Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Biomasse statt Kohle?

Ersatz der Steinkohle-Verbrennung im HKW Tiefstack durch Holz-Verbrennung?

Im großen Hamburger Heizkraftwerk Tiefstack muss bis spätestens 2030 die Verbrennung von Steinkohle beendet werden. Nach eineinhalbjähriger Ersatzplanung stellten der Hamburger Umweltsenator Kerstan und der Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke Christian Heine bei einer Pressekonferenz am 17. Juni 2022 ein Konzept für den Ersatz der Steinkohle-Verbrennung im HKW Tiefstack vor. Die Verbrennung von Steinkohle soll spätestens ab 2030 vor allem durch die Verbrennung von Holz ersetzt werden.

18. Juni 2022: HKW Tiefstack  – CO2-Schleuder für mindestens 13 weitere Jahre


Dokumente zur Debatte um einen Ersatz der Kohle in deutschen Kraftwerken durch Buschholz aus Namibia

1. Das GIZ-Projekt „Nutzung von Busch-Biomasse“ (BCBU)

Das Projekt „Nutzung von Busch-Biomasse“ (BCBU) der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ arbeitet seit Jahren systematisch auf einen großvolumigen Export von Buschholz aus Namibia nach Europa hin. Im globalen Norden soll das Buschholz in Kraftwerken als Ersatz für die Steinkohle eingesetzt werden. In Form von Holzpellets will man es auf dem allgemeinen Wärmemarkt anbieten.

Projektbeschreibung der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH) und Projektdaten zum Projekt BCBU

► Dossier von GIZ und IfaS „Transkontinentale Biomassepartnerschaft Namibia – Hamburg“ (2019): von GIZ und IfaS (Institut für angewandtes Stoffstrommanagement)

Forst-Beratung UNIQUE: Treibhausgas-Emissionen nach der von der GIZ beauftragten Studie „Greenhouse Gas Assessment of Bush Control and Biomass Utilization in Namibia“ (12. 2019): LangfassungKurzfassung

Policy Brief von GIZ und UNIQUE im April 2020: Treibhausgas-Bewertung des GIZ-Projekts „Bush Control and Biomass Utilisation“

Präsentation des IfaS vom 14. Januar 2020 in Hamburg: Biomass Partnerships with Namibia

Präsentation des IfaS vom Dezember 2020: Treibhausgas-Emissionen für die energetische Verwertung von Buschholz aus Namibia in Hamburg


2. Der Prüfprozess zu einer
Biomasse-Partnerschaft Hamburg – Namibia

Das IfaS und die Hamburger Umweltbehörde BUKEA unterzeichneten im Mai 2020 eine Absichtserklärung, ein Memorandum of Understanding (MoU), und starteten damit einen umfangreichen Prüfprozess mit drei Arbeitsgruppen. Mitte 2021 sollten die Ergebnisse veröffentlicht werden. Die BUKEA hat jedoch Ende April 2021 ihre Entscheidung auf das Ende des Jahres 2021 vertagt.

► Memorandum of Understanding (MoU) zwischen der Hamburger Umweltbehörde BUKEA und IfaS (Juni 2020)

► Internet-Informationen der Hamburger Umweltbehörde BUKEA zum Projekt Biomasse-Partnerschaft Hamburg Namibia. bzw. to the Project Biomass Partnership Hamburg-Namibia. Wiedergegeben werden im Wesentlichen die Auffassungen von IfaS und GIZ. Die BUKEA bezeichnet sich nur als „Herausgeber dieser Website“.

► Am 18. Mai 2021 teilte die Umweltbehörde mit, sie werde die Prüfung des namibischen Biomasse-Projekts bis auf weiteres aussetzen. Es habe sich herausgestellt, dass eine Verbrennung der Buschholzbiomasse in einem Fernwärmekraftwerk zwar perspektivisch technisch möglich sei. Das städtische Unternehmen Wärme Hamburg sehe allerdings kurzfristig, in den nächsten zwei bis drei Jahren, keine Möglichkeit der Nutzung von relevanten Mengen an Buschbiomasse. Die Ökobilanzierung könne die Umweltbehörde nicht abschließend beantworten. Deshalb werde diese an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) weitergereicht.

Hierzu Pressemitteilungen des BUND Hamburg: „BUND begrüßt die Entscheidung, den Prozess auszusetzen
und von Robin Wood: Hamburger Buschholz-Projekt auf der Kippe

Biomasse Industrieparks in Namibia:

Das Unternehmen Forst-Beratung UNIQUE und das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement, Trier (IfaS) führten im Auftrag des GIZ-Projekts BCBU Untersuchungen durch, darunter die Ausarbeitung von Studien zur Klimawirkung und zur Machbarkeit von Biomasse-Industrieparks:

► IfaS: Road Map to a Biomass Industrial Park, 19.11.2020

► IfaS: International Biomass Fuel Certification for Namibian Encroacher Bush, 31. 5.2021

Unterstützer des Buschholz-Exports in Namibia und in Deutschland

Den Lobbyverband N-BIG (Namibia Biomass industry Group) und das Informationssystem DAS hat das GIZ-Projekt in Namibia im Jahr 2015 gleich selbst gegründet. Das IfaS ist Mitglied in diesem Lobbyverband:

Das IfaS ist Group Member des Lobby-Verbands N-BIG (Bild: N-BIG)

► N-BIG: Kohle-Ersatz in Hamburg durch Buschholz aus Namibia, 7.7.2020


3. Kritik der Verbrennung
von namibischem Buschholz in Europa

► 9. September 2021: Robin Wood fordert in einem Appell an die Hamburger Grünen, sie sollten jetzt Position beziehen gegen das Verfeuern von Holz in Großkraftwerken und den bisher nur ausgesetzten Prüfprozess zum Verfeuern von Buschholz aus Namibia in Tiefstack endgültig absagen. In einem Offenen Brief an Senator Kerstan und die Landesvorsitzende Maryam Blumenthal weisen sie auf die klare Position des Bundesvorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, hin.

► 13. Juli 2021: Das Umweltbundesamt beantwortete eine Anfrage des Hamburger Energietischs zur Klimawirkung der energetischen Nutzung von namibischem Buschholz in Deutschland (in Englisch). Das UBA schloss sich darin der Kritik an den Plänen und den Schlussfolgerungen, die der HET aus den Berechnungen durch Herrn Professor Dr. Rabenstein gezogen hat, weitgehend an. Der HET forderte daher die Hamburger Umweltbehörde BUKEA auf, den Buschholz-Prüfprozess unverzüglich zu beenden. Hier die Einschätzung des HET.

► 11. Mai 2021: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) beantwortete eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Eva-Maria Schreiber (DIE LINKE) „Förderung von Buschholznutzung in Namibia und Hamburg durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit“ (Drs. 19/29583).
Tenor: Das kritisierte GIZ-Projekt BCBU erfüllt alle Aufgaben vorbildlich.
Das MBZ: „Zu keinem Zeitpunkt greift das Vorhaben empfehlend oder wertend in den (Prüf-)Prozess (in Hamburg) ein. Die Verantwortung für Entscheidungen über ihre Energiepolitik liegt in den Händen der Stadt Hamburg.“
Am 18. Mai 2021 hat die Hamburger Umweltbehörde entschieden, den Püfprozess auszusetzen. Die im Prozess diskutierten Fragen in Namibia will sie an das BMZ weiterreichen.

Nachfragen der Bundestagsabgeordneten Eva-Maria Schreiber hierzu finden sich in Drs. 19/30118 vom 28. Mai 2021.

► 30. April 2021: Die DUH veröffentlicht ein Gutachten von A. Schick und P. Ibisch zur ökologischen Perspektive des Ergrünens der Vegetation in Trockengebieten. Hier die Pressemeldung.

Eine 31-seitige Replik auf dieses Gutachten erschien Ende Juli 2021 von P. Heck und G. Ohlde (IfaS).

Eine Analyse dieser „Replik“ durch den HET:  Das IfaS als Lobbyist für Buschholz aus Namibia

► 31. März 2021: Der HET stellt ein Gutachten zur Klimawirkung von Buschholz, das in Europa verbrannt wird, vor, in dem mehr als ein Dutzend Fehler in den Studien von UNIQUE und IfaS nachgewiesen wurden:  Buschholz aus Namibia: Ersatz für die Steinkohle in Deutschland? (Kurzfassung auf Deutsch und auf Englisch)

Der HET forderte, die Studien von UNIQUE und IfaS sofort zurückzuziehen. Ausführlich hier.

► 18. Februar 2021: Vierzig umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen fordern in einem Offenen Brief Bundesminister Müller (BMZ) auf, das GIZ-Projekt BCBU einer umfassenden Prüfung zu unterziehen und die beiden grob irreführenden Auftragsstudien von UNIQUE (Seebauer 2019) und vom IfaS (Heck 2020) umgehend zurückzuziehen. Der Offene Brief hier deutsch und hier englisch.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) antwortete hierauf am 9. März 2021.

Eine Öffentliche Stellungnahme verschiedener Umweltverbände vom 27. April 2021 zu diesem Schreiben des BMZ und die Antwort des BMZ vom 26. Mai 2021 hierauf.

Die Namibia Nature Foundation (NNF) antwortete auf den Offenen Brief vom 18. Februar 2021 mit einer lesenswerten Presseerklärung in Englisch und in Deutsch.

► 9. Oktober 2020: Zahlreiche umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen und wissenschaftliche Einrichtungen veröffentlichen eine Gemeinsame Stellungnahme gegen den Ersatz von Steinkohle in Hamburger Kraftwerken durch Buschholz aus Namibia auf Deutsch und auf Englisch.     Ausführlich hier.

Presseerklärungen hierzu auf Deutsch und auf Englisch

► 12. Juni 2020: Kurzgutachten „Auswirkungen auf das globale Klima“ – im Auftrag des HET e.V. (Hamburger Energietisch):   Langfassung,    Kurzfassung,   Kurzfassung auf Englisch

Petitionen:

„Keine Büsche und Bäume in Großkraftwerken verfeuern!“
(nahe an 75.000 Unterschriften)

„Bitte keine Büsche und Bäume in Kraftwerken verfeuern!“
(im August 2021 schon über 95.000 Unterschriften)


4. Hintergrund-Information

Wirkung auf das globale Klima

Im Bericht „Import von Buschholz aus Namibia“ informieren wir darüber, wie es zu einem Memorandum of Understanding zwischen Hamburg und dem GIZ-Dienstleister IfaS zum Zweck einer energetischen Verwertung von namibischem Buschholz in Hamburg kam.
Danach stellen wir dar, welche Wirkung auf das globale Klima das Verheizen von namibischem Buschholz in Hamburg haben würde.

See in the report „Bushwood Import from Namibia“ how a Memorandum of Understanding was signed between Hamburg and IfaS for the purpose of energetic utilisation of Namibian bushwood in Hamburg.
Read in the same report about the impact of burning Namibian bushwood in Hamburg on the global climate.


Auswirkungen auf Beschäftigung und Arbeitsplätze in Namibia

Im Bericht „Buschholz-Arbeitsplätze in Namibia“ informieren wir darüber, dass die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)  in Namibia geplanten Biomasse Industrieparks viele Arbeitsplätze im traditionellen Geschäft mit Buschholz vernichten und nur wenige neue Arbeitsplätze schaffen werden. Von diesen Biomasse Industrieparks werden in erster Linie Konzerne in den Industrieländern profitieren, die die notwendigen Maschinen und Transport-Fahrzeuge liefern werden und das Buschholz als interessanten Rohstoff verwerten können.

See in the report Export of bushwood from Namibia – Impact on the Namibian labour market how the biomass industrial parks planned by the German International Cooperation Agency (GIZ) in Namibia will destroy many jobs in the traditional bushwood business and create only few new jobs. The main beneficiaries of these Biomass Industrial Parks will be companies in the industrialised countries, which will supply the necessary machinery and transport vehicles and can use the bushwood as an interesting raw material.

► Eine Pressemitteilung des ECONOMIC & SOCIAL JUSTICE TRUST, Namibia, vom 27. Januar 2021 zum Problem der Arbeitsplatzvernichtung durch vollmechanisierte Buschernte auf Englisch und auf Deutsch.


5. Ausstieg aus Kohlekraftwerken mit Hilfe von Holz?

► Ein Diskussionspapier vom 25. April 2021 „Mit hohen Fördergeldern Bäume statt Kohle verheizen?“ führt alle deutschen Steinkohlekraftwerke in Küstennähe auf, für die eine Umrüstung auf die Verbrennung von Holz zu erwarten ist.

► Wie der Kohleausstieg in Deutschland zum Holzeinstieg werden kann, darüber informierte Almuth Ernsting (Biofuelwatch) bei klimareporter:
Pellets mit schmutzigem Geheimnis.

Almuth Ernsting mit einem Gastkommentar bei OXFAM, Brot für die Welt und germanclimatefinance.de auf englisch und auf deutsch.

Von hier lässt sich ein Report von Almuth Ernsting zum Buschholz-Projekt in Namibia vom Januar 2021 herunterladen.


Schriftliche Kleine Anfragen in der Hamburger Bürgerschaft

  • Drs. 22/1421, 22.9.20: MoU zur Biomassepartnerschaft mit Namibia 
  • Drs. 22/1831, 27.10.20: Projekt „Biomasse-Partnerschaft Hamburg-Namibia“
  • Drs. 22/2352, 4.12.20: Buschholz aus Namibia – ergebnisoffene Prüfung? 
  • Drs. 22/2792, 19.1.21: Buschholz aus Namibia – Interessenkonflikte bei der Prüfung durch die BUKEA?
  • Drs. 22/3385, 2.3.21: Nachfrage zur Schriftlichen Kleinen Anfrage „Buschholz aus Namibia – Interessenkonflikte bei der Prüfung durch die BUKEA?“, Drs. 22/2792
  • Drs. 22/3555, 19.3.21: Nachfrage zur Schriftlichen Kleinen Anfrage „Nachfrage zur Schriftlichen Kleinen Anfrage „Buschholz aus Namibia – Interessenkonflikte bei der Prüfung durch die BUKEA?“, Drs. 22/2792“ (Drs. 22/3385)

Schriftliche Anfrage im Bundestag

19/29059, 27.4.2021: Förderung von Buschholznutzung in Namibia und Hamburg durch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit

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Auswahl aus dem Medien-Echo

Weitere Beiträge des Hamburger Energietischs zur Debatte um den Import von Buschholz aus Namibia