Der Hamburger Energietisch

Für die Energiewende in Hamburg

Ersatz der Steinkohle-Fernwärme aus Tiefstack mit Gas-Fernwärme aus Moorburg?

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Mit einer „Machbarkeitsstudie zur Umwandlung des Kraftwerkes Moorburg und Aufbau einer großen Elektrolyseanlage“ soll bis zum 30. Juni 2021 der Ausstieg aus der Steinkohle-Verfeuerung im Kraftwerk Moorburg untersucht werden.

Laut dem Koalitionsvertrag vom 2. Juni 2020 soll damit geklärt werden, „ob und wie ein Teil des bisherigen Kohlekraftwerks zu einer GuD-Anlage auf der Basis von Erdgas umgerüstet werden könnte, die der Stromproduktion bei gleichzeitiger Erzeugung von Wärme dienen würde.“

Bis zum Jahr 2025 soll einer der beiden Steinkohleblöcke in ein Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) umgewandelt werden, der andere Steinkohleblock soll dann stillgelegt werden.

Eine der Leitfragen für die Machbarkeitsstudie lautet gemäß der Ausschreibung: „Welche Bedeutung hat eine Einbindung in das Fernwärmenetz und wie kann diese realisiert werden?“

Sicherlich ist mit dem „Fernwärmenetz“ das zentrale Hamburger Fernwärmenetz der Wärme Hamburg GmbH gemeint. In dieses Netz soll also ab 2025 Gas-Fernwärme aus einem GuD in Moorburg eingespeist werden.

Bild 1: Eine Wiederbelebung der Wärme-Anbindung WA MOOR?
(Bild: Vattenfall, Scoping-Unterlagen vom April 2018)

Eine Fernwärme-Anbindung des Kraftwerks Moorburg hatte Vattenfall schon einmal im April 2018 vorgeschlagen, allerdings für Kohle-Fernwärme (Bild 1). Inzwischen gibt es weit gediehene Pläne zum Bau eines GuD in Dradenau mit einer thermischen Leistung von 290 MW. Eine Frage der LINKEN in der Bürgerschaft, ob „eine Umrüstung des Kohlekraftwerks Moorburgs zum GuD Einfluss auf die Planung des GuD am Standort Dradenau habe, beantwortete der Senat mit: „Nein. Die Planungen für den Energiepark Hafen als Ersatz für das Kraftwerk Wedel sind weit fortgeschritten und gehen noch 2020 in die Umsetzung.“ (Drucksache 22/861 vom 4.8.2020).

Wärmeleistungen

Ein Steinkohleblock des Kraftwerks Moorburg besitzt eine maximale elektrische Leistung von 800 MW. Die maximale Fernwärmeleistung aus beiden Blöcken ist auf 650 MW ausgelegt.

Da nicht nur die zurzeit geringe Stromerzeugung des Kraftwerks Moorburg, sondern bald auch die des Kernkraftwerks Brokdorf ersetzt werden muss, dürfte die elektrische Leistung eines GuD in Moorburg kaum wesentlich geringer sein als die von einem der jetzigen Blöcke. Für eine gute Ausnutzung der Energie des Brennstoffs sollte wiederum die thermische Leistung dieser neuen KWK-Anlage nicht viel niedriger sein als ihre elektrische Leistung.

Würde nun eine thermische Leistung von bis zu 600 MW aus einem GuD in Moorburg zu der thermischen Leistung von rund 300 MW des geplanten „Energieparks Hafen“ in Dradenau hinzugefügt und danach noch 60 MW vom Zentrum für Ressourcen und Energie (ZRE) und weitere Fernwärme aus Wedel, die sich mit der Planung einer Power-to-Heat-Anlage in Wedel bereits andeutet, so müsste die Fernwärmeleitung vor dem Heizwerk Haferweg bis zu 1000 MW transportieren können. Bisher kamen aus Wedel aber nur bis zu 400 MW.

Auch wenn man die thermische Leistung des GuD in Moorburg deutlich geringer wählen würde als 600 MW, bliebe weiterhin das Problem, dass aus dem westlichen Fernwärmenetz bei höherem Fernwärmebedarf viel mehr Wärme ins Netz – in den mittleren und östlichen Teil – zu übertragen wäre als es die vorhandenen hydraulischen Restriktionen zulassen.

Daher stellt sich durchaus die Frage, ob es sinnvoll ist, sowohl in Dradenau als auch in Moorburg Fernwärme mit neuen Gas- und Dampfkraftwerken zu erzeugen, die in Bahrenfeld in die Wedelleitung eingespeist werden würde. Sollte nicht doch in Dradenau umgeplant werden?

Ausweg aus hydraulischen Problemen:
eine südliche Trasse nach Tiefstack

Als Ausweg aus dem beschriebenen Problem bietet es sich an, für Fernwärme aus Moorburg einen anderen Weg der Einbindung in der städtische Fernwärmenetz zu wählen. Bild 2 zeigt eine neue Verbindung, die von einem Hub bei der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm (MVR) auf die vom Unternehmen AURUBIS kommende Fernwärmeleitung trifft und parallel zu dieser, ohne Elbuntertunnelung in das westliche und mittlere Fernwärmenetz führt.

Bild 2: Einbindung der Fernwärme aus Moorburg in den östliche Netzteil beim HKW Tiefstack (Bild unter Nutzung einer Bildvorlage der WH)

Der Jahresdauerlinie aus dem Jahr 2016 in Bild 3 lässt sich entnehmen, dass 2016 bei hohem Fernwärmebedarf etwa 400 MW Fernwärme vom Kohle-Heizkraftwerk Tiefstack und GuD Tiefstack ins Netz eingespeist wurden. Inzwischen ist der Bedarf des gesamten Netzes etwas angewachsen. Es stehen zukünftig aber auch Wärmebeiträge von AURUBIS (40 MW) und vom geplanten Umbau der 3. Linie (Altholz) in der Borsigstraße (bis zu 70 MW) zur Verfügung.

Bild 3: Jahresdauerlinie des Hamburger Fernwärmenetzes im Jahr 2016 (Bildquelle: Vattenfall).
An der vertikalen Achse lassen sich die maximalen thermischen Leistungen ablesen

In Verbindung mit dem Kohleausstieg in Tiefstack würde es sich daher anbieten, die Wärme der klimafreundlichen (industriellen) Wärmequellen in der Nähe der MVR in die vorgeschlagene Südschiene (die Leitung zum östlichen Netz) zu integrieren. Auf ein eigenes GuD in Dradenau könnte in diesem Fall kostensparend verzichtet werden.

Vorteile einer Südschiene von Moorburg ins östliche Netz

  1. Der Kohleausstieg in Tiefstack könnte kurz nach der Inbetriebnahme des geplanten GuD in Moorburg erfolgen.
  2. Ein Netzausbau zur Bereinigung hydraulischer Engpässe in der Innenstadt für die aus dem westlichen Teil kommende Fernwärme wäre nicht nötig.
  3. Ca. 200 Mio. Euro für eine Elbtrasse von Dradenau nach Bahrenfeld könnten eingespart werden. Zur Nutzung der Abwärmequellen im Hafen wäre diese nicht nötig und der Ersatz der Fernwärme aus Wedel könnte entsprechend den Vorschlägen des Beratungsbüros BET aus dem Jahr 2015 und nach den Ergebnissen der Arbeitsgruppe des Energienetzbeirats im Stellinger Moor neben dem ZRE erfolgen.
  4. Mit einer Südschiene von Moorburg in den östlichen Teil des Fernwärmenetzes könnte in erheblichem Umfang Geld eingespart werden. Da eine Trasse von der MVR zur AURUBIS-Trasse in Industriegebieten verlegt werden könnte und kein Elbtunnel nötig wäre, wäre auch mit geringeren Akzeptanz-Problemen zu rechnen als bei der beantragten Fernwärmetrasse FWS-West durch Othmarschen, Groß Flottbek und Bahrenfeld, gegen die sich Klagen abzeichnen.

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