Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Kein Fracking-Erdgas für den Hamburger Hafen!

Der geplante Import von Fracking-Erdgas steht in krassem Widerspruch zum notwendigen Klimaschutz in Deutschland

Forderungen nach einer beschleunigten Energiewende unter Verzicht auf den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG):

  • Der Bau von LNG-Terminals an der deutschen Küste muss verhindert werden. Denn über diese würde in großem Umfang Fracking-Erdgas eingeführt werden.
  • Der Gasverbrauch in Deutschland muss durch Effizienzmaßnahmen und durch den Ausbau der Erzeugung von erneuerbarem Strom rasch verringert werden, damit auch die Abhängigkeit von Gas-Importen aus Russland sinkt.
  • Im Hamburger Fernwärmenetz muss die Verbrennung von Kohle rasch beendet werden. Dabei müssen möglichst wenig Erdgaswärme und möglichst viel echte erneuerbare Wärme eingesetzt werden.
  • Der Hamburger Hafen braucht klimafreundliche Alternativen zu LNG.

Fracking hat in Nordamerika zu einer Erdgas-Schwemme geführt

Der umfangreiche Einsatz von Fracking (hydraulisches Aufbrechen) begann in den USA etwa im Jahr 2000. Seit 2009 sind die USA der größte Erdgas-Produzent der Welt noch vor Russland und Kanada. Auf Grund des Fracking-Booms haben die USA im Juni 2019 beim Öl-Export sogar Saudi-Arabien, den weltweit größten Öl-Exporteur, kurzzeitig überholt.

Infolge der stark zunehmenden Gewinnung von Erdöl und Erdgas mit der Fracking-Methode wurde der Markt in den USA mit Erdgas überschwemmt. Daher können die Fracking-Unternehmen ihre Kosten durch die Verkaufserlöse kaum decken, zumal bei zunehmendem Strom aus erneuerbaren Quellen der Bedarf an Erdgas in den USA sinkt.

Klimaschädliches Fracking-Erdgas aus den USA soll vor allem nach Europa exportiert werden.

Vor allem die USA versuchen verstärkt, verflüssigtes Erdgas (LNG = „Liquefied Natural Gas“) nach Europa und Japan zu exportieren. In wenigen Jahren wollen die Amerikaner vom größten Gasproduzenten zum weltgrößten Gasexporteur aufsteigen.

Am 26. Juli 2018 hat der US-Präsident Trump den Europäern die Zusage abgerungen, künftig bedeutende Mengen an Flüssigerdgas aus den Vereinigten Staaten zu importieren. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker versprach das am Ende seines Besuches im Weißen Haus. Im Gegenzug werde es zunächst keine Strafzölle auf europäische Industrieprodukte wie Autos geben, so Juncker.

Für den Import von Flüssigerdgas sollen mindestens zwei Import-Terminals gebaut werden. An der Nordsee-Küste kommen Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven als Standorte in Frage. Das Projekt wird vor allem von Wirtschaftsminister Altmeier eifrig vorangetrieben.

Im Oktober 2018 erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass Deutschland LNG-Terminals bauen werde. Wirtschaftsminister Altmaier hat staatliche Förderungen für den Bau der neuen Hafenanlagen und Leitungsanschlüsse in Aussicht gestellt.

Um Investoren zum Bau von teuren LNG-Terminals zu ermuntern, beschloss die Bundesregierung eine „Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland“. Damit sollen die Kosten für die Gasleitungen zu diesen Terminals auf alle Gasverbraucher umgelegt werden  –  134 Mio. € an Investitionskosten und dazu noch 2,1 Mio. € jährlich.

Zufall oder nicht: Just in der Woche der Entscheidung war ein hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums in Berlin, um „deutsch-amerikanische Kooperation in Energiefragen“ zu diskutieren, wie die US-Botschaft ankündigte.

Auf die geopolitische Auseinandersetzung der USA mit dem Fossil-Exporteur Russland verweist die von den USA propagierte Bezeichnung „Freiheitsgas“ für das Fracking-Erdgas, das nach Europa importiert werden soll. Nordamerikanisches Fracking-Erdgas soll die Abhängigkeit Europas von russischem Gas verringern. Entsprechend bekämpfen die Vereinigten Staaten Gaslieferungen aus Russland, insbesondere den Bau der Pipeline Nord Stream 2. Sie drohen mit Sanktionen gegen deutsche Energiefirmen und mit Strafzöllen auf deutsche Industrieprodukte, um die Gaseinfuhr aus Russland zu torpedieren.

Zurzeit wird in den USA ein „Gesetz zum Schutz der europäischen Energiesicherheit“ vorbereitet, das Nord Stream 2 verhindern soll. Die Regierung der USA wird durch dieses Gesetz verpflichtet, sich dem Bau der Ostsee-Pipeline zu widersetzen und stattdessen den Export amerikanischen Erdgases und die Schaffung amerikanischer Arbeitsplätze zu fördern.

Erdgas, das bei der Förderung mit Fracking und beim Transport freigesetzt wird, verursacht enorme Klimaschäden.

Beim Fracking entstehen nicht nur große Umweltschäden vor Ort. Es wird auch Methan, das zweitwichtigste klimaschädliche Gas nach CO2, in erheblichem Maß freigesetzt. Die Klimaschädlichkeit eines Methan-Moleküls ist fast hundertmal so groß wie die eines CO2-Moleküls, das in die Atmosphäre gelangt.

Die enorme Klimaschädlichkeit vor allem des mit der Fracking-Methode geförderten Erdgases ist wissenschaftlich unzweifelhaft belegt. Das beweisen Studien auf dem neuesten Stand aus den USA und aus Europa.

Während der Obama-Regierung wurde als Teil des Clean-Power-Plans (CPP) versucht, das Entweichen von Methan bei Abertausenden von Fracking-Bohrungen einzuschränken. Damit sollten 40 % bis 45 % der Methan-Löcher gestopft werden.

Von der Trump-Regierung wurde der CPP bereits seit Jahren systematisch zerstört und unwirksam gemacht. Zu diesem Zweck schlug die von Trump „umgedrehte“ amerikanische Umweltbehörde EPA einen Plan zur Schwächung des CPP vor. Ein aktueller Bericht des Spiegels „Trump will wohl Auflagen für gefährliches Klimagas lockern“ beschreibt die Problematik wachsender Methan-Emissionen in den USA.

Die geplanten LNG-Terminals

Die German LNG Terminal GmbH wurde 2018 von den drei Unternehmen Gasunie LNG Holding B.V., Oiltanking GmbH und Vopak LNG Holding B.V. als Joint Venture gegründet, um am Standort Brunsbüttel ein LNG-Terminal zu errichten und zu betreiben.

Dabei geht es um die Entladung von LNG-Tankern, die Lagerung von LNG, die Beladung von Schiffen, die Wiedervergasung, die Einspeisung ins Erdgasnetz und den Weitertransport in Tankkraftwagen, Kesselwagen auf der Schiene und Bunkerschiffen. Für 2020 ist der Baubeginn geplant. 2022 soll der Betrieb beginnen. Die geplante Wiedervergasungs-Kapazität entspricht der Umschlagkapazität, sodass ein Absatz des Produkts in flüssiger Form nicht erforderlich ist. Brunsbüttel soll in einer ersten Maßnahme auf 5 Milliarden Kubikmeter ausgebaut werden, später können es 10 Milliarden Kubikmeter werden.

Das zweite große LNG-Terminal will der amerikanische Chemiekonzern Dow in Stade bauen.

ExxonMobile und Uniper planen als dritten Terminal-Kandidaten für Wilhelmshaven eine „Floating Storage and Regasification Unit“ (FSRU), ein Tanklagerschiff mit Wiedervergasungs-Anlagen, mit einer Leistung von zehn Milliarden Kubikmetern pro Jahr.

Zusammen würden diese drei geplanten LNG-Terminals gut ein Drittel des gesamten deutschen Gasbedarfs von knapp 90 Milliarden Kubikmetern pro Jahr abdecken.

An der Ostsee wird vom russischen Energiekonzern Novatek und vom belgischen Netzbetreiber Fluxys in Rostock ein mittelgroßes LNG-Terminal geplant. Es soll eine Jahreskapazität von 300.000 t LNG haben und ist damit wesentlich kleiner als die an der Nordsee geplanten Terminals (Bild). Es ist zur ausschließlichen Versorgung des Verkehrssektor gedacht. In der Ostsee verkehrenden Schiffen soll das LNG zur Verfügung stehen. Über die Straße „und womöglich“ auch über die Schiene soll LNG ins Hinterland transportiert werden. In Brunsbüttel, Stade oder Wilhelmshaven soll dagegen der größte Teil des abtransportierten LNG aufgewärmt und ins Erdgasnetz eingespeist werden. Dazu dient der Bau der Erdgas-Anschlussleitungen, deren Kosten auf alle Gasverbraucher umgelegt werden sollen.

Widerstand gegen den Import von verflüssigtem Fracking-Erdgas

Vor allem die Deutsche Umwelthilfe DUH, die internationale Organisation Food and Water Europe sowie zahlreiche Umweltverbände setzen sich konsequent gegen die Errichtung von LNG-Terminals in Deutschland ein. Für die DUH ist der Bau von LNG-Terminals nicht mit dem Ziel Klimaschutz vereinbar. Berücksichtige man die Gewinnung des Gases durch Fracking in den USA, die energieintensive Verflüssigung, den Transport über den Ozean und die Verbrennung sei die Verstromung von LNG nicht besser als die von Kohle.

Die DUH fordert einen sofortigen Planungsstopp beim Terminal-Projekt in Brunsbüttel, da dieses nicht genehmigungsfähig sei. In einem Gutachten von Dr. Cornelia Ziehm für die DUH wird nachgewiesen, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Ansiedlung des Störfallbetriebs LNG-Terminal in Brunsbüttel nicht vorliegen. In Brunsbüttel dürfe kein zusätzlicher Störfallbetrieb entstehen, weil mit dem stillgelegten Atomkraftwerk schon ein Störfallbetrieb vorhanden sei.

Constantin Zerger, Klimaexperte der DUH: „Die Regierung macht so großen Druck, weil sie offenbar US-Präsident Trump damit nach dem Streit um Nordstream 2 ein Geschenk machen will, weil Trump auf den Export von LNG-Gas setzt. Aber es kann nicht sein, dass dafür unsere Klimaziele über Bord gehen.“

Der BUND hat am 2. Mai 2019 und nach dem Beschluss des Bundesrates, der „Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland“ grünes Licht zu geben, heftig gegen den geplanten Bau vom LNG-Terminals protestiert: „Der Aufbau dieser Terminals widerspricht den Zielen des Klimaschutzes und ist energiewirtschaftlich unsinnig.“

Die Positionen der Parteien zum Bau der LNG-Import-Terminals

Die CDU, die SPD und die FDP unterstützen weitgehend den Bau der geplanten LNG-Terminals. Die LINKE lehnt ihn aus Klimaschutz-Gründen ab, auch zusammen mit der DUH.

Der grünen Partei wird die höchste Kompetenz im Klimaschutz zugeordnet. Die Grünen sind in der LNG-Frage jedoch gespalten. Die grüne Basis spricht sich häufig gegen LNG-Terminals aus. Wo die Grünen an Regierungen beteiligt sind, unterstützen sie zumeist die LNG-Terminals oder reden sie schön. Wo sie nicht an Regierungen beteiligt sind wie auch im Bundestag sprechen sie sich gegen den Import von LNG aus Nordamerika und gleichzeitig auch gegen neue Erdgas-Pipelines aus.

„Jeder weiß, dass LNG ein geopolitisches Projekt ist, um die Fracking-Gas-Überschüsse aus den USA auf den europäischen Markt zu bringen“, erklärte Lorenz Gösta Beutin, Energie- und Klimapolitiker der LINKEN im Bundestag und Landessprecher seiner Partei in Schleswig-Holstein anlässlich der Taufe des weltgrößten LNG-Bunkerschiffes „Kairos“ in Hamburg durch die CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer. „Kramp-Karrenbauer setzt für die Energiewende in Deutschland und Europa ein völlig falsches Zeichen.“

In Hamburg kennen die rot-grünen Regierungsparteien die Klimaschädlichkeit von freigesetztem Methan sehr gut. Dennoch bezeichnen sie LNG und Erdgas als „Übergangstechnologien der Energiewende“, die möglichst umweltverträglich zu gestalten seien. Für sie sind die geplanten LNG-Terminals notwendig, damit Schiffe im Hamburger Hafen LNG tanken können.

Hamburg und Schleswig-Holstein stimmten am 7. Juni 2019 im Bundesrat der Verordnung zur Umlegung der Kosten für die Gas-Anbindungsleitungen auf die Gasverbraucher zu. Das ist bemerkenswert, weil an den Regierungen in beiden Ländern die Grünen beteiligt sind. In den Koalitionsverträgen beider Länder wurde Fracking ausgeschlossen.

Wird der Bau von LNG-Terminals für den Hamburger Hafen gebraucht?

Der Umweltverband NABU empfiehlt für kleinere Schiffe und Boote einen elektrischen Antrieb oder einen Verbrennungsmotor mit umfänglicher Abgasnachbehandlung. Für Transozean-Verkehre kommen diese Lösungen bisher nicht in Frage. Schiffe dieser Größe tanken aber auch heute nicht in Hamburg, sondern meist in Rotterdam, weshalb für den Hamburger Hafen keine LNG-Infrastruktur an der Nordseeküste nötig ist.

Für neue Schiffe fordert der NABU weitgehend CO2-freie Antriebstechnologien. Für die Bestandsflotte stehen technische Lösungen bereit, mit denen die Luftschadstoff-Emissionen über Abgasnachbehandlung minimiert werden. LNG ist daher in beiden Fällen im Hamburger Hafen nicht notwendig. Investitionen in eine neue LNG-Infrastruktur in Deutschland steht der NABU daher sehr kritisch gegenüber, zumal bei den geplanten LNG-Terminals die vorgesehene Kapazität weit über den möglichen Bedarf für den Antrieb von Schiffen hinausgeht.

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