Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Umweltbundesamt gegen Verbrennung von Buschholz aus Namibia in Deutschland

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Der Hamburger Energietisch (HET) hat am 27. April 2021 in einem Brief an das Umweltbundesamt (UBA) um eine Stellungnahme zur energetischen Verwertung von Buschholz aus Namibia in Deutschland gebeten. Das UBA antwortete am 13. Juli 2021.

Ein Kernsatz der an den HET gerichteten Stellungnahme des UBA zu den Plänen der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in ihrem Projekt BCBU (Bush Control and Biomass Utilization) zur Nutzung von Busch-Biomasse in Namibia und zur Verbrennung dieser Biomasse in Heizkraftwerken in Hamburg lautet:

„Der Kritik an den Plänen und den Schlussfolgerungen, die Sie aus den Berechnungen durch Herrn Professor Dr. Rabenstein ziehen, können wir uns weitgehend anschließen.“

Der HET, ein vom UBA anerkannter Umweltverband, hatte seine Anfrage an das UBA gerichtet, nachdem er vom Staatsrat der Hamburger Umweltbehörde (BUKEA) erfahren hatte, dass diese die Expertisen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und des Umweltbundesamtes (UBA) zu ihrem Prüfprozess hinzuziehen werde.

Bild: FfF Windhoek

Literatur- und Datengrundlage für die Stellungnahme des UBA

In seiner Bitte um eine Einschätzung und Beurteilung durch das Umweltbundesamt setzte der HET einen Schwerpunkt auf die Klimawirkung der energetischen Nutzung von Buschholz aus Namibia, die durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des BMZ vorbereitet worden war.

Der HET unterrichtete das UBA einerseits über Studien der Forst-Beratung UNIQUE und des Instituts für angewandtes Stoffstrom-Management IfaS im Auftrag des GIZ-Projekts BCBU (Bush Control and Biomass Utilization)

  • [Seebauer 19]:  Seebauer, M. et al.: Greenhouse Gas Assessment of Bush Control and Biomass Utilization in Namibia, 2.12.2019
  • [Heck 20]:  Heck, P. et al.: Road Map to a Biomass Industrial Park in Namibia. 19.11.20  bzw. 14.4.2021

und andererseits über zwei im Auftrag des HET ausgearbeitete kritische Gutachten.

Dabei handelt es sich um ein Kurzgutachten vom Juni 2020 zu den Auswirkungen auf das globale Klima, das sich mit [Seebauer 19] und den darin enthaltenen Szenarien auseinandersetzte:

  • [Rabenstein 20]:  Rabenstein, D.:  Verwertung von Buschholz aus Namibia in Hamburg: Auswirkungen auf das globale Klima. 12.6.2020

und ein ausführlicheres Gutachten vom April 2021, das vollständig an das „Hamburg Szenario“ von [Heck 20] angepasst ist und das die Studie [Seebauer 19] einer vertieften Kritik unterzog:

  • [Rabenstein 21]:  Rabenstein, D.:  Buschholz aus Namibia: Ersatz für die Steinkohle in Deutschland? 29.3.2021

Hervorgehoben wurden vier in [Rabenstein 21] beschriebene gravierende Mängel und Fehler in der Studie [Seebauer 19]:

  • Es fehlt ein Basis-Szenario (Kapitel 5.1).
  • Für die Änderungen des organischen Kohlenstoffs (SOC) in namibischen Böden werden falsche Daten in Rechnung gestellt (Kapitel 5.2).
  • Die Ermittlung des Netto-Zuwachses an Buschholz ist sehr unvollständig (Kapitel 9 und 10).
  • Das vom namibischen Stromversorger Nampower geplante 40 MW-Buschholz-Kraftwerk wurde falsch bewertet (Kapitel 8).

Darüber hinaus wurde das UBA darauf aufmerksam gemacht, dass im vorliegenden Zusammenhang sowohl  gegenüber UNIQUE als auch  gegenüber dem IfaS begründete Bedenken im Hinblick auf eine objektive Gutachtertätigkeit bestehen.

Auf mögliche Auswirkungen auf die Biodiversität, den Wasserhaushalt und den Beschäftigungssektor in Namibia wurde ergänzend hingewiesen. Von zahlreichen Verbänden sind diese in Stellungnahmen und Offenen Briefen an die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und das BMZ zur Sprache gebracht worden:

Einige Auszüge aus der Stellungnahme des Umweltbundesamtes

„Das UBA beobachtet vergleichbare Maßnahmen und Pläne bundesweit seit Jahren kritisch und wir sind über ihre Zunahme in den letzten Jahren, insbesondere im Zuge von Fördermaßnahmen zur Wärmewende und zum Kohleausstieg, sehr besorgt. Im Hinblick auf die Nutzung von Bioenergie vertreten wir die Auffassung, dass im Sinne des Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutzes, nur biogene Rest- und Abfallstoffe zum Einsatz kommen sollten, die nachweislich keiner weiteren stofflichen oder chemischen Nutzung zugeführt werden können.“

Importiertes Holz müsste „unter Bedingungen gewonnen werden, die mindestens dem Anspruch an Nachhaltigkeit genügen, der an die Bewirtschaftung deutscher Wälder gelegt wird. Dies alleine EU-weit oder gar weltweit sicher zu stellen erscheint aus unserer Sicht derzeit aber nicht möglich.“

Für die Pläne in Hamburg und den Einsatz von Buschholz aus Namibia gilt: „Den verfügbaren … Quellen ist zu entnehmen, dass … möglicherweise eine auf Jahrzehnte hin reduzierte Menge an in der Landschaft gebundenem Kohlenstoff zu erwarten [wäre] sowie ggf. zusätzliche Emissionen aus der Tierhaltung, deren Ausweitung auf den neu- oder wiedergewonnenen Weideflächen ausdrücklich beabsichtigt ist. Vor dem Hintergrund eines solchen Szenarios kann das UBA unter Gesichtspunkten des Klimaschutzes keine positiven Effekte der für Hamburg geplanten Maßnahmen erkennen. Es besteht vielmehr das signifikante Risiko, alleine mittels derart langfristig geminderter Senkenleistung auf Landschaftsebene über Jahre hinweg eine kaum zu tilgende bilanzielle Kohlenstoffschuld anzuhäufen, die dem Klimaschutz insgesamt abträglich ist.“

Das UBA sieht deutliche ökologische „Risiken von ggf. nicht sachgerecht durchgeführten, großflächigen Entbuschungsmaßnahmen, wo insbesondere konstant hoher Nachfragedruck eine problemgerechte, den lokalen landschaftsökologischen Erfordernissen angepasste Ernteweise verhindert und/oder eine zwingend notwendige langfristige Pflege der Flächen (weiterhin) nicht erfolgt. Diese ökologischen Aspekte sind zudem auch entscheidend für die Plausibilität von Annahmen zur langfristigen Kohlenstoffbilanz der Flächen, sichern sie doch den vermuteten Wiederaufwuchs von Gras und gewünschten Gehölzen zum Ausgleich der initialen Kohlenstofffreisetzung ab.“

Auf der Basis der vom HET aufbereiteten Literatur- und Datengrundlage kommt auch das UBA zu dem Schluss, „dass das Vorhaben zur Verbrennung von Buschholz aus Namibia in Hamburg dem damit intendierten Klimaschutz nicht dient.“

Bild: FfF Windhoek

Vor dem Hintergrund der problematischen Klimabilanz des Nutzungspfades „Export von Buschholz zur Verbrennung“ erscheint es dem UBA ratsam, „einen diversifizierten Ansatz lokaler und regionaler Ressourcennutzungen zu priorisieren, der die lokale Wertschöpfung maximiert und flexibler auf unterschiedliche ökologische und sozioökonomische Rahmenbedingungen abgestimmt werden kann. Wo für ein Generationenprojekt wie den Erhalt einer diversen – auch unter Bedingungen des Klimawandels intakten – Savannenlandschaft in Namibia weiter Unterstützung durch die deutsche Technische Zusammenarbeit gewünscht wird, sollte diese den namibischen Partnern auch unabhängig von Wirtschaftlichkeitserwägungen zukommen.“

Bild: FfF Windhoek

Das UBA hat seiner Stellungnahme eine kommentierte Version des Gutachtens [Rabenstein 21] „Verwertung von Buschholz aus Namibia in Hamburg – Auswirkungen auf das globale Klima“ beigefügt. Der vom UBA im Abschnitt 8.4 (Bild 15) festgestellte Additionsfehler ist in der aktuellen Version 1.1 des Gutachtens bereits korrigiert. Auswirkungen auf die Kritik an den Gutachten von UNIQUE und IfaS ergeben sich daraus nicht.

Von besonderer Bedeutung ist, dass ein weiteres wissenschaftliches Gutachten, das von der Deutschen Umwelthilfe in Auftrag gegeben wurde, zu einem vernichtenden Urteil über die Datengrundlage der von der GIZ unterstellten Buschholz-Ressourcen in Namibia kam:

  • [Schick, Ibisch 21]:  Schick, A. and Ibisch, P.: Namibian ‘Bush encroachment’ in context: an ecological perspective on current and future dryland greening, its causes and consequences, 14.4.2021.

Konsequenzen für den Buschholz-Prüfprozess in Hamburg

Inzwischen scheint auch die Hamburger Umweltbehörde das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das Bundes-Umweltministerium (BMU) um Stellungnahmen gebeten zu haben. Vom BMU ist dabei eine ähnliche Bewertung zu erwarten wie vom Umweltbundesamt. Das BMZ und die GIZ werden wahrscheinlich wie schon in ihren Antworten auf die oben genannten Anfragen jegliche Kritik an der Arbeit des GIZ-Projekts BCBU und an den in dessen Auftrag durchgeführten Gutachten von UNIQUE und IfaS abweisen.

Das BMZ hat in einer Antwort auf einen Offenen Brief an das BMZ stellvertretend für die namibische Regierung eine Zunahme von Treibhausgas-Emissionen durch die Ausdünnung des Buschbestandes als „nachrangig“ bewertet:

„Der Erhalt der Biodiversität und der wirtschaftlichen Nutzbarkeit entsprechender Flächen werden dabei aufgrund ihrer Bedeutung für den Lebensunterhalt der lokalen Bevölkerung aus nationaler Perspektive höher bewertet als eine eventuell mögliche Zunahme von Emissionen durch die Ausdünnung des Buschbestands.“

Zudem erachtet das BMZ eine Nutzung des namibischen Buschholzes bei Beschränkung auf den jährlichen Zuwachs als „klimaneutral“ – angesichts der Komplexität des Vorgangs und der Brisanz der Klimakrise ein Offenbarungseid:

„Eine Beschränkung auf die Nutzung des jährlichen Zuwachses der Busch‐Biomasse, der etwa 3 Prozent beträgt und sich damit auf ca. 9‐13,5 Millionen Tonnen beläuft, wird als klimaneutral erachtet.“

In einer weiteren Antwort erklärte das BMZ im Hinblick auf den Hamburger Prüfprozess, „zu keinem Zeitpunkt empfehlend oder wertend in den nachfolgenden Prüfprozess ein[gegriffen zu haben].“

„Das Vorhaben spielte bei der Anbahnung der Kooperation eine Rolle, griff aber zu keinem Zeitpunkt empfehlend oder wertend in den nachfolgenden Prüfprozess ein. Die Verantwortung für Entscheidungen über ihre Energiepolitik liegt in den Händen der Stadt Hamburg. Dies sehen wir durch die Entscheidung zur Aussetzung des Prüfprozesses vom 18.05.2021 bestätigt.“

Auf Grund der Stellungnahme des UBA (hier in Englisch) sollte daher die Hamburger Umweltbehörde ihren im Mai 2021 bereits ausgesetzten Buschholz-Prüfprozess unverzüglich beenden, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit zur Eindämmung der Klimakrise nicht aufs Spiel setzen will.

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