Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Aurubis reagiert auf starke Proteste

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Klimaschutz allein reicht nicht

Hamburgs börsennotierte „Kupferschmiede“ Aurubis AG ist nach wachsendem Druck der Zivilgesellschaft am 26. August 2021 aus einem Kupferminen-Projekt in der Kommune Hammerfest im Norden Norwegens ausgestiegen, obwohl dieses Kupferbergwerk als weltweit erste vollständig elektrifizierte Mine ohne CO2-Emissionen klimaneutral arbeiten wollte. Das Kupferkonzentrat sollte per Schiff nach zwei bis drei Tagen im Schmelzwerk in Hamburg ankommen. 150 bis 200 Arbeitsplätze wurden durch die Mine in Aussicht gestellt.

Die „Märkte“ bestraften Aurubis wegen dieses Ausstiegs mit einem schnellen Verlust des Aktienwerts um etwa zwei Prozent.

Vor gut einem Jahr hatte Aurubis mit der norwegischen Minenfirma Nussir ASA eine Absichtserklärung (MoU) über die Abnahme des gesamten Kupferkonzentrats aus der Grube abgeschlossen, ein Geschäft in einer Größenordnung von einer Milliarde Dollar.

Es sollte der größte Vertrag über Kupfer in der Geschichte Norwegens werden. Aurubis beabsichtigte, die gesamte Ausbeute der neuen Mine in Kvalsund am Repparfjord in den nächsten zehn Jahren aufkaufen.

EMAS = Europäisches Umweltmanagementsystem (Eco-Management and Audit Scheme)

Die Gründe für den Ausstieg von Aurubis

Nun teilte Aurubis mit, dass „neben kommerziellen Bedingungen auch bestimmte soziale Aspekte des Projekts noch stärker berücksichtigt werden müssen“. In der Presse werden die folgenden Gründe für den Rückzug von Aurubis genannt:

In der Hauptversammlung des Konzerns am 10. Februar 2021 warfen die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die Christliche Initiative Romero (CIR), die Kampagne Bergwerk Peru, Goliathwatch und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre der Aurubis AG dem Konzern vor, keine ausreichenden Anstrengungen zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in den eigenen Lieferketten zu unternehmen.

Die indigenen Sami, die in der Region der von Nussir geplanten Mine Rentierherden halten, lehnen den Kupferbergbau ab. Sie sehen ihr Recht auf freie, vorherige, informierte Zustimmung verletzt. Sie fürchten den Verlust ihrer Herden. Aurubis dürfe ohne ihre ausdrückliche Zustimmung seinen Kupfervertrag mit Nussir nicht erfüllen.

Entsprechend einer Genehmigung der Regierung in Oslo sollte der gesamte mit Schwermetallen und giftigen Chemikalien belastete Grubenschlamm – 400.000 Tonnen jährlich, achtmal mehr als das Kupferkonzentrat – einfach in einen Fjord geleitet werden mit der Perspektive, alles Leben auf dem Meeresboden zu ersticken und über Meerestiere in der menschlichen Nahrungskette zu landen. In Europa erlaubt nur noch Norwegen eine Entsorgung von Grubenschlamm im Meer. Dagegen protestierten seit eineinhalb Jahren ein lokales Bündnis aus Fischern und Samen und auch Aktivistinnen von Fridays for future unter dem Motto „Das Meer ist keine Müllhalde.“

Für die Minenfirma Nussir ASA dürfte es nach dem Ausstieg von Aurubis schwer sein, andere seriöse Investoren zu finden, so die taz am 27. August 2021. „Die Mine ist jetzt vermutlich Geschichte“, so Runar Myrnes Balto, Präsident des Norgga Sámiid Riikkasearvi – des norwegischen Verbands der Samen. 

Mehr „Verständnis für Nachhaltigkeit in allen Unternehmensbereichen“!

Michael Hellemann, Senior Vice President Commercial der Aurubis AG, zum Ausstieg aus dem Geschäft mit der Minenfirma Nussir ASA: „Erfolgreich werden wir künftig nur sein, wenn wir das Verständnis für Nachhaltigkeit in allen Unternehmensbereichen und Aktivitäten weiter forcieren.“

Um dieser Einsicht zu entsprechen, muss Aurubis weitere Korrekturen durchführen:

  • Das in der Hauptversammlung der Aurubis AG am 10. Februar 2021 aufgetretene Bündnis fordert Transparenz sowie menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsmaßnahmen in der Kupfer-Lieferkette zu gewährleisten. Außerdem soll der Konzern in diesem Jahr auf die Ausschüttung einer Dividende verzichten und die frei werdenden Mittel in Höhe von knapp 57 Millionen Euro für die Einrichtung eines Umweltfonds, eines Gesundheitsfonds und eines Sozialfonds verwenden.
  • Die Christliche Initiative Romero (CIR) klagt über Menschenrechtsverletzungen beim Kupferbergbau in Mexiko.
  • Seit Jahren steht Aurubis wegen seiner Importe von Kupferkonzentrat aus Peru in der Kritik, da es in vielen Kupferabbaugebieten Perus schwere Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen Umweltauflagen gibt. Die Kampagne Bergwerk Peru beklagt: „Die Hamburger Kupferschmelze Aurubis AG bezieht den Großteil ihres Kupferkonzentrats aus Ländern wie Chile, Peru und Brasilien. Aus Peru stammt rund ein Viertel des nach Deutschland importierten Kupfers. Daraus lässt sich schließen, dass die Aurubis AG den größten Teil davon verarbeitet. Aber der Konzern legt die konkreten Lieferanten nicht offen und zieht sich dabei immer wieder auf „Wettbewerbs- und Vertragsgründe“ zurück.“
  • Der NDR meldete am 9.12.2020, der Hamburger Kupferproduzent mache trotz der Corona-Pandemie glänzende Geschäfte. Die Nachfrage nach Kupfer sei ungebrochen, auch im Zusammenhang mit der Energiewende und der Umstellung auf Elektroautos. Dennoch wolle Aurubis weitere Stellen in der Hansestadt streichen. Jede zehnte Stelle sei betroffen.

Das im Juni 2021 beschlossene Lieferkettengesetz ist noch zu schwach

Aurubis stellt unter dem Motto „Verantwortung in der Lieferkette“ hohe Ansprüche an das eigene Verhalten. Das Unternehmen verfüge über keine eigenen Minen oder Beteiligungen an Minen. Die Rohstoffe kämen teilweise aus Ländern, in denen ein erhöhtes Risiko hinsichtlich Korruption, Verletzung von Menschenrechten und Nichteinhaltung von Sozial- und Umweltstandards besteht. Die Verantwortung in der Lieferkette gehöre deswegen zu den zentralen Themen der Nachhaltigkeitsstrategie. Aurubis achte die Menschenrechte, setze sich für ihre Wahrung ein und halte sich an die anerkannten Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Dass Aurubis von seinen Geschäftspartnern verlangt, dass sie allen lokalen Gesetzen Folge leisten, hilft nicht einmal im Fall Norwegen. „Zusätzlich erwarten wir von ihnen, dass sie die von den UN auferlegten Sanktionen oder Handelsrestriktionen sowie UN-Konventionen in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Sicherheit einhalten.“ so Aurubis. Und wenn diese „Erwartung“ nicht erfüllt wird? „Seit dem Jahr 2013 schreiben wir in unseren – zumeist langfristigen – Lieferverträgen eine entsprechende Klausel fest. Inzwischen ist diese Klausel Bestandteil in rund 80 % unserer Lieferverträge für Primärrohstoffe. Bis zum Geschäftsjahr 2022/23 soll dieser Wert auf 100 % steigen.“ Gegen „ein erhöhtes Risiko hinsichtlich Korruption, Verletzung von Menschenrechten und Nichteinhaltung von Sozial- und Umweltstandards“ wird auch das nicht viel helfen.

„Ein wirksames Lieferkettengesetz schützt Mensch und Natur in Peru“, schreibt die Kampagne Bergwerk Peru am 3. August 2020.

Dass am 11. Juni 2021 vom Bundestag ein Lieferkettengesetz (Sorgfaltspflichtengesetz) verabschiedet wurde, mag beim Rückzug von Aurubis aus dem Norwegen-Geschäft als Katalysator gedient haben. Die Wirksamkeit dieses Lieferkettengesetzes wird jedoch dadurch eingeschränkt, dass die Auflagen in der Lieferkette immer geringer werden, je weiter „unten“ die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verletzt werden – dort, wo es oft die schwersten Missstände gibt. MISEREOR erklärte: „Die meisten Menschenrechtsverletzungen finden am Beginn der Lieferketten statt. Hier muss das Lieferkettengesetz wirken, indem es Unternehmen dazu verpflichtet, auch ohne Hinweise von außen die Risiken entlang ihrer gesamten Lieferkette zu analysieren.“ MISEREOR bedauerte auch, dass der Schutz von Klima und Biodiversität nicht in das Gesetz aufgenommen wurde. Das beschlossene Gesetz bleibt weit hinter den Forderungen von Greenpeace und anderen Organisationen zurück.

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