Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Eine Transparenz-Offensive der kommunalen Hamburger Energienetze?

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Anlässlich einer frühen Prüfung der Selbstverpflichtung der Wärme Hamburg GmbH zur Senkung der Kohleverbrennung in Wedel hat der Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch (Die LINKE) in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage 22/4979 vom 17.6.2021 den Senat darauf aufmerksam gemacht, dass Bürgerschaftsabgeordnete, die nach Daten der Wärme Hamburg GmbH fragen, mit der Antwort „Diese Daten fallen unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der WH.“ abgespeist werden und zwar auch dann, wenn die entsprechenden Daten öffentlich zugänglich sind. Er fragte: „Wie verträgt sich dieses Verhalten aus der Sicht des Senats mit der Forderung des zweiten Satzes des Volksentscheids zum Rückkauf der Hamburger Energienetze von 2013, in dem mit Gesetzeskraft eine demokratische Kontrolle angeordnet wurde?“

Die Antwort des Senats lässt auf eine Transparenz-Offensive bei den öffentlichen Energieunternehmen der Hansestadt Hamburg hoffen. Der Senat erklärte:

„Die hier vorliegende Anfrage wurde zum Anlass genommen, die bisherige Praxis zu überprüfen und eine Neubewertung in dieser Frage vorzunehmen. Die Prüfung hatte zum Ergebnis, dass für die Zukunft eine einfache und transparente Darstellung der entsprechenden Daten erarbeitet wird.“

Nun ist damit noch nicht klar, wann diese Darstellung verfügbar sein wird und wie „einfach und transparent“ sie sein wird. Immerhin erhielt Jersch auf seine Fragen zum Kohleeinsatz im Heizkraftwerk Wedel und zu den entsprechenden CO2-Emissionen bereits die gewünschten detaillierten Antworten:

Monatliche Kohleeinsätze und die entsprechenden CO2-Emissionen des HKW Wedel

Was folgt aus diesen Daten für die Selbstverpflichtung der Wärme Hamburg GmbH zur Senkung der Kohleverbrennung in Wedel?

Die Selbstverpflichtung zur Einsparung von zunächst 20 Prozent des Kohleeinsatzes in Wedel wurde Ende Oktober 2020 verkündet und sollte „sofort“ in Kraft treten.

Als Referenzgröße zum Zeitpunkt „heute“ wurden 475.000 t Kohle pro Jahr angegeben. Eine Reduzierung um 20 Prozent ergibt somit einen „Deckel“ von 380.000 t Kohle bis Ende Oktober 2021.

Eine Summierung in der Tabelle von November 2020 bis einschließlich Mai 2021ergibt 315.503 t Steinkohle, die bereits verfeuert wurden. Es bleiben daher noch maximal 64.497 t Steinkohle vor allem für die Monate September und Oktober 2021, falls im Juli und August die Stromerzeugung weitgehend ruht. Ein Vergleich mit den Monaten März und April 2021 (zusammen 93.248 t) zeigt, dass der Kohleeinsatz in Wedel stark reduziert werden muss, wenn die Verpflichtung eingehalten werden soll. Das folgende Bild macht das deutlich:

Dass die Wärme Hamburg GmbH ihre Selbstverpflichtung zur Reduktion des Kohleeinsatzes im HKW Wedel zwischen dem 1. November 2020 und dem 1. November 2021 einhalten kann und will, wurde auf die erste Frage hin vom Senat mit einem klaren „Ja“ bestätigt.

Kaltes Wetter als Ausflucht aus der Selbstverpflichtung?

Als Erklärung für den durchgängig erhöhten Kohleeinsatz in Wedel zwischen November 2020 und April 2021 anstelle einer Reduktion wurde von Wärme Hamburg eine besonders kalte Witterung ins Feld geführt.

Laut SZ: „Wärme Hamburg weist diesen Vorwurf der „Irreführung“ strikt zurück: Bei den Zielgrößen handele es sich um Zahlen, die im Gesamtjahr erreicht werden sollen, sagte Geschäftsführer Michael Beckereit. „Wenn der Winter besonders kalt ist, wie er am Anfang diesen Jahres war, kann man nicht in jedem Monat genau ein Zwölftel erreichen, sondern es wird am Ende des Jahres abgerechnet.“

Laut em wurden sogar Grenzen von Ertragseinbußen als eventuelle Argumente aufgeboten: „Dafür will das Unternehmen auch Rohertragseinbußen von bis zu 1,5 Mio. Euro hinnehmen. … Monatsvergleiche sind vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und dem maximal eingeplanten Rohertragsverzicht weder möglich noch vorgesehen“, so der Sprecher.

Ausflüchte dieser Art können nicht akzeptiert werden. Denn zum einen ist der Referenzwert 475.000 t Kohle pro Jahr ohnehin großzügig gewählt:

Auf die Frage 10: „Wie groß war der Kohleeinsatz in Wedel im Jahr 2020 und wie hoch waren die entsprechenden CO2-Emissionen?“ antwortete der Senat:

„Der Kohleeinsatz im Jahr 2020 lag bei ca. 450.000 t, die CO2-Emission lag bei ca. 1.000.000 t.“

Zum anderen zeigt ein Temperaturvergleich von 2015 bis heute: Die Temperaturen im Winter 2020/21 liegen nicht weit von den Mittelwerten der letzten sieben Jahre. Der Winter 2019/20 war ungewöhnlich warm. Die Monate Februar und März 2018 waren erheblich kälter als die entsprechenden Monate im Jahr 2021.

Und schließlich enthält die Selbstverpflichtung der Wärme Hamburg GmbH weder eine Temperatur- noch eine Rohertragsklausel.

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