminals in Lubmin

31. August 2022: Der bayrische Ministerpräsident Söder (CSU) sprach am 30.8.22 mit seiner Amtskollegin Manuela Schwesig (SPD). Söder sagte, für Deutschland seien die LNG-Bemühungen an der Ostsee fast wichtiger als entsprechende Projekte an der Nordsee. Eine Leitung verlaufe über viele Bundesländer und Tschechien direkt nach Bayern.

Gebaut wurde die Infrastruktur in großen Teilen für die beiden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2. In Lubmin befanden sich am Dienstag schon Bagger, die das Hafenbecken noch einmal auf die Norm-Tiefe ausbaggern. Das Material für eine notwendige Anschlussleitung ist nach Aussage einer Sprecherin des zuständigen Unternehmens schon bestellt.

Doch der Zeitplan ist vor allem mit Blick auf Genehmigungsverfahren ehrgeizig.  Deshalb will Bayern mit Personal aushelfen, das die Behörden im Nordosten unterstützen soll. Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten die beiden Länderchefs an Deck eines Ausflugsschiffs auf dem Greifswalder Bodden.

Die Pläne für das staatlich unterstützte LNG-Terminal in Lubmin sind nicht ausgereift

4. August 2022:  Die Bundesregierung plant ein weiteres LNG-Terminal in der Ostsee vor Lubmin. Eine Inbetriebnahme durch den Enerergiekonzern RWE und die norwegische Stena-Powerist ist bis Ende 2023 geplant. Noch sind aber viele Fragen offen.

Auf Anfrage des NDR gab sich RWE in Essen betont zurückhaltend. Offen blieb, wie lange die Gespräche mit der Regierung dauern werden. Unbeantwortet sind die Fragen, mit welchen Kosten gerechnet wird und wie die Aufgabenverteilung zwischen RWE und der norwegischen Stena Power aussieht. Unbeantwortet blieb auch die Frage, ob das geplante LNG-Projekt des privaten Investors deutsche ReGas ein Hindernis sei. ReGas will seine Anlage bereits am 1. Dezember in Betrieb nehmen. Der Bund will erst ein Jahr später nachziehen.

Der Greifswalder Bodden gilt wegen seiner geringen Tiefe als ökologisch sensibel. Um dort Rohre zu verlegen, dürften erhebliche Ausgleichsmaßnahmen nötig sein. Das Ministerium erklärte auf NDR-Anfrage, es sei nicht geplant, die Pipelines Nord Stream 1 oder Nord Stream 2 zu nutzen. Umweltminister Backhaus (SPD) hatte jüngst erklärt, auch die „Besonderheiten des Standorts Lubmin mit dem bestehenden atomaren Zwischenlager“ müssten berücksichtigt werden.

In Lubmin sind zwei schwimmende LNG-Terminals geplant

2. August 2022:  Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Betreiber eines schwimmenden Terminals in Lubmin, das mit Unterstützung der Bundesregierung gebaut werden soll, veröffentlicht: Das FSRU soll vom Energiekonzern RWE und der norwegischen Stena-Power betrieben werden. Die Inbetriebnahme ist frühestens Ende 2023 vorgesehen.

Das erste private Terminal der Firma Regas soll am 1. Dezember 2022 seinen Betrieb aufnehmen. 100 Millionen Euro stehen den privaten Interessenten für das Projekt zur Verfügung.

Das Unternehmen will jährlich 4,5 Milliarden Kubikmeter von Tankern angeliefertes Erdgas in das deutsche Netz einspeisen. Bei den notwendigen Genehmigungen steckt das Projekt aber offenbar noch in den Kinderschuhen. Bei den zuständigen Behörden sind nämlich laut Medienberichten noch keine entsprechenden Unterlagen eingegangen. Am 2. August wurde vom Abendblatt mitgeteilt, eine eigens eingesetzte Arbeitsgruppe der Landesregierung werde erstmals mit dem Unternehmen Regas beraten, wie das Genehmigungsverfahren für die geplante LNG-Anlandung in Lubmin zügig durchgeführt werden könne.

Eine Herausforderung für die Terminals vor Lubmin ist die geringe Wassertiefe der Ostsee. Die LNG-Tanker sollen deshalb vor dem Greifswalder Bodden ankern. Dort wird das LNG den Regas-Plänen zufolge in kleinere Tanker umgeladen und nach Lubmin gebracht. Drei Shuttleschiffe sind dafür vorgesehen. Umweltbeeinträchtigungen gebe es den Angaben zufolge praktisch keine, da unter anderem die bestehende Infrastruktur genutzt würde. Vom Liegeplatz seien es nur 450 Meter bis zum Fernnetz mit den Leitungen Eugal und Nel.

Zweifel an privatem LNG-Projekt in Lubmin, NDR, 21.7.2022

Der DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner drückte Skepsis gegenüber der Deutschen Regas aus. Deren Verantwortlichen seien neu in der Branche, würden ein weltweit neues Verfahren bei der Anlandung anwenden und ständen unter Zeitdruck. Müller-Kraenner: „Wir behalten uns zumindest rechtliche Schritte innerhalb des Genehmigungsverfahrens vor.”

19. Juli 2022:  Vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) wurde heute mitgeteilt, dass die schwimmenden LNG-Terminals (FSRU) Nummer 3 und 4 in Stade und in Lubmin errichtet werden sollen. Für vier FSRU hat das BMWK LNG-Schiffe gemietet.

Zwei Bundes-Schiffe zur Anlandung und Regasifizierung von LNG stehen bereits in diesem Jahr zur Verfügung und sollen zum Jahreswechsel in Wilhelmshaven an der Nordsee und in Brunsbüttel an der Elbmündung eingesetzt werden. Die anderen beiden Bundes-Schiffe sollen ab Mai 2023 verfügbar sein.

Nach Angaben der Betreiber soll die FSRU-Anlage auf See vor Lubmin frühestens ab Ende 2023 zur Verfügung stehen.

Zudem soll in Lubmin bis Ende 2022 ein fünftes schwimmendes LNG-Terminal durch ein privates Konsortium mit dem Namen Deutsche Regas entstehen. Regas setzt auf eine Bündnis mit dem französischen Energieriesen TotalEnergies, von dem alle Schiffe gechartert werden sollen. Der NDR hat Zweifel an der Seriosität dieses Projekts geäußert.

Ein weiteres LNG-Schwimmterminal nach Wilhelmshaven und Brunsbüttel in Lubmin

14. Juli 2022:  Die Bundesregierung und die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern unterstützen Pläne des Unternehmens Deutsche Regas zur Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) in Lubmin bei Greifswald. In Lubmin gibt es eine umfangreiche Gas-Infrastruktur. Von hier aus führen Gasleitungen nach Westen und Süden. Als Nachteil von Lubmin für den Flüssiggas-Transport mit Tankern galt, dass die Ostsee dort relativ flach ist.

Das mittelständische Unternehmen Deutsche Regas, hinter dem der Investor Ingo Wagner und der Unternehmensberater Stephan Knabe stehen, will in Lubmin in großem Stil LNG importieren. Das hierfür nötige Spezialschiff (FSRU) habe man sich bereits gesichert. Aufgrund der relativ geringen Wassertiefe des Greifswalder Boddens soll das Gas zunächst auf einem Tanker zwischengelagert und mit kleineren Schiffen an Land gebracht werden. Geplant wird, bis zu 4,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich in das deutsche Fernleitungsnetz einzuspeisen. Das erste Flüssiggas soll bereits im Dezember in Lubmin anlanden. Dafür müssten im September die Bauarbeiten starten.

Ein entsprechendes Eckpunktepapier unterzeichneten Vertreter der Firmen Deutsche Regas und des französische Energiekonzerns Totalenergies am 13.7.2022 in Rostock. Das FSRU solle von den Franzosen gechartert werden. Das Projekt ist laut Investoren zunächst ohne staatliche Finanzierung geplant.

Der Rostocker Hafen ist unterdessen vorerst raus als möglicher Standort zur Anlandung von LNG. Unter derzeitigen Bedingungen könne nicht sowohl Rohöl als auch LNG angelandet werden. Die Anlandung mit einem schwimmenden Terminal soll dennoch weiterverfolgt werden. Angedacht sei das für eine sogenannte zweite Phase der LNG-Versorgung Deutschlands nach entsprechenden Vorarbeiten.