Bertchen Kohrs hat am 21. April 2021 für die namibische NGO Earthlife Namibia zur Frage, ob Steinkohle in Deutschland durch Buschholz aus Namibia ersetzt werden sollte, Stellung bezogen. (Fassung in Englisch und in Deutsch) Eine Kurzfassung ist bereits in der Zeitung AZ Namibia erschienen.
Frauz Kohrs hebt hervor, dass erst nach gründlicher und unabhängiger Forschung, bei der alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden müssen, Entscheidungen über die Buschholzverwertung getroffen werden sollten und zwar in Namibia und nicht von anderen Interessengruppen. Namibias Entwicklungsinteresse müsse an erster Stelle stehen.
Sie stellt fest, dass leider Namibia wertvolle Rohstoffe exportiere, die dann in anderen Ländern weiterverarbeitet würden, anstatt vor Ort Wertschöpfungsketten zu schaffen.
Sie wertet es als ein Zeichen kolonialer Arroganz, wenn Prof. Dr. Heck (IfaS) ein Geschäft vorschlägt, bei dem das ‚ressourcenarme‘ Deutschland von der Ausbeutung wertvoller Ressourcen Namibias profitiere, und bezogen auf die geplante Transkontinentale Biomassepartnerschaft Namibia – Hamburg von einer Heilung der Wunden im Zusammenhang mit den historischen Ereignissen spricht, während die Forderungen der Nachkommen des Völkermords von der deutschen Regierung nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandelt würden.
Heck hatte in einer Machbarkeitsstudie geschrieben: “From the time of the colonialism of Germany in Africa, a chance arises for Germany to be able to heal the damages related to historical events.” („Aus der Zeit des deutschen Kolonialismus in Afrika ergibt sich für Deutschland die Chance, die mit den historischen Ereignissen verbundenen Wunden heilen zu können.“) Diese Textpassage wurde inzwischen aus der Studie des IfaS entfernt.
Am 31. März 2021 wurde den Medien ein im Auftrag des Hamburger Energietischs (HET) erstelltes Gutachten zur Klimawirkung eines Imports von Buschholz aus Namibia vorgestellt. An der Pressekonferenz nahm aus Namibia Herbert Jauch, Arbeitswissenschaftler und Vorsitzender des ECONOMIC & SOCIAL JUSTICE TRUST (ESJT), teil.
♦ Das Ende März 2021 veröffentlichte Klimawirkungs-Gutachten von Prof. Dr. Dietrich Rabenstein „Buschholz aus Namibia: Ersatz für die Steinkohle in Deutschland?“:
♦ Eine Presseerklärung des ECONOMIC & SOCIAL JUSTICE TRUST:
„Nutzung für Namibias Busch-Biomasse: Eine Chance für eine entwicklungspolitische Intervention, um koloniale Handelsmuster zu durchbrechen.“
Die Hamburger Umweltbehörde (BUKEA), die seit Mai 2020 den Import von Buschholz aus Namibia prüft, will Mitte 2021 die Ergebnisse dieses Prüfprozesses öffentlich vorstellen.
Sie stützt ihre bisherige Bewertung vor allem auf zwei externe, für die GIZ erstellte Studien:
Die deutsche Bundesregierung hatte nach dem Super-GAU in Fukushima acht ältere Kernkraftwerke für immer abschalten lassen. Nach Meldungen vom 5. März 2021 erhalten die Besitzer nun Entschädigungen für Strommengen, die ihnen entgangen sind, für entwertete Investitionen sowie – das betrifft nur Vattenfall – für die Zustimmung zur Einstellung des langjährigen Klageverfahrens vor dem internationalen Schiedsgericht ICSID.
Bild: HET
Vor der Fukushima-Katastrophe hatte die Bundesregierung eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten beschlossen. Nach den verheerenden Schäden am japanischen Atomkraftwerk waren die sieben ältesten Kernkraftwerke das Kernkraftwerk Krümmel von Vattenfall kurzfristig vom Netz genommen worden. Daraufhin forderten die Betreiber Entschädigungen.
Dass ein solcher Ausgleich erforderlich ist, hatte das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 6. Dezember 2016 und vom 29. September 2020 festgestellt. Den Atomausstieg selbst hatte es bestätigt. Es bleibt nun dabei, dass das letzte deutsche Kernkraftwerk spätestens Ende 2022 vom Netz geht.
Die Eckpunkte der Verständigung sehen vor, dass E.ON/PreussenElektra – der konzernbezogenen Betrachtungsweise des Bundesverfassungsgerichts folgend – über die rechnerisch ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden Strommengen der Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel frei verfügen, das heißt in ihren konzerneigenen Kraftwerken verstromen können. Das war zwischen den Unternehmen sowie der Bundesregierung umstritten.
Die Steuerzahler kommt diese Einigung teuer zu stehen: Vattenfall, RWE, E.on und EnBW erhalten nun insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro an Ausgleichszahlungen.
Wofür gezahlt wird
Die stillgelegten Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel gehören zu unterschiedlichen Gesellschaftsanteilen E.ON/PreussenElektra (PE) und Vattenfall.
Vattenfall erhält für 35,30 TWh nicht mehr erzeugbare Strommengen der Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel einen Ausgleich in Höhe von 33,22 €/MWh brutto. E.ON/PE erwirbt zusätzlich 13,00 TWh der verbleibenden Mengen des Kernkraftwerks Krümmel von Vattenfall zum Preis von 13,92 €/MWh. Der Bund zahlt für diese Strommenge zusätzlich die Differenz in Höhe von 19,30 €/MWh zu dem Preis, der für den Ausgleich vereinbart wurde, an Vattenfall (33,22 €/MWh – 13,92 €/MWh = 19,30 €/MWh).
Hieraus ergibt sich zugunsten von Vattenfall insgesamt eine Zahlung in Höhe von 1.606 Mio. Euro, die sich zusammensetzt aus der Ausgleichszahlung durch den Bund (1.425 Mio. Euro) und dem von E.ON/PE für die 13,00 TWh zu zahlenden Kaufpreis (181 Mio. Euro).
RWE erhält einen Ausgleich für 25,90 TWh des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich in Höhe von 33,22 €/MWh. Hieraus ergibt sich für RWE insgesamt eine Ausgleichszahlung in Höhe von 860 Mio. Euro.
Der Bund prüft, ob eine Option für EnBW geschaffen werden kann, bis zu 2,00 TWh gegen Ende 2022 zusätzlich zu einem Preis von 13,92 €/MWh zu erwerben. Vattenfall hat dazu grundsätzliche Bereitschaft erklärt. Diese Option würde die Kosten des Bundes um bis zu ca. 28 Mio. Euro verringern.
Es wird angestrebt, alle Regelungen 2021 zu vollziehen. Ob dies gelingt, ist noch abhängig vom Ergebnis der beihilferechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission.
Als Ausgleich für nicht erzeugbare Strommengen zahlen die Steuerzahler somit 2.285 Mio. Euro.
Für Investitionen, die die Unternehmen im Vertrauen auf die Laufzeitverlängerung kurz vor dem Super-GAU in Fukushima getätigt hatten und die dann aufgrund der Rücknahme der Laufzeitverlängerung entwertet worden waren, erhalten:
EnBW: 80 Mio. Euro, ON/PE: 42,5 Mio. Euro und RWE: 20 Mio. Euro
Als Ausgleich für entwertete Investitionen zahlen die Steuerzahler somit insgesamt 142,5 Mio. Euro.
Alle anhängigen Klageverfahren einschließlich des Schiedsverfahrens Vattenfall gegen die Bundesregierung werden beendet bei Tragen der jeweils eigenen Kosten sowie hälftiger Teilung der Gerichtskosten. Die Energieversorger erklären zudem einen Rechtsmittelverzicht.
Vattenfall hatte vor dem Schiedsgericht auf rund 6 Milliarden Euro Entschädigung geklagt. Das Urteil in dem seit 2012 laufenden ICSID-Verfahren war für den Frühsommer 2021 angekündigt worden.
Der Energiecharta-Vertrag wurde vor gut 25 Jahren ins Leben gerufen. Damals war das Ziel, die Investitionen von Firmen wie RWE, Shell oder BP in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion zu schützen.
Die Wurzeln der Sondergerichte für Konzerne liegen aber im Kolonialismus. In den 1960er Jahren wurden sie entwickelt, um das Vermögen der Kolonisatoren in den von den Industrienationen unabhängig gewordenen Ländern des globalen Südens zu schützen – so erklärt Wirtschaftsexpertin Tonny Nowshin aus Bangladesch die Ursprünge.
Heute schützt der Energiecharta-Vertrag die Energiekonzerne vor demokratisch beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen und torpediert damit viele Versuche, der Erfüllung des Paris-Abkommens näherzukommen. Der Vertrag droht die Erfolge der weltweiten Bewegung für Klimagerechtigkeit zunichtezumachen.
In zwei Schriftlichen Kleinen Anfragen der LINKEN in der Hamburger Bürgerschaft geht es um die Objektivität vonKlimagutachten für die Nutzung von Buschholz aus Namibia. In der Kritik stehen zwei Studien, eine von der Forstberatung UNIQUE und eine vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS).
In der Einleitung zu Drs. 22/2792 wurde ausführlich begründet, dass die Begutachtung der Klimawirkung von namibischem Buschholz in Hamburg durch UNIQUE und IfaS infolge von Interessenkonflikten sehr fragwürdig ist. Dass sich die Hamburger Umweltbehörde bei ihrem Prüfprozess auf diese Gutachter stützen will, wird von vielen Seiten sehr kritisch beurteilt. So forderte die NGO Biofuelwatch in einer Analyse für die Böllstiftung am 2. März 2021, die UNIQUE-Studie müsse auf Grund ihrer extremen Fehlerhaftigkeit zurückgezogen werden.
Da der Hamburger Senat eine Reihe von Fragen in der Drs. 22/2792 einfach unbeantwortet ließ, bohrte die LINKE nach. Die Antworten in der Drs. 22/3385 sind leider ein fachliches Armutszeugnis für die Hamburger Umweltbehörde BUKEA.
Dreieinhalb Seiten Akzeptanz und ein halbe Seite Widerspruch gegen Buschholz aus Namibia
Die Hamburger Umweltbehörde BUKEA bemüht sich nach Kräften, die Öffentlichkeit für die Verbrennung von Buschholz aus Namibia in Hamburg zu sensibilisieren.
In einem Beitrag „Diskussion Akzeptanz und Widerspruch“ auf ihrer speziellen Internetseite gibt es dazu dreieinhalb Seiten Akzeptanz. Am Ende tatsächlich auch eine halbe Seite Widerspruch.
Bild: FfF Windhoek
Der Text beginnt mit einer tiefgründigen Beteuerung zur Nachhaltigkeit des Prüfprozesses der BUKEA und des IfaS:
„Besonders die Nachhaltigkeit – und damit die (möglichen) Auswirkungen in jeglicher Hinsicht – auch soweit dies für die Zukunft abschätzbar ist – werden besonders untersucht.“