Am 31. Januar 2020 hat der Bundestag das umstrittene Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz (MgvG) aus dem Hause von CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer beschlossen. Die LINKE und die Grünen sowie auch einige SPD-Mitglieder stimmten gegen dieses Gesetz.
Das verabschiedete Gesetz ist ein Teil eines größeren Vorhabens von CDU und CSU, die Beteiligungsrechte der Umweltverbände einzuschränken (12-Punkteplan).
Ganz in diesem Sinne versuchte auch die Hamburger Industrie, den Hamburger Senat zu entsprechenden Zugeständnissen zu bewegen.
Nach der Verabschiedung des Maßnahmenvorbereitungsgesetzes soll der Bundestag in der nächsten Zeit 8 Eisenbahnstrecken-Projekte und 6 Wasserstraßen-Projekte per Gesetz genehmigen können, zum Beispiel zwei Fahrrinnen-Vertiefungen der Weser. Bislang entscheiden Behörden, ob Projekte verwirklicht werden. Bei Einsprüchen gilt das Verwaltungsrecht. Hintergrund dieser Entwicklung ist die Absicht, die Beteiligungsrechte von Umweltverbänden und -Initiativen zu beschneiden.
Erweiterungen des Gesetzes im letzten Moment
Noch am 28. Januar 2020 wurde, wie schon befürchtet, im Verkehrsausschuss neben der „Außenweser“ die umstrittene Fahrinnenvertiefung der Unterweser (Nord) und der Ausbau einer weiteren Eisenbahnstrecke in den Gesetzestext eingefügt. So wurden aus zunächst 12 Projekten insgesamt 14 Projekte.
Stand im Gesetzentwurf bisher das Projekt
„8. die Fahrrinnenanpassung der Außenweser“,
verabredeten die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD auf Betreiben der SPD/CDU-Landesregierung in Hannover am 28.1.2020 im Verkehrsausschuss noch einzufügen:
„und der Unterweser (Nord)“.
Damit ist nicht nur die Außenweser nördlich von Bremerhaven von der Ausbaggerung betroffen, sondern auch der Unterweserabschnitt zwischen Brake und Bremerhaven (Bild).
„Wichtige Infrastrukturvorhaben müssen zukünftig sehr viel schneller geplant und umgesetzt werden, als das bislang der Fall ist“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dem WESER-KURIER. Es gehe nicht an, dass ein modernes Industrieland in jahrelangen Genehmigungsverfahren den Anschluss verliere. „Deshalb hat Niedersachsen die Initiative dafür ergriffen, die Vertiefung der Unterweser in das Beschleunigungsgesetz aufzunehmen.“
Dass nun auch der Abschnitt Brake-Bremerhaven mit in das Gesetz aufgenommen wurde, zeige, „dass meine Kritik an dem Verfahren grundsätzlich richtig ist“, so Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne). Dieses Gesetz ebne nun einen Weg für Infrastrukturprojekte, ohne dass sie ausreichend auf ihre Auswirkungen hin geprüft würden.
Mit diesem Gesetz müssten statt der dafür vorgesehenen Fachbehörden künftig die Abgeordneten prüfen, ob die komplexen Planungsentwürfe korrekt seien, kritisierte Martin Rode, Landesgeschäftsführer des BUND Bremen. In der Vergangenheit hätten die Gerichte die Weservertiefung bereits für rechtswidrig erklärt. „Statt die gerichtlich festgestellten, gravierenden Mängel zu beheben und sich dann der Überprüfung durch Öffentlichkeit und Umweltverbände zu stellen, soll die Planung nun auf juristisch höchst zweifelhaftem Wege durchgedrückt werden.“
Bedenken haben auch renommierte Verfassungsrechtler. Thomas Groß von der Universität Osnabrück spricht von einem Debakel, weil es mit dem europäischen Recht nicht vereinbar sei. Der Ausbau per Gesetz schränke die Klagemöglichkeiten von Bürgern und Verbänden ein. Der Gang vor die Verwaltungsgerichte sei nicht mehr möglich. Betroffene, die enteignet werden sollen, könnten nur noch Verfassungsbeschwerde einlegen. Solche Fälle seien aber nicht Sache des Bundesverfassungsgerichtes.
Fahrrinnenvertiefung als „Klimaschutzmaßnahme“ ?
In der Begründung des Gesetzes findet man beim Projekt der Fahrrinnenvertiefung: „Insofern ist bereits allein im Hinblick auf die Klimaschutzwirkung das Allgemeinwohlinteresse an der möglichst schnellen Realisierung der genannten Wasserstraßenprojekte gegeben.“
Wo wie bei Eisenbahnstrecken die Regierung überhaupt zu Recht auf den Klimaschutz verweisen kann – auch dieser müsse mit den Grundrechten Betroffener abgewogen werden, meint Groß: „Das eigentliche Ziel besteht darin, die bei vielen Verkehrspolitikern verhassten Klagen der Umweltverbände auszuschalten.“ Das widerspreche EU-Recht.
„Die Klimakrise braucht schnelles Handeln, deshalb wollen auch die Umweltverbände eine beschleunigte Planung“, so Kai Niebert vom Deutschen Naturschutzring. Eingeschränkte Klagerechte seien aber „rechtswidrig“, zudem „unwirksam“. Das eigentliche Problem seien fehlerhafte Unterlagen und fehlendes Personal. Die Verbände wollen nun juristisch gegen das neue Gesetz vorgehen. Gut möglich, dass es für die 14 jetzt im Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz aufgeführten Projekte vorerst gar nicht vorangeht.
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