Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Was kostet das Heizen mit einer Wärmepumpe wirklich? Irreführung durch den Energieversorger HAMBURG ENERGIE

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Die Bundesregierung hofft auf einen baldigen Rollout von Wärmepumpen-Heizungen. Der Ausstieg aus der Nutzung von fossilem Erdgas hat in der Energie- und Klimapolitik hohe Priorität. Viele Menschen, die über die Art ihrer Heizungen verfügen können, sollen sich nicht für neue Erdgas- oder Erdöl-Heizungen, sondern für Wärmepumpen-Heizungen oder einen Anschluss an ein Wärmenetz entscheiden. Eine wichtige Voraussetzung ist dabei, dass sie objektiv über Vor und Nachteile dieser Heizungsalternativen unterrichtet werden.

1. Tarife des Energieversorgers HAMBURG ENERGIE für „Wärmestrom“

Auf Internetseiten des städtischen Energieversorgers HAMBURG ENERGIE zu Strom-Tarifen für Wärmepumpen-Heizungen finden sich unter „Spezialtarife“ irreführende Darstellungen:
Berechnet werden die Stromkosten nach den „Spezialtarifen“
     •   für Direktstrom (Nachtspeicher-Heizungen) oder
     •   für Wärmepumpenstrom.


Bild 1: Internetseite „WÄRMESTROM“ mit voreingestellten Werten (abgesehen von der Postleitzahl). Bemerkenswert ist, dass rechts im Bild BUND und NABU als „Empfehlende“ in Bezug genommen werden.

Bild 1 zeigt ein Beispiel für die Internetseite von HAMBURG ENERGIE mit der Überschrift „WÄRMESTROM“.

Diese Internetseite enthält Voreinstellungen zur Wohnfläche (oder Heizfläche?) und zum Stromverbrauch:

                       Wohnfläche: 125 m²     Verbrauch: 15.000 kWh   

Der Wert für die „Wohnfläche“ lässt sich mit Hilfe der Button + oder – auf kleinere Werte als die anfangs eingestellten 125 m² einstellen. Der „Verbrauch“ passt sich proportional an. Man kann ihn aber direkt angeben.

Nach Drücken des Buttons „PREIS BERECHNEN“ folgen in Bild 2 zu den Werten in Bild 1 berechnete Stromkosten,  links für einen „Nachtspeichertarif“ und rechts für einen „Wärmepumpentarif“.


Bild 2: Monatliche bzw. jährliche Stromkosten für die in Bild 1 eingestellten Werte, links für eine Speicher-Heizung, rechts für eine Wärmepumpen-Heizung (mit Angabe von „Details“).

Interpretation:

1. In den Berechnungsblättern der HAMBURG ENERGIE (Bilder 1 und 2) gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sich bei einer Wärmepumpen-Heizung mit 1 kWh Strom rund 3 kWh Heizwärme oder mehr gewinnen lässt. Das gemittelte Verhältnis von Wärme zu Strom wird durch die Jahresarbeitszahl (JAZ) ausgedrückt. Mit den genannten Werten wäre JAZ = 3,0.

Würden wie in Bild 1 bei einer Nachtspeicher-Heizung 15.000 kWh pro Jahr verbraucht, wären es bei einer Wärmepumpen-Heizung nur 5.000 kWh pro Jahr mit JAZ = 3,0.

2. Nicht versierte Heizungskundinnen und -kunden werden aus der Darstellung von HAMBURG ENERGIE folgern, dass Heizen mit einer Wärmepumpe enorm teuer ist, etwas teurer sogar als Heizen mit einer Nachtspeicher-Heizung. Sie werden also von einer Wärmepumpen-Heizung sehr schnell Abstand nehmen.

Jährliche Wärmepumpen-Stromkosten von 6.016,50 € bei einem Stromverbrauch von 15.000 kWh pro Jahr wie in Bild 2 wirken total abschreckend.

3. Der Zusammenhang zwischen eingesetztem Strom und resultierender Wärme müsste auf der Internetseite von HAMBURG ENERGIE (Bild 1) erläutert werden. Außerdem müsste eine Eingabemöglichkeit für die Jahresarbeitszahl (JAZ) vorhanden sein. Für JAZ könnte beispielsweise der Wert 3,0 voreingestellt werden.

Mit einer Jahresarbeitszahl von 3,0 für eine einfache Luft/Wasser-Wärmepumpe würde sich der Stromverbrauch in Bild 1 auf 5.000 kWh verringern und es ergäben sich

                         2065,50  € pro Jahr statt 6016,50 € pro Jahr.

Immer noch viel, aber nicht mehr so abschreckend wie im Berechnungsbeispiel von HAMBURG ENERGIE.

2. Jahresarbeitszahlen von Wärmepumpen bei HAMBURG ENERGIE

Natürlich kennt HAMBURG ENERGIE die Effizienz-Unterschiede zwischen Nachtspeicher-Heizungen und Wärmepumpen-Heizungen.

Wenn man von Bild 2 aus weiter scrollt, kommen unterschiedliche Strom-Verbrauchswerte pro Quadratmeter und Jahr (Bild 3):

  • Nachtspeicher-Heizung: 120 kWh pro m² und Jahr
  • Wärmepumpen-Heizung:   55 kWh pro m² und Jahr

Als Jahresarbeitszahl ergibt sich daraus: JAZ = 2,18  –  ein miserabel schlechter Wert!

Im Vergleich zwischen beiden Heizungsarten wird aber von HAMBURG ENERGIE die Nachtspeicher-Heizung in einer 50 m² großen Wohnung eingesetzt, die Wärmepumpen-Heizung in einem 130 m² großen Haus. Das mag einen gewissen Praxisbezug haben. Es führt aber dazu, dass sich für die Wärmepumpen-Heizung 7.150 kWh Stromverbrauch pro Jahr ergeben, für die Nachtspeicher-Heizung nur 6.000 kWh pro Jahr. Damit scheinen auch hier die Stromkosten von Nachtspeicher-Heizungen und Wärmepumpen-Heizungen ähnlich zu sein.

Auch hier kann sich daher bei Laien leicht eine abschreckende Wirkung gegenüber Wärmepumpen-Heizungen einstellen.

Bild 3: Voreingestellte Stromverbrauchswerte für Nachtspeicher-Heizungen, für Wärmepumpen-Heizungen und für Wohnflächen bei HAMBURG ENERGIE

3. Tarife des städtischen Energieversorgers HAMBURG ENERGIE für Wärmepumpenstrom und für normalen Haushaltsstrom

Ein Vergleich der gegenwärtigen Tarife von Wärmepumpenstrom mit normalem Haushaltsstrom von HAMBURG ENERGIE in Bild 4 zeigt, dass für Neukunden der Preis für den Wärmepumpenstrom nur wenig niedriger ist als der Preis von normalem Haushaltsstrom von HAMBURG ENERGIE (für 5.000 kWh pro Jahr; eingeschränkt für 24 Monate):

  • Wärmepumpenstrom:           39,51 ct / kWh bei einem Grundpreis von 7,50 €/Monat
  • Normaler Haushaltsstrom:    42,91 ct / kWh bei einem Grundpreis von 10,90 €/Monat

(Langjährige Stromkunden bezahlten im Frühjahr 2021 bei HAMBURG ENERGIE für Haushaltsstrom 30,40 ct / kWh. Dieser Preis dürfte inzwischen etwas höher liegen.)

Wärmepumpenstrom ist also fast so teuer wie Haushaltstrom, jeweils für Neukunden.

Ein ähnlicher Unterschied findet sich aktuell beim Strom des Energieversorgers Lichtblick, besonders bei Einschluss des Grundpreises (für 5.000 kWh pro Jahr; 24 Monate):

  • Wärmepumpenstrom:           42,56 ct / kWh bei einem Grundpreis von 17,82 €/Monat
  • Normaler Haushaltsstrom:    46,40 ct / kWh bei einem Grundpreis von 13,84 €/Monat
Bild 4: Monatliche bzw. jährliche Strompreise für Haushaltsstrom bei HAMBURG ENERGIE 

Für einen erfolgreichen Rollout von Wärmepumpen-Heizungen sollte der Wärmepumpenstrom erheblich günstiger sein als der Haushaltsstrom. Was zu erwarten wäre, ist bei Finanztip zu erfahren (es lohnt sich den ganzen Artikel zu lesen):

Normalerweise bieten Lieferanten den Strom für eine Wärmepumpe rund 6 ct pro kWh günstiger an als Haushaltsstrom.

Für Wärmepumpenstrom verlangen die Netzbetreiber unter bestimmten Bedingungen um rund 3 ct pro kWh geringere Netzentgelte. Weitere 2 ct pro kWh kommen von einer geringeren Konzessionsabgabe als für Haushaltsstrom. Für Heizstrom sollte nach Auffassung des Bundeskartellamts nämlich eine niedrigere Abgabe als für Haushaltsstrom gelten. Gesetzlich festgelegt ist das allerdings nicht. Wird die Mehrwertsteuer berücksichtigt, ergeben sich insgesamt 6 ct pro kWh, um die der Wärmepumpenstrom günstiger sein sollte als Haushaltsstrom.

Bei den Tarifen von HAMBURG ENERGIE und Lichtblick sind es allerdings nur 3,4 ct pro kWh bzw. 3,8 ct pro kWh. Ungünstig für die Wahl von Wärmepumpen-Heizungen!

4. Tarife des städtischen Energieversorgers HAMBURG ENERGIE für Wärmepumpenstrom im Vergleich zu Tarifen anderer Stromversorger

Es liegt nahe, die Tarife von HAMBURG ENERGIE für Wärmepumpenstrom und für Haushaltsstrom mit den Tarifen anderer Stromversorger zu vergleichen.

HAMBURG ENERGIE wie oben:

  • Wärmepumpenstrom:           39,51 ct / kWh bei einem Grundpreis von 7,50 € / Monat
  • Normaler Haushaltsstrom:    42,91 ct / kWh bei einem Grundpreis von 10,90 € / Monat

Der Stromversorger GREEN PLANET energy (früher „Greenpeace Energy“) nennt im März 2022 für seine Tarife „WÄRMESTROM AKTIV“ (Preisgarantie bis Ende 2022) bzw. „ÖKOSTROM aktiv“:

  • „WÄRMESTROM AKTIV“:       23,90 ct / kWh bei einem Grundpreis von 8,90 € / Monat
  • „ÖKOSTROM aktiv“:               30,90 ct / kWh bei einem Grundpreis von 8,90 € / Monat

Diese Preise entsprechen dem Bild „Der 6-Cent-Unterschied“ bei Finanztip. Allerdings wird mitgeteilt, dass aufgrund der derzeit extrem hohen Beschaffungskosten vorübergehend keine Neukund:innen mehr unter Vertrag genommen werden.

Beim Grundversorger Vattenfall ist zurzeit keine Angabe zu Wärmepumpenstrom zu finden. Möglicherweise werden auch hier zurzeit keine Neukund:innen angenommen.

Dem Vergleichsportal Verifox sind für Vattenfall die folgenden Preise zu entnehmen:

  • „Wärmepumpe Natur12“:         30,90 ct / kWh bei einem Grundpreis von 9,40 € / Monat
  • „Natur24 Strom“ (Haushalt) :    33,80 ct / kWh bei einem Grundpreis von 13,40 € / Monat

Am 10.3.2022 wurden hier einige Ökostrom-Anbieter genannt, die noch Neukunden annehmen. Ihre Haushalts-Strompreise sind vergleichbar mit denen von HAMBURG ENERGIE (Naturstrom) oder sie sind höher. Die Tarife für Wärmepumpenstrom sind höher als bei HAMBURG ENERGIE.

5. Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen-Heizungen
im Vergleich zu Erdgas-Heizungen

Eine Studie des Wuppertal Instituts im Auftrag von Greenpeace vom März 2022 „Heizen ohne Öl und Gas bis 2035: Ein Sofortprogramm für erneuerbare Wärme und effiziente Gebäude“ enthält im Abschnitt „6.2 Wirtschaftlichkeitsanalyse des Austausches von Gas- bzw. Ölheizungen mit Wärmepumpen“ Tabellen, die erhebliche wirtschaftliche Vorteile von Luft/Wasser-Wärmepumpen und Erd-Wärmepumpen im Vergleich zu Erdgas-Heizungen zeigen.

Bei den Strompreisen greift diese Studie auf Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (bdew) vom 29.04.2021 zurück. In dieser Studie wird in einer Tabelle auf Seite 8 gerechnet mit

Wärmepumpenstrom:            20,08 ct / kWh bei einem Grundpreis von 8,58 € / Monat

Erdgas:                                     5,63 ct / kWh bei einem Grundpreis von 12,25 € / Monat

Seit April 2021 haben sich die Preise für den Wärmepumpenstrom nahezu verdoppelt, wie ein Vergleich mit dem Tarif von HAMBURG ENERGIE erkennen lässt. Die Preise für Erdgas sind bei Neukunden allerdings um einen noch größeren Faktor gestiegen. HAMBURG ENERGIE gibt aktuell für den Erdgas-Tarif „Alsterperle“ an:

Erdgas:                                  15,60 ct / kWh bei einem Grundpreis von 9,25 € / Monat.

Die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen-Heizungen hat sich also innerhalb eines Jahres im Vergleich zu Erdgas-Heizungen weiter verbessert. Allerdings sind die Energiepreise zu Anfang März 2022 sehr instabil.

Eine weitere wesentliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen-Heizungen im Vergleich zu Erdgas- oder Heizöl-Heizungen bringt die EEG-Novelle mit sich. Ab dem zweiten Halbjahr 2022 soll die EEG-Umlage auch für Heizstrom entfallen (EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz). Die Stromversorger sollen verpflichtet werden, die Absenkung in voller Höhe an die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterzugeben. In der Endverwendung ergibt sich daraus eine Absenkung der Strompreise inklusive Mehrwertsteuer von  4,43 ct pro kWh.

Die Bundesregierung plant zudem, auch die Offshore-Netzumlage und die KWKG-Umlage zu streichen, was einen weiteren Vorteil von rund 1 ct pro kWh für den Strompreis ausmachen wird.

Damit die Absicht der Bundesregierung, 4 bis 6 Millionen Wärmepumpen bis 2030 in Deutschland installieren zu lassen, umgesetzt werden und der Verbrauch an Erdgas und Heizöl entsprechend verringert werden kann, werden die Verbraucherinnen und Verbraucher fair und ausreichend informiert werden müssen. Dazu sollten auch die Energieversorger und Netzunternehmen in Hamburg ihren Beitrag leisten statt aus nicht leicht erkennbaren Gründen in die Irre zu führen.

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