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Subventionen für fossile Brennstoffe beenden! Kaum eine Forderung wird so einheitlich von der gesamten umweltbesorgten Zivilgesellschaft und vom Umfeld grüner Parteien gestellt.
Mit dem Vorwurf „Klimakiller. Bundesregierung fördert fossile Heizungen“ stellt die Bundestagsfraktion der Grünen die Bundesregierung an den Pranger. Allein im letzten Jahr habe sie fast 150 Millionen Euro an Zuschüssen für neue Öl- und Gasheizungen aus Steuermitteln verteilt. Dazu kämen rund 500 Millionen Euro an vergünstigen Krediten für den Heizungstausch.
(Karikatur: Mester, sfv)
In einem Antrag vom 10. September 2019 „Ölheizungen ersetzen, Subventionen für fossile Heizungen streichen“ fordert die Bundestagsfraktion der Grünen, die staatliche Subventionen neuer Öl- oder Gasheizungen sofort einzustellen. Sie stellt fest: „Der bloße Austausch von Erdöl durch Erdgas kann hierbei kein zielführender Beitrag für den Klimaschutz im Gebäudebereich sein.“
Hochinnovativ sieht das die von Grünen geführte Hamburger Umweltbehörde (BUE) ganz anders:
„Ölwechsel jetzt! Klimabonus bei Umstellung auf Gas“, so bewirbt die BUE einen Klimabonus von 1.000 Euro für Hausbesitzer, den das städtische Unternehmen Gasnetz Hamburg GmbH neuerdings für einen Wechsel von Öl auf Gas bietet.
„Damit schaffen wir einen intelligenten finanziellen Anreiz, von Öl auf Gas umzustellen“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan, der Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen Gasnetz Hamburg GmbH ist.
Der prominente Grüne Hans-Josef Fell, der den Gesetzentwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mitverfasste, legte kürzlich ein Gutachten vor mit dem Titel „Erdgas leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz“. Darin wird festgestellt: Die Umstellung von Heizöl- auf Erdgas-Heizungen bringt keine Verbesserungen für das Klima, wenn Erdgas der bisherigen Qualität verwendet wird. Die Treibhausgasemissionen werden sogar um 40 % erhöht, wenn zusätzliches Erdgas mit Anteilen aus Fracking-Quellen zum Einsatz kommt.
Die CO2-Emissionen bei der Verbrennung sind zwar bei Heizöl um 33 Prozent höher als bei Erdgas. Wenn aber alle Treibhausgase berücksichtigt werden, dann bringt wegen der Freisetzung von Methan von der Förderung bis zum Endverbrauch der Wechsel von einer Öl-Heizung zu einer Erdgas-Heizung keine Entlastung für das Klima.
„Weg vom Öl!“ – Diese Direktive findet sich auch im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung. Punkt 9 (Erneuerung von Heizanlagen) sieht vor: Eine „Austauschprämie“ mit einem Förderanteil von 40 % für alle derzeit mit Heizöl-Heizungen oder anderen ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betriebenen Heizungen als attraktiver Anreiz zur Umstellung auf erneuerbare Warme, oder, wo dies nicht möglich ist, auf effiziente hybride Gasheizungen, die anteilig EE einbinden. „Es soll sich damit lohnen, in den kommenden Jahren beispielsweise von alten Öl- und Gasheizungen auf klimafreundlichere Anlagen oder direkt auf erneuerbare Wärme umzusteigen.“
Warum will die von Grünen geführte Hamburger Umweltbehörde diese Klimaschutzmaßnahmen unterlaufen?
Damit nicht der Eindruck erweckt wird, es gehe in Hamburg nur um Kundenakquise für das von Hamburg zurückgekaufte Gasnetz-Unternehmen, wird von dessen Chef ergänzt:
„Wir wollen mit dem Klima-Bonus-Programm so viele Haushalte wie möglich ans Netz anschließen, damit jeder einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann“, erläutert Udo Bottlaender, Technischer Geschäftsführer der Gasnetz Hamburg GmbH. „Mit grünem Gas wie Bio-Methan und Wasserstoff wird der Klimaschutzeffekt künftig sogar noch besser, denn verstärkt kommen diese erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren im Hamburger Gasnetz zum Einsatz.“
Biomethan und Wasserstoff kommen also „in den nächsten Jahren“ ins Hamburger Gasnetz?
Bis so etwas klimawirksam werden wird, kann es lange dauern! Der städtische Energieversorger Hamburg Energie bietet schon seit längerer Zeit Erdgas mit kleinen Anteilen von Biogas an. 5 Prozent Biogas statt 1 Prozent Biogas kostet aber schon rund 9 Prozent mehr. Ein reiner Biogas-Tarif wäre unverhältnismäßig teuer, schreibt Hamburg Energie.
Ein bedeutsames Mengenwachstum von Biogas ist nicht in Sicht, die Potentiale sind bereits ausgereizt.
Noch lange Zeit wird es also nur um symbolische Anteile von Biomethan oder Wasserstoff im Hamburger Erdgas-Netz gehen. Die Klimaschädlichkeit von Gasheizungen wird dadurch kaum verbessert.
Lassen wir daher noch einmal Hans-Josef Fell zu Wort kommen:
„Erdgas wird immer wieder als klimafreundliche Alternative für den Strom- und Wärmebereich dargestellt und als „Brückentechnologie“ eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einem nachhaltigen Energiesystem zugeschrieben. Betrachtet man jedoch neben den Kohlendioxidemissionen auch die Methanemissionen, so zeigt sich, dass eine auf Erdgas basierende Klimaschutzstrategie das genaue Gegenteil bewirkt. Einsparungen von Kohlendioxid bei der Verbrennung vor Ort werden nur durch deutliche Erhöhungen der Methanemissionen in der Gesamtkette erkauft. Insgesamt erhöht die Umstellung von Kohle und Erdöl auf Erdgas in Kraftwerken und Heizungen sogar den Treibhauseffekt des Energieverbrauchs um rund 40%. Gekoppelt mit gleichzeitigen Hemmnissen für erneuerbare Energiequellen wird so ein zukunftsfähiges emissionsfreies Wirtschaftssystem verhindert und wirksamer Klimaschutz blockiert. Dennoch wird das höchst klimaschädliche Erdgas weiterhin von vielen Regierungen mit Subventionen und durch indirekte Fördermaßnahmen unterstützt, trotz paralleler Bekenntnisse für die damit unvereinbaren Pariser Klimaschutzziele.“
Kerstans Weg zu den Einsichten von Fell ist wohl noch weit.
8. Oktober 2019