Der Hamburger Energietisch

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Sommer in Hamburg: Kohlestrom aus Wedel für den Profit!

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Es ist heiß in Hamburg im August 2020. Fernwärme aus den Kohle-Heizkraftwerken braucht jetzt niemand.

Doch die beiden Blöcke des alten, maroden Steinkohle-Heizkraftwerks Wedel erzeugen Strom und berieseln die AnwohnerInnen mit ätzenden Partikeln:

Block Wedel 2 ist seit dem 10. Juli wieder in Betrieb. Block Wedel 1 wurde am 29. Juli zugeschaltet.

Stromerzeugung in den beiden Blöcken des Kohlekraftwerks Wedel vom 1.1. bis zum 5.8.2020. Bild: Fraunhofer ISE

Block 1 ging vom 2. Juni bis zum 10. Juli für fünf-einhalb Wochen in die sommerliche Revision.

Block 2 wurde schon am 9. Mai abgeschaltet und erst nach elf-einhalb Wochen wieder in Betrieb genommen. Höchst gefährlich, so erklärte der Betriebsleiter des Heizkraftwerks Wedel bei einer Märchenstunde am 4. Februar 2020 den staunenden ZuhörerInnen des 10. Wärmedialogs. Einen Kohleblock wie in Wedel über mehr als vier Wochen zu konservieren, sei keineswegs ratsam. Er könnte beim Wiederanfahren glatt seinen Dienst verweigern und was dann?

Das Öko-Institut leistete bei dieser Argumentation mit einem Kurzgutachten  willkommene Unterstützung, ohne sich richtig über das Hamburger Fernwärmesystem kundig gemacht zu haben.

Sogar reiner Moorburg-Strom ist viel weniger klimaschädlich als reiner Wedel-Strom

Genügend warmes Wasser kann für das ganze Fernwärmenetz in den Sommermonaten leicht von der Müllverbrennungsanlage Borsigstraße und – wenn nötig – vom Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) Tiefstack geliefert werden.

Alternativen zum Kohlestrom aus Wedel:

Stromerzeugung des GuD-Kraftwerks in Tiefstack zwischen dem 1.1. und dem 5.8.2020. Bild: Fraunhofer ISE

Die Stromerzeugung aus dem Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) Tiefstack, die parallel zur Erzeugung von Warmwasser stattfindet, ist kaum kleiner als die Stromerzeugung in Wedel. Sie ist aber weniger klimaschädlich.

Stromerzeugung im Kraftwerk Moorburg vom 1.1. bis zum 5.8.2020. Bild: Fraunhofer ISE

Das Defizit-Kraftwerk Moorburg steht derweil die meiste Zeit still, Block A schon seit März 2020. Und obwohl dieses Kohlekraftwerk der allgemeinen Verachtung ausgesetzt ist: Wenn es um reine Stromerzeugung ohne Wärmeauskoppelung geht, macht Moorburg mit seinem besseren elektrischen Wirkungsgrad doch viel mehr elektrischen Strom aus der Steinkohle als Wedel.

Um dann gibt es natürlich noch Wind- und Solarstrom. Dazu gleich mehr.

Strömungsumkehr auf der Wedelleitung Anfang Juni

Am 2. Juni 2020 wurde auf der Fernwärmeleitung nach Wedel die „Strömungsumkehr“ eingeleitet. Heißes Wasser floss seither nicht mehr von Wedel in die Stadt Hamburg, sondern in umgekehrter Richtung aus der Stadt Hamburg nach Wedel. Dabei hätte die Wärme Hamburg GmbH es eigentlich belassen können bis Mitte oder Ende September, wenn wieder Fernwärme zum Heizen gebraucht wird.

Der Hamburger Senat und die Umweltbehörde hätten zeigen können, dass sie es wirklich ernst meinen mit dem Klimaschutz. Sie hätten sich für eine Sommerpause in der Stromerzeugung durch das Heizkraftwerk Wedel einsetzen können und sie hätten dem Unternehmen Wärme Hamburg GmbH den Ausfall der Strom-Erlöse erstatten können, wie es die Hamburger Umweltverbände fordern.

Es hätte auch nicht zu so vielen Abschaltungen von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Strom kommen müssen (rot und orange im Norden von Schleswig-Holstein), wenn das Kraftwerk Wedel eine vollständige Sommerpause eingelegt hätte.

Abschaltung von erneuerbaren Stromquellen im Norden Schleswig-Holsteins im Juli 2020 (je mehr rot, umso kräftigere Abschaltung). Bild: Netzampel

Aufmerksame ZuhörerInnen beim 10. Wärmedialog werden sich vielleicht noch erinnern, wie zufrieden der Moderator der Veranstaltung mit den Gästen von Wärme Hamburg und von der Umweltbehörde war, die versprachen, den Kohleeinsatz zukünftig so zu optimieren, dass die CO2-Emissionen ähnlich stark abnehmen würden wie bei einer vollständigen Sommerabschaltung. Die Vertreterin des Öko-Instituts war erfreut über die Aussichten auf ein weiteres Gutachten zum Zweck dieser Optimierung.

Wie es damit wohl steht?

Es scheint, die Herren sind zurzeit sehr damit beschäftigt, Zeit und Geld in das leicht verrückte Projekt einer Nutzung von Buschwerk aus Namibia für die Hamburger Fernwärme zu stecken. Die Kohleverfeuerung in Wedel ist dabei wohl etwas in den Hintergrund ihrer Aufmerksamkeit getreten. Wenn dann nach der Ausschreibung zum Umbau des Kraftwerks Moorburg die entsprechende Durchführbarkeitsstudie in Auftrag geht, gibt es für sie wahrscheinlich Interessanteres als die Forderungen nach einer Sommerpause des Kraftwerks Wedel.

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