Die geplante Elbtrasse gehört umgehend auf den Prüfstand!
Zwei Tage, nach der Mitteilung der EU-Kommission, dass dem Rückkauf des Hamburger Fernwärmenetzes nichts mehr im Wege stehe, legte eine neunköpfige Arbeitsgruppe (AG) des Energienetzbeirats zu dessen Sitzung am 18. April 2019 einen Bericht zum „Ersatz des HKW Wedel“ vor. Hier die zugehörige Präsentation und eine Pressemeldung des HET.
Die Arbeitsgruppe hat eine Nordvariante im Stellinger Moor mit der von der Umweltbehörde (BUE) gewünschten Südvariante in Dradenau verglichen.
Das Ergebnis: Die Nordvariante ohne Elbtrasse ist der Südvariante mit ihrer sehr teuren Elbtrasse ökologisch und ökonomisch deutlich überlegen. Die Südvariante ist bei den CO2-Emissionen nur dann etwa gleichwertig mit der Nordvariante, wenn Wärme aus der Müllverbrennung als nahezu CO2-frei bewertet wird. Eine solche CO2-Bilanzierung steht in klarem Widerspruch zu den Vorgaben des Bundesumweltamtes. Daher wurde sie auf der gleichen Sitzung vom ENB in einem Beschluss abgelehnt. Hier eine Präsentation zur Bilanzierung von Wärme aus der Müllverbrennung.
Dass die Nordvariante auch ökonomisch erheblich günstiger ist als die Südvariante ergibt sich aus den hohen Kosten für die Elbtrasse. Gegenwärtig sind mindestens 150 Mio. € für diese anzusetzen. Experten gehen von wesentlich höheren zukünftigen Kosten für die Trasse aus. Bei der Nordvariante werden dagegen nur 25 Mio. € für alle benötigten Energieleitungen gebraucht.
Infolge von fünf verschiedenen Risiken beim Ersatz des HKW Wedel drohen Hamburg laut dem Arbeitsgruppen-Bericht erhebliche zusätzliche finanzielle Verluste.
Wichtig ist hierbei, dass Hamburg bei der Begründung für den Rückkauf des Fernwärmesystems fest mit KWK-Zuschlägen rechnete, die nach Hamburg fließen sollen. Mit KWK-Zuschlägen in Höhe von 100 bis 140 Mio. € kann Hamburg aber nur dann rechnen, wenn das HKW Wedel nach einem einjährigen Probebetrieb der geplanten großen KWK-Anlage noch vor dem Ende des Jahres 2025 endgültig stillgelegt werden kann. Aktuelle Planungen müssen daher eine Fertigstellung sowohl der KWK-Anlage als auch der Elbtrasse bis Ende 2022 garantieren. Denn erfahrungsgemäß ergeben sich bei großen Energieversorgungsprojekten unvorhergesehene Verzögerungen von zwei Jahren und mehr.
Diese zeitliche Bedingung für die Südvariante ist kaum mehr einzuhalten, da gegenwärtig mit einer Beklagung der Elbtrasse gerechnet werden muss. Die Arbeitsgruppe hat daher vorgeschlagen, unverzüglich die Nordvariante parallel zur Südvariante zu planen, damit nicht noch mehr Zeit verloren geht als schon bisher. Außerdem soll die BUE in öffentlichen Bürgerversammlungen unter neutraler Leitung die vom Trassenbau unmittelbar Betroffenen davon überzeugen, dass die Südvariante besser ist als die Nordvariante. Gelingt das, könnten die Betroffenen auf eine Beklagung der Elbtrasse verzichten.
Ob das beklagte HKW Wedel überhaupt bis zur Erreichung des Dauerbetriebs der neuen KWK-Anlage im Einsatz bleiben kann, ist höchst fraglich. Denn ab August 2021 gelten verschärfte Emissionswerte, die das jetzige HKW Wedel nicht einhalten kann. Die Arbeitsgruppe wies darauf hin, dass die Umweltbehörde dringend einen belastbaren „Plan B“ ausarbeiten muss zur Minimierung der entsprechenden hohen Kosten-Risiken.
Auf den „Bericht“ der Arbeitsgruppe des Energienetzbeirats nimmt Jens Meyer-Wellmann Bezug in einem längeren Beitrag im Hamburger Abendblatt vom 31.5.2019 mit der Frage Sind die Fernwärmepläne der Grünen in Gefahr?