Kurz vor Weihnachten 2019 durfte wieder einmal der Maritim-Koordinator der Bundesregierung, Norbert Brackmann, in vielen bundesdeutschen Medien ausgiebig für das umstrittene verflüssigte Erdgas werben.
Beispielsweise im Handelsblatt am 22.12.2019 oder in der WELT am 21.12.2019.
Die Süddeutsche Zeitung übernahm am 21.12.2019 den Kern dieser Meldungen „direkt aus dem dpa-Newskanal“. Hier findet sich – journalistisch korrekt – auch ein Hinweis auf die Kritik der Deutschen Umwelthilfe (DUH), den der focus und die WELT ebenfalls aufführen:
„In Deutschland gibt es noch kein Importterminal. Die Planungen laufen auf Hochtouren in Wilhelmshaven, Brunsbüttel, Stade und in kleinerem Maßstab in Rostock.
Brackmann nahm die Terminals gegen Kritik der Deutschen Umwelthilfe in Schutz, die einen sofortigen Planungsstopp fordert und auf die schlechte Klimabilanz des fossilen Brennstoffs LNG verweist.
LNG-Position der Deutschen Umwelthilfe e.V.“
Vergiftete Zutaten
Medien, von denen man dies eher weniger erwartet, erweiterten diese dpa-Meldung zu stark irreführenden Darstellungen:
„Antrieb in Seeschifffahrt: Brackmann will mehr Flüssigerdgas
Im Kampf gegen den Klimawandel muss sich auch die Schifffahrt deutlich umstellen. Derzeit nutzen viele Schiffe Schweröl als Antrieb. Eine Alternative könnte Flüssigerdgas sein.“
Die Assoziation: Flüssigerdgas für die Schifffahrt ist gut für den Kampf gegen den Klimawandel. Und wer will nicht den Klimawandel bekämpfen?
„Bei einem Wechsel von Schweröl hin zu LNG gehe der Ausstoß von Schwefeloxiden und Feinstaubpartikeln um fast 100 Prozent und der von Stickoxiden um mehr als 70 Prozent zurück, so Brackmann.“
Gut für die Luftreinhaltung. Aber was hat das mit dem Klimawandel zu tun?
Viel ausführlicher und offenbar bewusst irreführend Spiegel online (spon) am 23.12.2019:
„Beitrag zum Klimaschutz
Maritim-Koordinator für Flüssigerdgas als Treibstoff in der Schifffahrt
Seeschiffe fahren zum größten Teil mit schmutzigem Schweröl als Treibstoff. Der Maritim-Koordinator der Bundesregierung fordert deshalb einen schnellen Umstieg auf Gasantrieb für große Pötte.“
Auch hier kommt der Verweis auf die Kritik der Deutschen Umwelthilfe wegen der schlechten Klimabilanz von LNG. Statt einer Befassung mit der Kritik der DUH wird aber auf anderes abgelenkt.
„Brackmann nahm die Terminals gegen Kritik der Deutschen Umwelthilfe in Schutz, die einen sofortigen Planungsstopp fordert und auf die schlechte Klimabilanz des fossilen Brennstoffs LNG verweist. Der CDU-Politiker betonte, Terminals und LNG trügen zur Diversifizierung des bisherigen Gasimports über die Pipelines bei. Bei den Terminals handle es sich um private Investitionen, die die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten fördere. …
… Ein wichtiges Thema ist die Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit besonders in der Kreuzfahrtbranche. Die Schiffsreisen ist bei den Verbrauchern sehr beliebt – aber sie verursachen eben einen erheblichen Ausstoß von umweltschädlichen Gasen und Schmutzpartikeln – mit dem Image von einem sauberen Urlaub nicht vereinbar. Vor allem die Einwohner von Hafenstädten werden durch die Luftschadstoffe belastet.
Einige Reedereien haben deshalb begonnen, ihre Schiffe umzurüsten oder bei Neubauten gleich auf Gasantrieb zu setzen. Umweltschützer kritisieren das Tempo der Veränderungen jedoch als unzureichend. Einem Ranking des Umweltverbands Nabu zufolge schippert noch der größte Teil der weißen Flotte mit Schweröl über die Meere.
Auf Platz eins und zwei der Nabu-Rangliste stehen nun zwei 6600 Passagiere fassende Riesen, die mit LNG-Antrieb fahren, die „Aida Nova“ und die „Costa Smeralda“. Dann folgen Schiffe, deren Reeder Stickoxidkatalysatoren einsetzen und/oder auf Schweröl ganz oder teilweise freiwillig verzichten.“
In den beiden letzten spon-Abschnitten wird suggeriert, Umweltschützer wollten mehr Tempo beim Umrüsten auf Gas. Direkt genannt wird der Nabu und auf dessen Rangliste stünden zwei Schiffsriesen mit LNG-Antrieb auf Platz 1 und Platz 2. Geht man dem LINK auf eine weiteren spon-Artikel zum „Kreuzfahrtschiff-Ranking des Naturschutzbunds“ nach, so findet man die Ranking-Liste mit einer klaren Unterscheidung zwischen Luftverschmutzung „gut“ – vier grüne Sterne – und Klimaschutz „verheerend“ – vier rote Sterne.
Woher diese vier roten Sterne?
„LNG jedoch sieht der Nabu noch nicht als die optimale Lösung an, solange er aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird.“
Etwas weiter:
„Bei der Verwendung des Flüssigerdgases entweicht zudem das höchst klimaschädliche Methangas.“
Zur Klimaschädlichkeit von Methan weiß spon viel. Beispielsweise:
Methan – die unterschätzte Gefahr
„Während sich bei der Klimadebatte fast alles um das Kohlendioxid dreht, steigen die Werte eines anderen, besonders schädlichen Klimagases rasant an: Methan.“
Problematisches Klimagas Fracking-Boom lässt Methan-Emissionen steigen
„Fracking steht wegen seiner Folgen für die Umwelt schon lange in der Kritik. Eine Studie macht die Technik zur Erdgasförderung nun auch für den Anstieg des Treibhausgases Methan verantwortlich.“
Erdgasquelle in den USA Forscher beobachten riesiges Methan-Leck vom Weltraum aus
„Im Jahr 2018 verzeichnete ein Erdölkonzern ein Leck bei einer Gasquelle in den USA. Eine Studie zeigt nun, wie viel klimaschädliches Methan damals in die Atmosphäre gelangt sein könnte.“
Neue Flüssiggas-Häfen Deutsche Gaskunden sollen Trumps Terminals bezahlen
„Nach der massiven Kritik an der Gaspipeline Nord Stream 2 will die Bundesregierung US-Präsident Trump entgegenkommen: Deutsche Gaskunden sollen nach SPIEGEL-Informationen den Bau von Terminals für amerikanisches Flüssiggas mitfinanzieren.“
Allerdings, wenn es um die Botschaften des Maritim-Koordinators der Bundesregierung, Norbert Brackmann, und um die von diesem propagierten LNG-Terminals an der deutschen Nordsee-Küste geht, dann verschweigt man das lieber?
Das Versehen eines übereifrigen Volontärs? Gezeichnet ist der Artikel ist mit „oka/dpa“.
oka = Olaf Kanter ist nach spon-Angaben seit Juli 2017 Chef vom Dienst.
Der Nabu steht LNG in der Schifffahrt sehr kritisch gegenüber:
Kurz gefasst: